ADFC-Umfrage:Stadt bekommt von Radfahrern gerade mal ein Ausreichend

Lesezeit: 3 min

Radeln wird in München immer beliebter - auch schon vor Corona war das so. Und viele Fahrradfahrer empfinden die Infrastruktur, etwa ein gut ausgebautes Wegnetz, in der Stadt als nicht gut. (Foto: Stephan Rumpf)

Radlerinnen und Radler sind unzufrieden damit, wie die Stadt auf ihre Bedürfnisse eingeht, zeigt der Fahrradklimatest. Gut abgeschnitten haben die Maßnahmen für den Radverkehr während der Corona-Pandemie.

Von Andreas Schubert

Mehr als 40 Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs hat der Münchner Stadtrat seit seinem Bekenntnis zum Radentscheid beschlossen. Doch die Stimmung unter Münchens Radlerinnen und Radlern hat sich immer noch nicht verbessert. Wieder einmal haben sie beim sogenannten Fahrradklimatest der Stadt gerade einmal die Schulnote "Ausreichend" verpasst. Immerhin hat sich die Bewertung von durchschnittlich 3,99 auf 3,84 ein kleines bisschen verbessert.

Der Fahrradklimatest ist eine bundesweite Umfrage des Fahrradklubs ADFC zu verschiedenen Radelthemen, die Erhebung findet alle zwei Jahre statt und wird vom Bundesverkehrsministerium gefördert. Vergangenen Herbst wurden in 1024 Städten 27 Aspekte der Sicherheit und des Fahrkomforts abgefragt, es ging dabei vor allem darum, ob den Menschen das Radeln Spaß macht.

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In allen großen Städten besteht hier nach Meinung der Befragten Handlungsbedarf. München, das traditionell eher mäßig wegkommt, rutscht unter den 14 deutschen Städten mit mehr als 500 000 Einwohnern immerhin von Platz sechs auf Platz vier und liegt hinter drei Kandidaten, die ein etwas besseres "Ausreichend" geschafft haben. Das sind Bremen (3,57), Hannover (3,67) und Frankfurt am Main (3,72). Schlusslicht ist Köln mit einer Bewertung von 4,37.

3155 Menschen haben sich in München an der Umfrage des ADFC beteiligt. Am besten fanden die Münchner das Angebot an öffentlichen Leihrädern, das sie mit der Note 2,4 bewerteten. Das ist aber auch schon das einzige "Gut". Als "Befriedigend" empfinden die Radler das Angebot an Einbahnstraßen, die für Räder in Gegenrichtung geöffnet sind (2,6), die Erreichbarkeit des Stadtzentrums (3,0) und die Fahrradförderung in jüngster Zeit (3,3). Am schlechtesten kommen, wenig überraschend, die Kontrolle der Falschparker auf Radwegen und die Breite der Radwege (beides 5,0) weg.

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Diesmal konnten die Befragten auch die Maßnahmen für den Radverkehr während der Corona-Pandemie bewerten. Bei diesen Zusatzfragen kommt München hinter Berlin mit der Note 2,96 immerhin auf Platz zwei bundesweit. Hier wird vor allem die während der Pandemie gestiegene Bedeutung des Rades (Note 2,3) positiv bewertet. Zudem konnten die sechs temporär eingerichteten Pop-up-Radwege punkten (Note 3,0). 68 Prozent beurteilten diese kurzzeitig installierten Radwege als ein handfestes Signal für mehr Fahrradfreundlichkeit.

Dass die Radwege im November wieder weichen mussten, wurde in den Kommentaren nach Angaben des ADFC auch sehr häufig kritisiert. An diesem Mittwoch allerdings will der Mobilitätsausschuss des Stadtrats diese Pop-up-Bikelanes wieder beschließen - diesmal als längerfristige Übergangslösung bis an deren Stelle dauerhafte bauliche Radwege entstehen.

Dass München auch mit der neuen Ausrichtung der Verkehrspolitik nicht besser abschneidet, liegt daran, dass zwar geplant wird, aber bisher noch nicht viel passiert ist. Die "Aufbruchsstimmung und Hoffnung" auf eine schnelle Umsetzung des Radentscheids mit der grün-roten Koalition im Stadtrat seien der Enttäuschung und Unzufriedenheit mit den konkreten Ergebnissen auf der Straße gewichen, teilt der ADFC mit. Die vielen kleineren Optimierungen führten bei den Radfahrenden bislang nicht zum langersehnten "Wow-Effekt".

Dies kritisiert auch Andreas Schön, der Vorsitzende des Münchner ADFC. "Das Fahrrad boomt, im Straßenverkehr, im Handel und in den Medien. Aber da, wo es am dringendsten nötig ist, bei der Radinfrastruktur, geht es immer noch nur quälend langsam voran", so Schön. München habe es versäumt, die Krise konsequent für den beschleunigten Ausbau der Radwege zu nutzen, wie das etwa Paris gemacht habe. "Das Radwegenetz war schon vor der Pandemie nicht mehr zeitgemäß, deshalb verschärfen sich jetzt die Probleme", sagt Schön. "Und niemand weiß, wann die 40 Radentscheid-Maßnahmen endlich kommen."

Dass schnelle Verbesserungen positiv bewertet werden, zeige die gute Benotung der Pop-up-Radwege. Die einfache Botschaft der Umfrage laut ADFC: Die Menschen wollten sicherer in der Stadt mit dem Rad unterwegs sein können und wünschten sich deshalb ein stadtweites, lückenloses, engmaschiges und gut ausgebautes Radverkehrsnetz, sichere Kreuzungen und Einmündungen, bedarfsgerechte Möglichkeiten das Fahrrad abzustellen, und eine gerechte Aufteilung des öffentlichen Raums. "Radfahrende jeden Alters - vom Schulkind bis zu den Großeltern - sollen geschützt, zügig und entspannt unterwegs sein können", sagt ADFC-Mann Schön.

Dass ihnen dabei künftig weniger Autos im Weg stehen und Parksünder konsequenter verfolgt werden, dafür will sich die Rathaus-SPD nun verstärkt einsetzen, wie sie am Dienstag per Pressemitteilung wissen ließ.

© SZ vom 17.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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