Restaurant Little London:Ein Traum in Viktorianisch, ist es nicht?

Lesezeit: 3 min

Vornehme Britishness im Münchner Tal: Der Betreiber des Steaklokals Little London hat den Lockdown genutzt, um Ideen umzusetzen. Das Restaurant hat jetzt auch ein Wohnzimmer, einen eigenen Aperitiflikör und einen Gin-Versand.

Von Franz Kotteder

Not macht erfinderisch, wobei "Not" vielleicht gar nicht das richtige Wort ist, was Teile der Münchner Gastronomie angeht. Für Mario Pargger vom Steakrestaurant Little London im Tal war die Pandemie mitsamt ihren Lockdowns irgendwie auch ein bisschen Luxus, sobald klar war, dass der Staat mit Kurzarbeitergeld und Überbrückungshilfen das Überleben des Lokals so halbwegs sicherte. Sonst war halt viel Zeit, sich Gedanken zu machen, wie es nach dem Lockdown weitergehen könnte mit dem eigenen Laden. "Tagsüber habe ich mich zum Beispiel damit beschäftigt", erzählt er, "neue Produkte fürs Restaurant zu finden."

Ein paar seiner sprudelnden Ideen stellte der quirlige Teilhaber, Geschäftsführer, Restaurantleiter und Sommelier des Little London am Freitag der Presse vor. Das Lokal, 2015 eröffnet, befindet sich im langen, schlauchartigen, fensterlosen Erdgeschoss eines Geschäftshauses; dort war früher mal ein Maggi-Kochstudio untergebracht. Der Münchner Gastronom Thomas Hirschberger, Gründer der Systemgastronomieketten Sausalitos und Hans im Glück, machte daraus zusammen mit dem gebürtigen Südtiroler Pargger ein durch und durch britisches Steakhaus, das innen aussieht wie ein viktorianischer Landsitz.

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Und weil das noch nicht genug der Internationalität ist: Benannt ist das Little London nicht nach Englands Weltmetropole, sondern nach der schwedischen Stadt Göteborg, in der Hirschbergers Frau Gunilla geboren wurde. Göteborg hat den Spitznamen "Little London", weil um 1800 herum viele Engländer und Schotten hier Fabriken eröffneten, und weil heute die jugendliche Szene der Stadt tatsächlich an London erinnert.

Die vornehme Britishness lässt sich jedenfalls noch steigern, so eines der Ergebnisse des Nachdenkens von Mario Pargger während des Lockdowns. Und zwar in Richtung "splendid isolation": Man kann jetzt nämlich im ersten Stock eine Art "privates Wohnzimmer" mit Hausbar mieten, mit separatem Lift vom Restaurant aus, der auch einen Halt in einem ebenso privaten Weinkeller mit 400 Flaschen zwischen 26 und 7000 Euro ermöglicht. Zehn bis 25 Gäste können hier zum Dinner bewirtet werden; man ist hier so unter sich, wie sonst vielleicht nur noch der britische Hochadel.

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In erfreulicher Ermangelung von Paparazzi sogar noch mehr, um genau zu sein. Der Raum ist ein Traum in viktorianischem Stil und ein Schmuckkästchen, allein schon, was die Tapeten und Bilder an den Wänden angeht, und ausgestattet mit gut versteckter, moderner Veranstaltungstechnik. Ein eigener Barkeeper und ein Sommelier betreuen die Gäste, weshalb man pro Abend auch mit einem Mindestumsatz von 1500 Euro rechnen sollte.

Früher war hier mal ein Lager und ein Büro, und in dem saß Pargger also während der Pandemie und dachte nach. "Ich hatte ja im Lockdown keine Gäste und viel Zeit", sagt er, ich war auch regelmäßig um 18 Uhr zu Hause, das hat meine Freundin gefreut, denn das ist sonst ja nie so." Die Freundin heißt Madeleine Heinrich und ist von Beruf Produktdesignerin, was sehr gut zu Parggers Ideenreichtum passt. Gemeinsam entwickelten sie einen neuen Aperitiflikör, die bayerische Antwort auf Aperol gewissermaßen, nur sehr, sehr viel naturbelassener. "Hopsn" heißt er und basiert auf einreduziertem Bier und Williams-Christbirne, Holunder, Hopfen und Malz sowie einem Hauch Enzianwurzel. Er lässt sich pur ebenso trinken wie als Mischung mit Prosecco. Pargger brauchte viele Versuchsreihen, bis das Getränk stimmt, Heinrich entwarf Verpackung und Produktauftritt.

Das tat sie auch bei einem weiteren Projekt. Little London ist nämlich nicht nur eines der besten Steakrestaurants der Stadt, sondern auch bekannt für seine große Gin-Auswahl und den hoch professionellen Umgang damit. An die 280 verschiedene Sorten gibt es im Restaurant, 14 davon kann man jetzt auch für Zuhause bestellen - glasweise, denn der Gin wird in 40-Milliliter-Portionen geliefert, in einer winzigen Originalflasche, dazu das passende Tonic Water und ein Botanical in Gestalt einer gefriergetrockneten Frucht. "My Gin Tonic" heißt das Selbermixprodukt, das als Einzelportion oder im Viererpack über die eigene Homepage mygintonic.com oder über die des Little London unter www.little-london.de bestellt werden kann. Dort kann man auch Steaks, die Prime Cuts aus dem Lokal, zum Selbergrillen bestellen.

"Das Onlinegeschäft wird auch nach Corona bleiben", glaubt Pargger. Schon jetzt verschickt er wöchentlich an die 100 Gin-Pakete, obwohl er dafür bislang keine große Werbung gemacht hat. Erfreulich für ihn aber auch, dass das Restaurant trotzdem gut besucht ist und man für die 90 Plätze (wegen des Corona-Abstands 3o weniger als früher) schon Tage vorher reservieren muss.

© SZ vom 14.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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