Wohnungsmarkt:Stadt bekämpft illegale Vermietung von Wohnraum

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Wohnhaus in München: München will sich illegale Vermietungen nicht mehr gefallen lassen. (Foto: Lukas Barth)
  • Der Stadtrat plant eine Satzung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum.
  • Verstöße sollen mit einem Bußgeld von bis zu 500 000 Euro bestraft werden.
  • Manche Wohnungsbesitzer fordern dagegen mehr Freiraum für Homesharing.

Von Anna Hoben

Vor Kurzem war es eine Französin, sie arbeitete, zunächst probeweise, bei einem Münchner Start-up und hätte mit ihrem befristeten Arbeitsvertrag wohl kaum ein WG-Zimmer bekommen. Im Januar kommt eine Südkoreanerin; von ihrem Zimmer auf Zeit aus will sie sich eine dauerhafte Bleibe suchen. 500 Euro bezahlt sie für zwei Wochen in dem Zwölf-Quadratmeter-Zimmer, das Dominic von Moltke in seiner Eigentumswohnung über die Internetplattform Airbnb vermietet.

Aus seiner Sicht ist es eine klassische Win-Win-Situation: Das Geld können seine Familie und er in einer teuren Stadt wie München gut gebrauchen. Und die Gäste müssen sich kein anonymes und kostspieliges Hotelzimmer nehmen, wenn sie möchten, bekommen sie sogar gleich ein bisschen Familienanschluss mit dazu.

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Homesharing, das klingt ein bisschen, als würden Menschen aus purem Altruismus ihr Zuhause mit anderen teilen. Edle Motive allein sind es sicherlich nicht, die Leute wie Dominic von Moltke dazu bringen, ein Gästezimmer in ihrer privaten Wohnung an Touristen zu vermieten - sie wollen daran verdienen. Es ist ein gutes - und völlig legales - Geschäft.

Nicht legal hingegen ist in München das, was sich hinter dem sperrigen Begriff Zweckentfremdung verbirgt. Eigentlich eine ziemlich einleuchtende Sache: Wohnungen sind zum Bewohnen da. Sie sind nicht dazu da, leer zu stehen. Sie sind nicht dazu da, für Gewerbe genutzt zu werden. Und sie sind, über ein gewisses Maß hinaus, nicht dazu da, Touristen zu beherbergen.

An diesem Donnerstag beschließt der Sozialausschuss im Stadtrat eine neue - Achtung, noch einmal wird es sperrig - Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum. Wer seine Wohnung illegal vermietet, kann künftig deutlich härter bestraft werden, nämlich mit einem Bußgeld von bis zu 500 000 Euro. Zehn Mal so viel wie bisher.

Das ist die größte Änderung im neuen Landesgesetz, das im Juni verabschiedet wurde und auf dem die Satzung basiert. Im Kampf der Stadt München gegen Zweckentfremdung setzt man im Amt für Wohnen und Migration nun große Hoffnungen auf die abschreckende Wirkung der deutlich erhöhten möglichen Strafen. "Wir werden auf jeden Fall die Mittel nutzen", sagt die Sprecherin des Sozialreferats, Hedwig Thomalla. Die präventive Wirkung des Zweckentfremdungsverbots sei "nicht zu unterschätzen", heißt es in der Vorlage für die neue Satzung.

Die Stadträte von SPD und CSU wollen der Vorlage zustimmen. "Wir hätten uns noch etwas mehr gewünscht vom Gesetzgeber", sagt Marian Offman, sozialpolitischer Sprecher der CSU-Fraktion. Sozialreferentin Dorothee Schiwy klagt seit langem darüber, dass der Stadt eine tatsächlich effektive Handhabe fehle. Denn eine Räumung der betroffenen Wohnungen ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen, auch jetzt nach der Verschärfung nicht.

