Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt:Taubenbetreuer schlagen Alarm

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Am Hauptbahnhof wird Massentiersterben befürchtet

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Die Deutsche Bahn hat den Taubenschlag auf dem Hauptbahnhof vor einigen Tagen geschlossen und mit einem Vorhängeschloss gesichert. Mitarbeiterinnen der Taubenhilfe München befürchten deshalb nun, dass Hunderte Vögel in den nächsten Tagen sterben könnten. Denn sie können die Tauben nicht mehr mit Futter und Wasser versorgen. "Das ist ein Verbrechen an Tieren", sagt Monika Sebald, Leiterin der Arbeitsgruppe, die den Taubenschlag mit rund 600 Tieren seit Jahren betreut. Die Schließung sei nicht angekündigt worden, sei gegen die Abmachung mit Bahnvertretern und verstoße gegen das Augsburger Modell, das Vorbild für die Münchner Regelung, nach dem man mit und gegen Tauben arbeite: Sie werden gefüttert und getränkt, doch ihre Eier werden gegen Nachbildungen aus Plastik ausgetauscht.

Auch wenn es den Schlag nicht mehr gibt, bleiben die Tauben in der Nähe, harren der Dinge. Stadttauben seien keine Wildtiere, sondern Nachkommen ausgesetzter Haustauben, sie könnten sich nicht selbst versorgen, sagt Monika Sebald. Monika Wölk, eine andere ehrenamtliche Taubenfreundin, hat in dieser Woche Strafanzeige gegen die Deutsche Bahn AG gestellt - wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz. "Die verhungern. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit", sagt sie. Der Oberbürgermeister wurde per Brandbrief informiert, ebenso wie Klaus-Dieter-Josel, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für den Freistaat Bayern. Der Tierschutzbeauftragte im Bezirksausschuss (BA) Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, Arne Brach, Fraktionssprecher der Grünen, hat das Veterinäramt eingeschaltet. Viele hungernde Tauben habe er am Hauptbahnhof gesehen, sagt er - auch solche, die dann trotz versuchter Rettung gestorben seien.

Ein Sprecher der Deutschen Bahn AG erklärte, eine Wiederöffnung komme nicht in Frage. "Wir haben da kein Massensterben", sagt er. Der Hauptbahnhof werde abgerissen, der Trakt werde in Kürze zur Baustelle. Auch wenn im Erdgeschoss noch vermietet sei, wolle man oben mit dem Entkernen beginnen. Offenbar ist es aber nicht nur die Baustelle, wegen der man die Tür zuschlug, hinter der die Tauben versorgt wurden: Aus Sicht der Deutschen Bahn habe der Taubenschlag im Hauptbahnhof "zum Schluss das Funktionsprinzip der Geburtenkontrolle" nicht mehr erfüllt, sagt der Bahn-Sprecher. "Aus unserer Sicht war das eine Futterstation. Nester haben wir nicht gefunden."

© SZ vom 12.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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