Die Staatsanwaltschaft München II hat Vorermittlungen begonnen, um den Missbrauch an früheren Bewohnern von Kinderheimen zu klären. Damit reagieren die Ermittler auf einen SZ-Bericht über Misshandlungen und sexualisierte Gewalt in Feldafing und Oberammergau in den 60er- und 70er-Jahren. Das frühere Hänsel-und-Gretel-Heim in Oberammergau gehört der Stadt München und wurde vom katholischen Frauenorden der Niederbronner Schwestern geleitet; das "Haus Maffei" in Feldafing wurde bis 1972 vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Bayern betrieben, auch dorthin wurden Münchner Kinder geschickt.
Mit den Ermittlungen ist die Kriminalpolizei in Fürstenfeldbruck und Garmisch-Partenkirchen beauftragt. Es geht um den Verdacht auf schweren sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sowie Misshandlung von Schutzbefohlenen. Man nehme die Vorwürfe "sehr ernst", heißt es. Betroffene und private Rechercheure vermuten, dass es ein Netzwerk aus Tätern und Mitwissern aus kirchlichen, privaten und öffentlichen Einrichtungen gegeben haben könnte.
Weil der Missbrauch Jahrzehnte zurückliegt, müssen sich die Ermittler weitgehend auf die Erinnerungen der Betroffenen stützen, viele Akten sind vernichtet. Hinzu kommt, dass Verdächtige nicht mehr leben. Dies gilt etwa für den Kölner Maristenpater S. und Pfarrer O., die in Oberammergau und Feldafing Kinder missbraucht haben sollen. Die Kirche hat die Taten anerkannt.
Frühere Ermittlungen in diesem Missbrauchskomplex wurden eingestellt, wegen Verjährung. Wann diese eintrete, hänge von der konkreten Tat ab, erklärt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II, Andrea Mayer. Eine generelle Antwort sei nicht möglich, da es im Laufe der Zeit Gesetzesänderungen gegeben habe. Möglich sei etwa, dass die Verjährung unterbrochen wurde. Mayer: "Die Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, Straftaten aufzuklären. Erst wenn der Tatzeitpunkt feststeht, kann auch die Frage der Verjährung valide geprüft werden."
Weil auch die Stadt München involviert ist, hat vergangene Woche die grün-rote Rathausmehrheit beantragt, im Sozialreferat eine Untersuchungskommission zu bilden. Sie soll den Missbrauch möglichst lückenlos beleuchten, dies sei bisher nicht gelungen.