Haushaltsberatungen:Der Münchner Kulturetat schrumpft um 15 Millionen Euro

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Die Philharmoniker mussten schon 2020 anfangen zu sparen. Damit in der Interimsspielstätte demnächst nicht auch noch Abonnenten fehlen, setzt die Stadt eine Werbekampagne auf. (Foto: GMPInternational GmbH)

Für die Kultur wäre eigentlich ein Budget von 251 Millionen Euro vorgesehen gewesen. Nun muss gespart werden - vor allem bei den großen Institutionen.

Von Christiane Lutz

Die gute Nachricht, wenn man so will, lautet: Es ist nicht ganz so schlimm, wie befürchtet. Zumindest noch nicht. Das ist die Botschaft, die in der Rede von Kulturreferent Anton Biebl steckte. Biebl hielt sie am Donnerstag im Kulturausschuss, dem der Kulturhaushalt für 2021 vorgestellt wurde. Es sieht so aus, als ob trotz der fälligen Einsparungen die Münchner Kulturlandschaft im kommenden Jahr vor der ganz großen Krise bewahrt werden kann. Biebl nennt das Programm eines der "pragmatischen Übergangslösungen", aber auch Übergangslösungen sind immerhin Lösungen. Die Fraktionen reagierten wohlwollend und lobten Referent und Referat für das bisherige Handeln in der Krise und schnelles Reagieren, etwa mit dem "Sommer in der Stadt".

Weil die Krise aber nun noch anhält muss jedes Referat der Stadt im kommenden Jahr 6,5 Prozent vom eigentlich geplanten Etat einsparen. Für die Kultur, die im Gesamthaushalt etwa 3,5 Prozent in Anspruch nimmt, wäre eigentlich ein Budget von 251 Millionen Euro vorgesehen gewesen. Nun dürfen 15 Millionen Euro weniger ausgegeben werden, 11,45 Millionen weniger Sachmittel, 4,2 Millionen weniger Personalkosten.

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Aus den errechneten 67 Stellen, die demnach 2021 abgebaut, sprich, nicht nachbesetzt werden sollten, könnten nun aber doch nur 17 werden. "Wenn es tatsächlich bei 17 Stellen bleibt, auf die wir verzichten müssen, bin ich trotz allem zuversichtlich, dass wir das Jahr 2021 einigermaßen schaffen werden", sagte Biebl. Er sagt aber auch: "Ich verhehle auch nicht, dass ich einige Entschlüsse nicht mehr nachvollziehen kann. Etwa den, die Bibliotheken zu schließen, während Universitätsbibliotheken offen bleiben dürfen."

Schon im laufenden Jahr 2020 musste das Kulturreferat sparen - elf Millionen Euro durch Kürzungen bei den Philharmonikern, dem Lenbachhaus und den Bibliotheken. Andererseits konnten das durch die Pandemie in Bedrängnis geratene Deutsche Theater und die Volkshochschule unterstützt und der "Sommer in der Stadt" möglich gemacht werden. Ein wichtiges Zeichen, sagt Biebl, für die Kunst und vor allem Künstlerinnen und Künstler.

Unangetastet soll 2021 allein der Etat für Münchens Freie Kunstszene bleiben. Weil dort die Menschen ohnehin unter oft prekären Bedingungen arbeiten. Kleinsttheater wie das "Undsofort" oder "Das Vinzenz" könnten etwa bei gekürzter Förderung vermutlich bald schließen. "Ziel war es, nicht mit dem Rasenmäher einmal drüber zu gehen, sondern mit den Einsparungen bei den großen städtischen Kulturinstitutionen die existenzgefährdete Freie Szene, aber auch die Stadtteilkultur zu schützen. Das werden wir schaffen", sagte Biebl, der immer wieder zur Solidarität zwischen den Künstlern aufruft.

Die 6,5 Prozent sollen also auf den Schultern der Größeren verteilt werden, sprich, den städtischen Theatern, den Philharmonikern und dem Lenbachhaus. Das Lenbachhaus hat sich selbst schon geholfen und bereits in diesem Jahr verstärkt um Sponsoren von Drittmitteln geworben.

