Gastronomie:Ein Wirtshaus aus der ersten Liga

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Das neue Betreiber-Team der renovierten Max-Emanuel-Brauerei (v. l.): Konstantin Schottenhamel, Daniel Pietsch und Oscar Schlehaider. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Max-Emanuel-Brauerei erlebt nach mehr als zwei Jahren Generalsanierung ihre Wiederauferstehung: Der Biergarten hat schon wieder auf, das Restaurant wird in ein paar Wochen folgen. Ein Besuch.

Von Franz Kotteder

Ein Wirtshaus will möglichst viele Gäste haben, das ist schon klar. Aber einen Gast würden sie schon besonders gerne begrüßen, sagen die drei Wirte: "Den Gerhard Polt - das wäre ein Traum!" Der Kabarettist und Brotzeitphilosoph ("Gemütlichkeit, das ist die Relation aus Zeit, Geld und Bier") ist für Daniel Pietsch, Oscar Schlehaider und Konstantin Schottenhamel das Idol schlechthin, was Wirtshauskultur angeht. Nicht umsonst ist ihre Betreiber-Gesellschaft für ihr eigenes Wirtshaus nach einem frühen Hörspiel von Polt benannt: "Dachs im Bau GmbH".

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Ihr eigenes Wirtshaus, das ist die altehrwürdige Max-Emanuel-Brauerei an der Adalbertstraße 33. Gut zwei Jahre lang ist das Anwesen aufwändig umgebaut worden. Dass das ein ziemlicher Kampf gewesen sein muss, kann man möglicherweise schon vom Fachbegriff "Generalsanierung" ableiten. Die Ausschreibung für die Pacht hat dann die Dachs im Bau GmbH für sich entschieden.

Im Biergarten herrscht schon wieder Betrieb. (Foto: Robert Haas)

Jedenfalls ist es nun soweit: Seit einer Woche hat der Biergarten, zugänglich von der Nordendstraße, seinen Betrieb wieder aufgenommen. Dort gibt es an nagelneuen Biertischgarnituren, die etwas Patina vertragen könnten, die Löwenbräu-Mass im geeisten Masskrug. Geeist deshalb, weil der gläserne Krug vor dem Einschenken auf minus 20 Grad heruntergekühlt wird. "So bleibt die Mass viel länger kühl", sagt Oscar Schlehaider. An die 500 Plätze gibt es im Biergarten.

Die Gartenkarte listet alle erforderlichen Standards auf, hat aber auch für Spezialisten etwas zu bieten. Etwa die Spare-Ribs im St.-Louis-Cut, also von den fleischigeren, dicken Rippen aus dem mittleren Teil des Bauchs. Oder einen "Obazda-Burger" und die "Schnapsbratwürstl", direkt von einem Metzger aus Bamberg. "Der Renner ist aber momentan unser veganes Zürcher Waldpilz-Geschnetzelte", sagt Küchenchef Daniel Pietsch. Klar, vegan geht gut im Studentenviertel rund um die Uni.

Es gibt viele Anspielungen auf die traditionelle Wirtshauskultur

So in zwei bis vier Wochen macht dann auch das eigentliche Wirtshaus auf; momentan hakt es noch an der Stromversorgung durch die Stadtwerke. Drinnen hat sich überhaupt am meisten getan, die Innenarchitektin Caroline Rauh hat Wirtsstube und Saal komplett umgestaltet: Helles Holz und sattes Grün herrschen vor, es gibt immer wieder feine Anspielungen auf die traditionelle Wirtshauskultur, sei es mit Holzschnitten an der Wand oder einer beheizbaren, großflächigen Kachelofenwand.

Und es gibt viele unterschiedliche Sitzecken und Bereiche, die vom Stammtisch bis zur Firmenfeier nahezu alles möglich machen. Trotzdem aber wirken die Gasträume modern und hochwertig. Dabei haben die drei Chefs einzelnes Mobiliar auch bei Antiquitätenhändlern besorgt. "Wir wollten richtige, originale Wirtshausstühle haben und haben mal hier zwei, mal dort drei gekriegt", erzählt etwa Konstantin Schottenhamel, "und ich weiß noch, wie wir bei einem Händler gleich 15 auf einen Schlag gesehen haben. Da waren wir natürlich hin und weg!"

