Grundwasser:Feuchte Keller, kaputte Heizung - und eine saftige Rechnung

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Kämpfen seit Jahren für eine Lösung des Grundwasserproblems an der Genter Straße: Christian Hierneis (Grüne), Franziska von Gagern, Robert Brannekämper (CSU) und Anwalt Benno Ziegler. (Foto: Nicole Graner)

Anwohner an der Genter Straße in Schwabing kämpfen seit Jahren gegen das Grundwasser, das in ihre Häuser und Garagen eindringt. Nun finanziert der Freistaat Pumpen, die helfen sollen. Doch viele Probleme bleiben - und die Frage: Wer ist daran schuld?

Von Nicole Graner

Seit dreieinhalb Jahren fließt ununterbrochen Grundwasser in die Keller und Garagen der Genter Straße 13 a bis 13 f in Schwabing. Jetzt werden endlich Pumpen eingebaut. Pumpen, die helfen sollen, das Wasser aus den denkmalgeschützten, 1972 von Architekt Otto Steidle gebauten Häusern herauszubekommen. Das könnte ein kleines Weihnachtsgeschenk für die Anwohner sein, doch das Wasser ist mittlerweile nur eines ihrer Probleme. Jetzt kommen noch andere dazu: immens hohe Abwassergebühren und eine kaputte Heizung.

Warum das Wasser in die Keller kommt, ist die große und entscheidende Frage, über die zwischen dem städtischen Referat für Umwelt und Klimaschutz (RKU), der Münchner Stadtentwässerung (MSE) und den Anwohnern seit Langem gestritten wird. Der Umweltausschuss des bayerischen Landtags, die Staatsregierung und der Bezirksausschuss geben den Anwohnern recht, die die Stadt München in der Pflicht sehen. Gutachten, die in diesen dreieinhalb Jahren gemacht worden sind, haben außerdem bestätigt, dass der Regenauslasskanal (RAK), der 1987 gebaut wurde und entlang der Häuser verläuft, das Grundwasser aufstaut. Die Stadt München behauptet aber, dass die Wiederbefüllung des Kleinhesseloher Sees mit Wasser im Jahr 2020 die Ursache ist, und weigert sich, den Anwohnern zu helfen.

Die zwei Pumpen finanziert deshalb auch nicht die Stadt, sondern das Wissenschaftsministerium des Freistaats Bayern. 160 000 Euro wurden zunächst dafür freigemacht, damit ein "Baudenkmal nicht endgültig kaputtgeht", wie der Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses, Robert Brannekämper (CSU), sagt.

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Die Pumpen werden wohl erst Ende Januar in Betrieb gehen können, sagt Franziska von Gagern, Sprecherin der Interessengemeinschaft (IG) Grundwasser. Aber sie sei froh, dass uns "endlich jemand hilft". Richtig freuen kann sich die Hauseigentümerin trotzdem nicht. Denn im November flatterte ein Bescheid der Münchner Stadtentwässerung ins Haus: 31 000 Euro Abwassergebühren sollen die Anwohner zahlen.

Seit Jahren hört man das Plätschern im ehemaligen Schwimmbad des Hauses, seit Jahren versuchen die Anwohner das Wasser mit der eigenen Haushebeanlage aus dem Keller, dem ehemaligen Schwimmbad und der Tiefgarage zu bekommen. Sie läuft ununterbrochen. "Und jetzt sollen wir diese Summe zahlen?". Gagern ist fassungslos. Denn mit dieser Forderung sei es ja nicht getan. Bis 2024 kämen dann noch mal 200 00 Euro auf sie zu. Sie hat Widerspruch eingelegt. Die Anwohner werden nicht zahlen. Zumal im Sommer 2020 im Stadtrat beschlossen worden sei, die Zahlungsaufforderung auszusetzen bis der Sachverhalt geklärt sei, sagt Gagern. Von Klärung könne aber keine Rede sein.

Ein weiteres Problem: Schon lange stehe die Heizung der Häuser in einem der feuchten Räume. Heizungsinstallateure hätten stets vor der Feuchtigkeit gewarnt und die Heizung auch gar nicht mehr warten wollen. Jetzt gehe die Anlage gar nicht mehr. Seit Wochen steht eine mobile Heizung im Garten der betroffenen Häuser. "Das kostet Unsummen von Geld", sagt Gagern, und eine neue Heizung koste 100 000 Euro. Die könnte man aber nicht einbauen, solange die Keller feucht seien.

Das gestiegene Grundwasser führt seit dreieinhalb Jahren zu Überschwemmungen des Kellers. (Foto: Catherina Hess)

"Menschen in der Kälte sitzen lassen, aber Abwassergebührenbescheide schicken" - das könne alles nicht angehen, sind sich die Landtagsabgeordneten Christian Hierneis (Grüne), Robert Brannekämper und IG-Anwalt Benno Ziegler bei einer Pressekonferenz mit Anwohnern der Genter Straße einig. Alle drei fordern die Stadt München und insbesondere Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) auf, die Genter Straße zur "Chefsache" zu machen.

Die IG hat vor drei Jahren eine Petition im Bayerischen Landtag eingereicht. Einstimmig hatten sich die Abgeordneten hinter die Anwohner gestellt. Mehrmals wurde die Genter Straße im Umweltausschuss des Landtags behandelt. Immer wieder mit der Forderung an die Stadt München, endlich zu handeln. Nun erweitert die IG ihre Petition um die Forderung, dass die Staatsregierung aufgefordert wird, über die Regierung von Oberbayern die Stadt München, also die MSE, zu verpflichten, den Bescheid vom 15. November 2023 über Abwassergebühren und alle weiteren Bescheide für die Jahre 2020 bis 2024, die noch zu erwarten sind, "niederzuschlagen".

Vor zwei Wochen haben die Bauarbeiten der Pumpenbrunnen an der Genter Straße begonnen. "Der Aufwand ist groß", sagt Gagern. Besser wäre es aus ihrer Sicht gewesen, wenn die Stadt von Anfang an die von der IG geforderte Einspeisung des Grundwassers über den Regenauslasskanal veranlasst hätte. Trotzdem seien die neuen Pumpen eine "erste Entspannung". Aber keinesfalls eine Lösung auf Dauer. Dass man nach dreieinhalb Jahren gegen etwas kämpfe, das so klar auf der Hand liege, könne sie nur noch als absurd bezeichnen. "Ich bin fix und fertig", sagt Gagern. Ihr Kampf und der Kampf aller Anwohner zehre an der Kraft, an der Gesundheit. "Aber aufgeben werden wir nicht", sagt sie.

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