Politiker beim Nockherberg 2021:Scholz und der Schlumpf vorm Bildschirm

Politiker beim Nockherberg 2021: Olaf Scholz mit Schlumpf - eine Anspielung auf das Söder-Zitat aus der jüngsten Bund-Länder-Konferenz.

Olaf Scholz mit Schlumpf - eine Anspielung auf das Söder-Zitat aus der jüngsten Bund-Länder-Konferenz.

(Foto: BR)

Der Vizekanzler sorgt für Klamauk, Söder beherrscht das Mienenspiel - und im Wirtschaftsministerium dauert es, bis die Pointen ankommen. Manche Politiker gewähren beim ersten virtuellen Nockherberg recht tiefe Einblicke.

Von Andreas Glas

Was, bitteschön, ist da los? Da sitzt er, Markus Söder, in einem kleinen Bildschirmfenster, auf einer Eckbank, vor holzvertäfelter Wand. Eckbank, Holz, Ministerpräsident, sonst? Nichts. Auf dem Tisch keine Star-Wars-Tasse wie beim CSU-Parteitag, an der Wand kein gerahmtes Foto seines Hundebabys wie beim Politischen Aschermittwoch.

Den subtilen Klamauk übernimmt am Freitagabend doch tatsächlich Olaf Scholz (SPD), der Bundesfinanzminister, der ebenfalls zugeschaltet ist bei diesem sehr speziellen Politikerderblecken am Nockherberg, beim pandemiekonformen "Nockherberg digital", wie Maxi Schafroth zu Beginn seiner Fastenpredigt sagt. Da ploppt also das Scholz-Fenster auf, der Minister sitzt hinter einem Brotzeitbrettl, vor dem er ein kleines blaues Männchen platziert hat. Na? Richtig, ein Schlumpf.

Logisch, eine Anspielung auf das Söder-Zitat aus der jüngsten Bund-Länder-Konferenz. Da will Söder ja ein "schlumpfiges" Grinsen bei Scholz erkannt haben. Von diesem Grinsen können sich nun alle überzeugen. Denn grinsen muss er, der Scholz, das gehört zum Prinzip beim Derblecken am Nockherberg. Soll ja keiner merken, wenn es wehtut. Und, was soll man sagen? Scholz schlägt sich wacker, auch als ihm der Chor ein Lied über seine Rolle im Fall Wirecard vorsingt. Er wiegt sogar mit dem Kopf hin und her. "Ich hab alles verstanden", sagt er hinterher.

Und was er mitgenommen hat? "Dass ich aufpassen muss, wenn ich kurz vor der Ziellinie bin, dass sich niemand auf die Laufbahn mogelt", sagt Scholz, "den muss man dann runterschubsen". Mit "den" meint Scholz natürlich Söder, vor dem ihn Schafroth beim Rennen um die Kanzlerschaft gewarnt hatte. Dank Scholz' Anwesenheit kommen die Sozis wenigstens irgendwie vor in der Fastenpredigt. Die Landtags-SPD dagegen findet praktisch gar keine Erwähnung. Und das ist ja bekanntlich die Höchststrafe auf dem Nockherberg.

Der Gefahr, ertappt zu werden, wenn das Lachen einfriert, sind die Politiker auch in diesem Jahr ausgesetzt. Sie sitzen zwar nicht leibhaftig im Festsaal, sie schauen aber aus gewaltigen Flachbildschirmen, die auf den Tischen im Saal platziert wurden. Söder beherrscht das Mienenspiel, er hat ja inzwischen einige Nockherberg-Erfahrung.

Er lacht sogar, als Fastenprediger Schafroth darüber witzelt, wie Söder zu Beginn des Jahres seine Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) abberufen hat. Darüber, dass die "liebe Meli" zweimal ihren Rücktritt angeboten habe, "aber der Markus hat gesagt, Melanie, das ist eine schlechte Idee, weil sie nicht von mir ist. Ich schmeiß dich raus, dann wird ein Schuh draus." Wer dann sieht, wie Huml auf dem Publikumsbildschirm tapfer lächelt, dem tut das sogar beim Zuschauen ein bisschen weh.

Was dem Zuschauer beim Zuschauen der zuschauenden Politiker noch auffällt: Dass es den Politikern beim digitalen Nockherberg offenbar auch nicht anders geht wie all denen, die zurzeit stundenlang im Home-Office in Videokonferenzen sitzen: Man fühlt sich hin und wieder unbeobachtet, wenn man so ganz allein vor dieser kleinen, unscheinbaren Kameralinse hockt. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zum Beispiel muss sich einmal von Schafroth ermahnen lassen, weil er während der Predigt auf seinem Smartphone spielt. "Leg's halt einmal weg", sagt Schafroth. Und einmal sieht es auch bei Söder so aus, als tippe er da heimlich auf seinem Handy rum.

Überhaupt, Aiwanger. Der verhält sich nicht nur innerhalb der schwarz-orangen Koalition gern anarchistisch, sondern auch an diesem Freitagabend beim Derblecken. Er ist jedenfalls derjenige, der sich am wenigsten Mühe gibt, das Lachen über die ganze Zeit im Gesicht zu behalten. Manchmal scheint es etwas zu dauern, bis die Pointen bei ihm im Wirtschaftsministerium ankommen, von wo aus Aiwanger die Fastenpredigt verfolgt. Aber das liegt sicher nicht an Aiwangers Leitung, sondern an der langen Leitung vom Festsaal bis zum Übertragungswagen des Bayerischen Rundfunks. Dass ihn Prediger Schafroth als niederbayerischen Dionysos bezeichnet hat, ein Volltreffer? Nein, sagt Aiwanger, "ein Volltreffer vielleicht nicht". Aber "lassen wir mal so stehen", sagt Hubert Aiwanger.

Das Fazit des Ministerpräsidenten? "Super, auch die Art und Weise", sagt Söder, "die Idee mit den Bildschirmen". Er verteilt fleißig Komplimente nach der Predigt, und man sieht, das ihm das leicht fällt, er hat schon mal mehr einstecken müssen in früheren Jahren. Es sei "mancher Volltreffer dabei" gewesen, "richtig super". Armin Laschet, sein CDU-Konkurrent um die Kanzlerkandidatur der Union scheint sich schwerer zu tun mit Komplimenten.

"Der Anzug vom Markus ist dir zu groß", hat Prediger Schafroth unter anderem gesagt. "Kabarett auf höchstem Niveau", sagt Laschet trotzdem. Aber dieser Satz klingt doch etwas eingeschnappt: "Man kann Bayern mögen, aber man kann auch andere Regionen in Deutschland mögen." Und Ilse Aigner (CSU)? Sagt doch tatsächlich, dass auch mal eine Frau ins die Staatskanzlei einziehen könnte. Ein Wink? Sie korrigiert das dann doch lieber, bevor es Ärger gibt. Söder, sagt sie, sei natürlich unersetzbar.

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