So kommt nun folgender Sparplan zustande: Das Volkstheater, das im Herbst 2021 im frisch gebauten Theater starten wird, bekommt 750 000 Euro weniger städtischen Zuschuss, beim Deutschen Theater sind es 125 000 Euro weniger, bei der Pasinger Fabrik 30 000 Euro weniger.

Auch der Staatstheaterzuschuss von 5,4 Millionen Euro wird 2021 wegfallen

Der Etat der Münchner Philharmoniker und des Lenbachhauses wird um je 600 000 Euro gekürzt, der der Münchner Stadtbibliothek um 800 000 Euro. Beim Eigenbetrieb Münchner Kammerspiele, Schauburg und Otto-Falckenberg-Schule sind es sogar zwei Millionen Euro. Der Eigenbetrieb muss dafür sein Konsolidierungssparbuch antasten, das für schlechte Zeiten angelegt wurde. Das sei leider nötig, "sodass wir 2021 noch nicht an den laufenden Etat drangehen müssen", sagte Biebl.

An Sachmitteln zu sparen, wie es so formell heißt und nun gefordert ist, bedeutet etwa, dass für die Bibliotheken weniger Medien gekauft werden. Im Falle des Theaters, dass eben weniger Stücke produziert werden können und weniger mit Gästen, vor allem internationalen, zusammen gearbeitet werden kann.

Biebl sieht das als vertretbaren Weg. Die immer noch neue Intendantin der Kammerspiele, Barbara Mundel, dürfte davon nicht begeistert sein, immer wieder mahnte sie in den vergangenen Wochen an, gerade in Krisenzeiten auch an der Zusammenarbeit mit vielen Künstlern festzuhalten, die eben durch die Krise in Nöte kommen könnten. Andererseits wird kaum vermittelbar sein, warum ein Sparbuch für schlechte Zeiten in schlechten Zeiten nicht angerührt werden sollte.

Auch der Staatstheaterzuschuss von 5,4 Millionen Euro wird 2021 wegfallen, den die Stadt an die Staatsoper und das Gärtnerplatztheater leistete, auch auf die Gefahr hin, dass der Freistaat umgekehrt seine Zuwendungen an die städtischen Häuser einstellt. Sonderausgaben für einmalige Projekte wird es aber auch 2021 geben. Beispielsweise für das Programm zu "50 Jahre Olympische Spiele 1972", für das 2021 eine Million und 2022 drei Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden.

Wer weiß, ob 2021 ein normaler Kulturbetrieb möglich sein wird

Die Philharmoniker, die im Herbst 2021 in ihr Zwischenquartier in Sendling ziehen, bekommen außerdem einen einmaligen Zuschuss von 150 000 Euro für eine Marketingkampagne. Damit sollen Konzertbesucher nach Sendling gelockt werden, denn viele befragte Abonnenten hatten angegeben, ihr Abo aufgrund der verkehrsungünstigen Lage des neuen Ortes nicht unbedingt erneuern zu wollen.

2021 werden auch Projekte weitergetrieben, die die Stadt eigentlich aufgrund der Krise gern verschoben hätte. Die Sanierung des Münchner Stadtmuseums soll nun doch vom dritten Quartal 2025 an starten. Auch an der geplanten Sanierung des Gasteig hält die Stadt fest (auch wenn dafür nicht der Kulturausschuss zuständig ist), dafür werden rund 450 Millionen Euro fällig, für das Ausweichquartier nochmal etwa 150 Millionen. Im Kreativquartier werden die Jutier- und die Tonnenhalle zum Ort für die Freie Szene, von Mitte 2023 an soll der Umbau beginnen, für den insgesamt mit 99 Millionen Euro geplant wird. Außerdem werden wie immer Stadtteilkulturzentren unterstützt, Vereine, Förderungen für freie Kunstprojekte ausgeschrieben.

Am 16. Dezember wird über den Haushalt abgestimmt Bisher scheint Einigkeit, dass der vorgelegte Entwurf der bestmögliche ist. Für jetzt. Doch wer weiß schon, ob ein normaler Kulturbetrieb im kommenden Jahr zu irgendeinem Zeitpunkt möglich sein wird. Richtig ernste Konsequenzen für die Münchner Kulturlandschaft könnten sich 2022, 2023 zeigen, das wissen im Ausschuss alle.

© SZ vom 04.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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