Protest gegen die IAA Mobility:Achtung, jetzt geht es richtig los mit den Protesten

Lesezeit: 3 min

Greenpeace-Aktivisten demonstrieren vor dem Messegelände. Eine Sprecherin versichert, man habe nur die oberen Teile von Karosserien ins Wasser getragen, keine Gefahr fürs Wasser also. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die IAA-Woche verspricht eine Demo-Woche zu werden. Zu Beginn werden Karossen vor dem Messeeingang versenkt, Aktivisten seilen sich über dem Mittleren Ring ab. Ein Blick ins Protest-Camp.

Von Ellen Draxel und Bernd Kastner

Der Tag beginnt mit dem Untergang dreier Autos. Greenpeace hat einen BMW, einen Mercedes und einen VW im Messesee versenkt. Die Botschaft vor dem Haupteingang der Messe kurz vor Beginn der IAA Mobility: "Autoindustrie versenkt Klimaschutz". Die Szene erinnert an Bilder aus Unwettergebieten, wo Menschen samt Autos im Wasser versinken. Auf Nachfrage versichert eine Greenpeace-Sprecherin, man habe nur die oberen Teile von Karosserien ins Wasser getragen, keine Gefahr fürs Wasser also.

Die IAA-Woche verspricht eine Protest-Woche zu werden - gegen Autos, für eine ökologische Verkehrswende. Zahlreiche Gruppen werfen der IAA Greenwashing vor. Über dem Mittleren Ring, neben der BMW-Welt, seilen sich auch am Montag Aktivisten von Extinction Rebellion von einer Brücke ab, zwischen ihnen ein Banner: "Klimaschutz statt IAA. Geld für Öffis, nicht für Autobahnen". Das erinnert an die Autobahnblockaden zur IAA 2021. Damals waren die Aktionen unangekündigt, weshalb die Polizei mehrere Autobahnen in die Stadt sperrte. Diesmal ist alles angemeldet, die Polizei lässt die Fahrzeuge langsam durchfahren. Oben, auf der Brücke, wird eine Seniorin im Rollstuhl geschoben, in der Hand hält sie ein Schild: "Mobilität für alle! #block IAA".

Nahe der BMW-Welt seilten sich am Montagmittag Mitglieder von "Extinction Rebellion" über dem Georg-Brauchle-Ring ab. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Hashtag ist das Motto verschiedener linker Klimaschutzgruppen, deren Zentrum im Luitpoldpark zu finden ist. Dort findet das "Mobilitätswende-Camp" statt, zu dem bis zu 1500 Aktive aus ganz Deutschland erwartet werden. Hinter dem Zeltlager stehen Gruppen wie "Smash IAA", "No Future for IAA", "Sand im Getriebe" und "Formando Rutas", eine chilenische Gruppe, aktiv gegen den Lithiumabbau in der Atacamawüste.

Neben der für Sonntag geplanten Demonstration, die unweit des von der IAA genutzten Königsplatzes enden soll, wollen die Initiativen die Messe stören, was sie so begründen: "Innerhalb der parlamentarischen Politik gibt es keine angemessene Reaktion auf die Dringlichkeit der Klimakrise. Wir nehmen daher Klimaschutz selbst in die Hand und setzen die Verkehrswende mit zivilem Ungehorsam durch." Dass immer mehr große Autos gebaut werden, sei "dem Gesetz nach legal", aber: "Für uns ist es ein Unrecht, das wir nicht tolerieren können. Wir sind viele, und wir können der Macht der Konzerne die Macht unserer körperlichen Anwesenheit entgegensetzen." Dies sei legitim "angesichts der zerstörerischen Auswirkungen der Autoindustrie".

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Lisa Poettinger vom Orgateam der Demo betonte, dass die Aktiven nicht einzelne Autofahrende als Schuldige für die Klimakrise brandmarken wollten. Es seien die politisch Verantwortlichen, die einen besseren öffentlichen Verkehr anbieten müssten, sodass nicht mehr so viele Menschen aufs Auto angewiesen seien. Mira Klein von "Smash IAA" beklagt die Gewinne einiger Konzerneigentümer, während sich viele Menschen München kaum mehr leisten könnten. "Wir wollen den Kapitalismus abschaffen", das sei Ziel ihrer Gruppe.

Ein "Fest der Ausbeutung und Zerstörung" nennt Luise Weil von "Sand im Getriebe" die IAA. Der globale Süden erlebe mit Naturkatastrophen bereits jetzt die Folgen der Klimakrise, die bald auch in Europa noch stärker zu spüren sein würden. Menschen in Ländern wie Chile, wo Lithium für Autobatterien abgebaut wird, seien doppelt Leidtragende des Individualverkehrs in Europa. Darauf wies auch Juan Donoso von Formando Rutas hin. Der Lithiumabbau bedrohe das Grundwasser, die betroffenen Menschen dort fühlten sich machtlos gegen die Bergbau-Interessen.

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Die Camp-Veranstalter versprechen, mit dem Park sorgsam umzugehen

Im Kontrast zu diesen Berichten steht das grüne Ambiente des Camps im Luitpoldpark unter schattigen Bäumen. Dorthin mussten die Veranstalter ausweichen, weil die Theresienwiese vom Oktoberfest belegt ist. Verärgert ist man im Bezirksausschuss (BA) Schwabing-West, weil die Stadt das Stadtviertel-Gremium nur beiläufig über das Camp informiert habe. Beim BA hätten sich Bürger gemeldet, die sich um ihr Naherholungsgebiet sorgen, Wiesen könnten "niedergetrampelt und verdreckt" werden. Die Camp-Veranstalter versprechen, mit dem Park sorgsam umzugehen. Auch die Polizei geht davon aus, dass es keinen Ärger gibt: Die bisherigen Camps seien "stets problemlos" verlaufen.

In einem offenen Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) fordern mehrere Umweltschutzorganisationen, darunter Bund Naturschutz, Verkehrsclub Deutschland und Greenpeace, dass er sich angesichts der Klimakrise klar zur Mobilitätswende bekenne. Er solle von anderen europäischen Städten lernen und alles dafür tun, dass die Zahl der Autos in München nicht weiter steige. Die Stadt müsse in den Umweltverbund investieren anstatt in neue Autobahnzubringer. "Wir vermissen visionäre und auch mal unbequeme Entscheidungen der Stadtspitze, um ein Zeichen für ein lebenswertes München zu setzen."

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