Donnerstagnachmittag, 15.30 Uhr, und in der Grundschule am Bauhausplatz in Schwabing wuseln Kinder auf den Etagen herum. Im ersten Stock malen Erstklässlerinnen Menschen, Giraffen und Hunde aus Vierecken und Dreiecken in ihre Mathehefte, im zweiten Stock bietet das Team des kooperativen Ganztags Lern- und Übungszeit oder Nähen an. Anders als der gebundene Ganztag mit festgelegten Schul- und Betreuungszeiten erlaubt der kooperative Ganztag flexiblere Nachmittage. Beides gibt es hier an der Grundschule, manche Kinder bleiben bis 18 Uhr. Der kooperative Ganztag ist auch der Grund, warum eine Gruppe von Politikerinnen und -politikern um Staatssekretärin Ekin Deligöz (Grüne) aus dem Bundesfamilienministerium an diesem Nachmittag zu Besuch gekommen ist.
In der Grundschule am Bauhausplatz funktioniert der Ganztag bereits, von 2026 an muss er dann an allen Grundschulen funktionieren: Denn dann tritt schrittweise der Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung in Kraft. Zunächst gilt er für Erstklässlerinnen und Erstklässler, mit Beginn des Schuljahrs 2029/2030 dann für alle Grundschulklassen. Um den Betreuungsbedarf zu decken, braucht es allein in München rund 1400 zusätzliche Fach- und Ergänzungskräfte, zum Beispiel Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen. "Da brauchen wir die finanzielle Unterstützung des Freistaats, zum Beispiel beim Assistenzkraftprogramm für Kinderpfleger", sagt Stadtschulrat Florian Kraus (Grüne).
Außerdem brauche es Räume für den Ganztag und Mensen. Bei den neuen Schulen wird das mitgedacht; eine große Herausforderung sei es, den kooperativen Ganztag in den Bestandsschulen unterzubringen. Dafür müsse man sich jede einzelne Grundschule ansehen und eine Lösung finden. "Der kooperative Ganztag ist für uns das Mittel, mit dem wir den Rechtsanspruch sicherstellen wollen", sagt Kraus. Im Referat für Bildung und Sport gehen sie davon aus, dass 90 Prozent der Eltern eine Ganztagsbetreuung in Anspruch nehmen werden.
Schulleiterin Michaela Fellner und Elke Lang, die den kooperativen Ganztag leitet, erklären der Besuchergruppe das Lernhauskonzept, erläutern, wie Eltern die Betreuungszeiten für ihre Kinder an dieser Schule am Schuljahresanfang flexibel buchen können, auch für die Ferien. Sie erzählen, wie Lernen im Dialog funktioniert und was die Tische und Stühle im Klassenzimmer damit zu tun haben. "Das Mobiliar macht Partnerarbeit möglich, ohne Lernzeit zu verschwenden", sagt Michaela Fellner.
Die Grundschule am Bauhausplatz gibt es seit 2017, hier lernen 560 Schülerinnen und Schüler, rund 390 Kinder besuchen den kooperativen Ganztag nach Schulschluss. Sie kommen und gehen zu ganz unterschiedlichen Uhrzeiten, erklärt Elke Lang. Feste Gruppen gibt es nicht, das Team macht verschiedene Angebote - "und die Kinder suchen sich ihren Platz".
Wünsche an die Politik haben sie auch. Mehr Zeit für Besprechungen, sagen Fellner und Lang, auch für Lehrer und Erzieher. Differenzierungsräume auf Rollen, zum Beispiel für hörgeschädigte Kinder, für Kinder mit ADHS, für Kinder eben, die zwar mittendrin sein, aber geschützt werden sollen. Und mehr Fachkräfte - auch in der Küche. Denn an dieser Schule essen 500 Kinder zu Mittag. In der Küche arbeite aber nur eine Fachkraft.