Dominic von Moltke vermietet ein Gästezimmer in seiner Wohnung. (Foto: Robert Haas)

Wohnraum, den Münchner nicht zum Wohnen nutzen können - mit diesem Problem hat München seit Jahren zu kämpfen. In einer Stadt, in der Wohnraum so knapp und so teuer ist wie nirgendwo sonst in der Republik, gibt es eine eigene Detektivtruppe, die sogenannte Sonderermittlungsgruppe Ferienwohnungen, die solchen Fällen nachgeht. 798 illegale Zweckentfremdungen hat die Stadt auf diese Weise zwischen 2013 und 2016 beenden können. 55 000 Quadratmeter Wohnfläche stehen dem Wohnungsmarkt dadurch wieder zur Verfügung.

Manche dieser Wohnungen wurden über Airbnb oder ähnliche Portale vermittelt, andere über spezielle Agenturen an Medizintouristen. Die stammen zumeist aus dem arabischen Raum, halten sich mit ihren Familien für medizinische Behandlungen einige Wochen oder Monate in München auf und mieten dafür lieber gleich eine ganze Wohnung in der Nähe der Klinik als mehrere Hotelzimmer. Und dieser Bereich ist es, welcher der Stadt zunehmend zu schaffen macht.

Die Ermittlungen lässt die Stadt mittlerweile häufig durch die Polizei absichern, weil es immer wieder zu "tätlichen und verbalen Angriffen" komme, wie es in der Satzungsvorlage heißt. Diejenigen, die Wohnungen an Medizintouristen vermitteln, kümmert es indes wenig, dass Wohnraum in München knapp und teuer ist; sie wollen sich ihr schönes Geschäftsmodell nicht kaputt machen lassen. Und Nachbarn in den betroffenen Wohngegenden, zum Beispiel im Arabellapark, haben ihre Zweifel, ob die verschärften Regelungen Wirkung zeigen.

Manche Regeln werden sogar lockerer

Solange eine Räumung der Wohnungen nicht möglich sei, werde das Gesetz "ins Leere führen", schrieben einige von ihnen in einem Brief an das Innenministerium. Ein Vermieter, der vor Kurzem eine Woche in Zwangshaft saß, weil er Bußgelder immer wieder ignorierte, betreibe sein Modell mittlerweile munter weiter. Mit seinen Geschäftspartnern vermietet er in wechselnden Mieter-Vermieter-Konstruktionen Wohnungen an Medizintouristen - zu Preisen von 200 bis 300 Euro pro Nacht. Indem sie im August Zwangshaft beantragte, schöpfte die Stadt erstmals alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel aus.

Indes gelten künftig nicht ausschließlich strengere Regeln. Manches wird sogar lockerer: So dürfen ganze Wohnungen acht Wochen im Jahr weitervermietet werden, bisher waren es sechs. Das kommt den privaten Gastgebern entgegen, die ihr Domizil gelegentlich über Online-Plattformen wie Airbnb oder Wimdu vermieten wollen. Einigen von ihnen ist auch das noch zu wenig. Die Acht-Wochen-Grenze spiegele "nicht die Lebenswirklichkeit wider", schrieben die Gründer des "Homesharing Clubs München & Oberbayern" in einem offenen Brief an die Stadträte vor der Diskussion im Sozialausschuss.

Zu den Verfassern gehört auch Dominic von Moltke. Es werde generell zu wenig differenziert, findet er - zwischen illegaler Vermietung, die Wohnraum entzieht, und privatem Homesharing. Kritik übt der Club auch am geplanten Onlineportal der Stadt, auf dem Nachbarn von Januar an verdächtige illegale Ferienwohnungen melden können. Der offene Brief sei "an Frechheit in Teilen nicht zu überbieten", findet Christian Müller, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Stadtratsfraktion. In manchen Hausgemeinschaften sei schon jetzt der Hausfrieden bedroht wegen der ständig wechselnden Touristen. "Hier wird getrommelt für wirtschaftliche Eigeninteressen, dafür habe ich keinerlei Verständnis."

© SZ vom 09.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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