Grün-roter Vorstoß:Verkehrsberuhigter Superblock am Gärtnerplatz

Lesezeit: 2 Min.

Superblocks haben in Barcelona die Lebensqualität für die Bewohner erhöht. (Foto: Josep Lago/AFP)

Das Konzept aus Barcelona, den Verkehr systematisch aus Wohnvierteln auszusperren, wird in München getestet. Das Mobilitätsreferat soll eine Umsetzung in der Isarvorstadt und im südlichen Lehel prüfen. Es dürfte viel zu reden geben.

Von Andreas Schubert

Von Touristen wird Barcelona schon lange überrannt. Doch irgendwann hat die Stadt erkannt, dass sie auch etwas für ihre Bewohner tun und ihnen wieder mehr Raum zur Verfügung stellen muss. So begann sie 2016 den Verkehr systematisch aus Wohnvierteln auszusperren. In den sogenannten Superblocks, auf Katalanisch superilles, dürfen nur noch Anwohner und Versorgungsverkehr fahren, maximal zehn Kilometer pro Stunde schnell.

Im Stadtteil Poblenou fing es an, künftig sollen die verkehrsberuhigten Viertel, die sich über drei mal drei Blocks erstrecken, in der ganzen Stadt zu finden sein. Die Bilder, die die Stadt auf ihrer offiziellen Homepage barcelona.cat ins Netz gestellt hat, zeigen, dass sich mit einfachen Mitteln die Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger steigern lässt - und dass das gut ankommt bei den Menschen.

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München soll testweise ebenfalls einen Superblock nach dem Vorbild Barcelonas bekommen. Die grün-rote Rathauskoalition hat sich dies bereits in den Koalitionsvertrag geschrieben. Nun hat sie beantragt, dass das Mobilitätsreferat eine Umsetzung im Gärtnerplatzviertel und im südlichen Lehel prüfen soll. Die Idee hätte eigentlich schon im vergangenen Jahr umgesetzt werden sollen, scheiterte letztlich aber am Personalmangel im Mobilitätsreferat. Der grün-rote Antrag sieht deshalb explizit eine halbe Vollzeitstelle und Sachmittel in Höhe von 20 000 Euro vor.

Was in Barcelona gut funktioniert, könnte in München schwieriger sein

Im Superblock wird der Durchgangsverkehr mit Ausnahme des Busverkehrs umgeleitet werden, verbleibende Parkplätze sollen ausschließlich Bewohnern sowie dem Liefer- und Wirtschaftsverkehr zur Verfügung stehen. Beim Erstellen des Konzepts will man neben den Anwohnern auch die Gewerbetreibenden und die Bezirksausschüsse eng einbinden. "Ein besonderes Augenmerk soll den im Viertel verbliebenen handwerklichen Betrieben gelten, deren Erhalt vor Ort wir als besonders wichtig einstufen", heißt es in dem Antrag.

Es dürfte viel zu reden geben: Was in Barcelona wegen der im Raster angeordneten Straßen relativ problemlos funktioniert, dürfte in München etwas aufwendiger sein. Zu klären wird sein, wohin sich die Verkehrsströme verlagern und ob manche Straßen dann nicht übermäßig belastet werden. Betrachtet man die Erfahrungen in der katalanischen Metropole, so werden umliegende Viertel nicht etwa doppelt belastet. Vielmehr hat die Stadt festgestellt, dass viele ihr Auto öfter mal stehen lassen.

Der Gärtnerplatz ist schon jetzt ein Anziehungspunkt... (Foto: Stephan Rumpf)
... künftig könnten Flaneure dort noch mehr Spaß haben. (Foto: Andreas Gregor)

Die verkehrsberuhigte Zone rund um den Gärtnerplatz ist nicht der erste Versuch in München, den Anwohnern den öffentlichen Raum zurückzugeben. Seit 2020 hat die Stadt 32 Straßen vorübergehend als sogenannte Sommerstraßen ausgewiesen, am Abschlussbericht zu den diesjährigen Sommerstraßen arbeitet das Mobilitätsreferat noch. Bei einer Umfrage, an der 371 Münchnerinnen und Münchner teilgenommen haben, kamen die Straßen bei mehr als zwei Dritteln der Befragten aber gut weg. Laut Verwaltung hätten sich die Bürger sogar teils noch mehr Verkehrsberuhigung gewünscht sowie stärkere Kontrollen dieser Bereiche und eine Ausweitung der Sommerstraßen.

Besonders gut angenommen wurden die Sommerstraßen Am Kosttor, am Holzplatz und in der Schöttlstraße, die wegen ihres Erfolgs bis in den Oktober hinein verlängert wurden. Der Holzplatz im Glockenbachviertel soll nun dauerhaft umgestaltet werden. Ähnliche Überlegungen gibt es für Am Kosttor in der Altstadt.

Schon bald dürfte auch das Tal dauerhaft zur Fußgängerzone mit eingeschränkter Zufahrt werden, ebenso die Westenriederstraße. Deren westlicher Abschnitt zwischen Radlsteg und Frauenstraße war 2020 und 2021 Sommerstraße und ist seither ein verkehrsberuhigter Bereich. Damit eine Umwidmung zur Fußgängerzone rechtlich wasserdicht ist und möglichen Klagen standhält, muss die Verwaltung noch einige Aspekte prüfen. Dazu gehört etwa der Umgang mit der Hotelzufahrt, der Versorgung des Viktualienmarkts und den Ausnahmeregelungen für Anwohner.

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