Das Gasthaus-Innere soll in ein paar Wochen Gästen offen stehen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Begeisterung übers eigene Wirtshaus, die Liebe zum Detail und die große Vorfreude, dass es jetzt demnächst richtig losgeht, ist bei den Dreien gewiss nicht zu übersehen. Und obwohl noch von jugendlichem Alter - Schottenhamel und Schlehaider sind 30 und kennen sich seit ihrer Schulzeit, Pietsch ist 32 - sind sie doch schon alte Hasen in der Gastro-Szene. Schottenhamel ist der Sohn des Wiesnwirts Michael F. Schottenhamel vom gleichnamigen Festzelt, das seit mehr als 150 Jahren auf dem Oktoberfest steht.

In den vergangenen Jahren war er in der Festzelt-Gesellschaft bereits Prokurist, heuer wird er erstmals auch als Wirt geführt, zusammen mit seinem Vater und dessen Cousin Christian Schottenhamel. Oscar Schlehaider ist sein Schulfreund, hat eine Ausbildung in einer Veranstaltungsagentur gemacht und hat heute den Club "Lucky Who". Daniel Pietsch ist Koch und war unter anderem Chefsaucier im Zwei-Sterne-Restaurant des Feinkosthauses Dallmayr. Von dort kennt er auch die künftige Restaurantleiterin in der Max-Emanuel-Brauerei, Barbara Engelbrecht. Sie war schon bei Dallmayr und im Drei-Sterne-Restaurant Atelier des Bayerischen Hofs Service-Chefin.

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Erste Liga, sozusagen. Aber in den Fine-Dining-Bereich, wie man meinen könnte, wollen die drei keineswegs. "Ich möchte unseren Gästen ursprüngliche bayerische Speisen anbieten, die sich sehen lassen können und wie bei Oma schmecken", sagt Küchenchef Pietsch und lacht, "bei uns wird's keinen Nussbutterstaub mit Tomatenluft geben." Viele Wirtshausklassiker sollen auf der Karte stehen, aber auch Herz und Bries vom Kalb oder ein "Wiener Backhendl in der klassischen Version mit ausgelöster Oberkeule und Knochen an der Unterkeule" (Pietsch). An solchen Sätzen merkt man, dass hier jemandem nicht wurscht ist, wie ein Essen auf den Teller kommt.

Die "Weißen Feste" soll es künftig nicht mehr geben

Bei aller Liebe zur bayerischen Wirtshaustradition: Das ist schon auch ein Bruch mit der Vergangenheit. Denn die Max-Emanuel-Brauerei, die tatsächlich mal eine Brauerei mit Wirtschaft und Biergarten war, bevor sie 1896 von Löwenbräu aufgekauft wurde, war die meiste Zeit eine einfache Kneipe mit billigem Essen für die Studenten der nahen Uni, die schnell und unkompliziert satt werden wollten. Und sie wurde in den Sechzigerjahren vor allem bekannt durch ihre Bälle, die seit 1967 in jedem Fasching gefeiert wurden. Der Dresscode war einfach: Man komme bitte in Weiß. Aus Kostengründen war die studentische Ballgemeinde gegen aufwändige Kostüme und plädierte für strikten Minimalismus: "Alle ziehen was Weißes an, das genügt!" Und schon waren die "Weißen Feste" geboren.

Sie werden allerdings Geschichte bleiben, an eine Neuauflage ist nicht gedacht. Der Saal, umgebaut zu einem Wirtshaus-Restaurant, ist zwar für Firmenfeiern und die eine oder andere Veranstaltung geeignet, einen billigen Faschingsball kann man sich darin aber nur noch schwer vorstellen. Da stimmt, um mit dem Philosophen Polt zu sprechen, vermutlich die Relation von Zeit und Bier zu Geld nicht mehr so ganz.

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