Traditionswirtshaus in München:"Paulaner im Tal" macht wieder auf

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Prosit auf der Paulaner-Baustelle (v. li.): Sebastian Erlenmaier, Nadja van Mark, Andreas Steinfatt, Costantino Medde und Mitja Lafere. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Nach der Insolvenz plant das Gasthaus nun die Wiedereröffnung im Herbst. Das neue, deutlich jüngere Team will die bestehende Tradition mit modernen Einflüssen verbinden - dafür steht eine gründliche Sanierung an.

Von Katrin Kurz

Gut ein Jahr lang wurde spekuliert, jetzt hat die Paulaner Brauerei die neuen Betreiber ihres Traditionswirtshauses "Paulaner im Tal" vorgestellt. Nach umfangreicher Modernisierung ist die Wiedereröffnung der Wirtschaft im Herbst geplant - unter deutlich jüngerer Führung.

Ein wenig befangen ist Brauerei-Geschäftsführer Andreas Steinfatt noch bei der Begrüßung auf der Baustelle im Tal 12. Zwar ist er es gewohnt, an diesem Platz Gastgeber zu sein und auf Menschen zuzugehen, doch mit den alternativen Corona-Begrüßungen wie dem Ellenbogen-Check oder dem Foot-Shake sei er mehr als unglücklich. Insofern hoffe er, dass "alles bald wieder normaler wird". Dazu gehört für ihn auch das Fortbestehen der Gaststätte. Gleich vier Betreiber hat Steinfatt dafür ins Boot geholt: Mitja Lafere und Costantino Medde stehen als Wirte-Duo in erster Reihe, Nadja van Mark und Sebastian Erlenmaier übernehmen strategische Aufgaben im Hintergrund. Seit Jahren betreiben sie bereits gemeinsame Projekte wie den Kiosk am Grünspitz oder das Bar-Restaurant "55 Eleven" in der Maxvorstadt.

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Die Gastronomie am Platzl und der Partyservice sind zahlungsunfähig, doch die Betriebe bleiben vorerst offen. Der Corona-Lockdown und ausgebliebene Staatshilfen sollen schuld sein - es gibt aber auch Zoff mit dem Fiskus.

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Als eingespielte "Gastro-Familie" bezeichnet man sich, die gut durch den Lockdown gekommen ist. "Wir haben keinen einzigen Tag zugesperrt, waren jeden Tag präsent", sagt Lafere. Schnell habe man den Restaurantbetrieb auf ein Mitnahme-Geschäft umgestellt und das Essen zum Teil selbst ausgefahren. Dieser Härtetest war mitunter ausschlaggebend, sich trotz ungewisser Zeiten an ein großes Wirtshaus-Projekt zu wagen. "Als gebürtige Münchner war das immer unser Kindheitstraum", sagen Lafere und Medde mit Überzeugung.

Der Mut der jungen Wirte-Generation sowie ihr schnelles Umdenken zu Krisenzeiten haben Steinfatt imponiert. So kam man zusammen und bastelte gemeinsam an einem neuen Konzept für den durchaus krisengebeutelten Standort. Denn als im Mai 2020 bekannt wurde, dass Putzi Holenia nach 24 Jahren das Traditionswirtshaus aufgeben und Insolvenz anmelden muss, war die Sorge und Verunsicherung in der Branche groß. Jetzt, 15 Monate später, blickt Steinfatt nach vorne.

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An dem Standort im Tal wolle man unbedingt festhalten. "Dieser Platz blickt auf eine bald 500-jährige Gasthaus-Tradition zurück", betont Steinfatt. Seit 1921 fest in Paulaner-Hand, freue sich der Brauerei-Chef nun darauf, diese lange Geschichte hier im Tal mit einem jungen Konzept weiterzuführen. Man investiere einen mittleren siebenstelligen Betrag für die Grundsanierung - Küche, Böden, Toiletten, selbst die Außenfassade erhält ein neues Erscheinungsbild. Man wolle weg vom Charme der Neunziger, hin zu einer modernen, jungen Wirtshauskultur, welche die bestehende Tradition mit modernen Einflüssen verbindet.

Die Gasträume sollen durch Glaselemente, kombiniert mit frischen Grün- und Auberginetönen, an den bestehenden Wandverkleidungen lichter und freundlicher werden. Und was wird sonst noch neu sein? "Ein Straßenverkauf kommt dazu", erklärt Steinfatt - weil sich das Mitnahme- Geschäft wohl weiter etablieren werde. Mitja Lafere, der Erfahrung aus der Schauspielerei und Moderation mitbringt, integriert zudem ein gläsernes Podcast-Stüberl im Gastraum - als Ort des Zusammenkommens, des Gesprächs und des Verweilens.

So kam den jungen Wirten die Idee für einen neuen Wirtshaus-Namen: "Herrschaftszeiten - Paulaner im Tal". Damit sei weder die Herrschaft noch der bayerische Fluch gemeint, sondern man entschied sich für eine weitaus philosophischere Interpretation: "Schau auf Zeiten" oder, zu fortschreitender, geselliger Stunde, auch ein "Herrgott, schaut einmal nicht so genau hin".

Das hauseigene Bier steht also weiterhin im Mittelpunkt, die Gerichte auf der Speisekarte wiederum gehen mit der Zeit: Neben Klassikern aus der bayerischen Küche sollen nicht nur Käsespätzle oder eine Gemüseplatte die einzige vegetarische Alternative sein. Man arbeite noch am genauen Konzept, fest steht jedoch: Mit Mayo-Klecksen und Deko-Schnickschnack wolle man sich nicht verkünsteln. Wann genau wird eröffnet? "Wenn wir fertig sind", antwortet der 31-jährige Lafere. Man hoffe aber schon, spätestens die eigene Weihnachtsfeier im neuen Paulaner feiern zu können.

© SZ vom 13.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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