Neubauprojekt in Sendling:Investor Büschl greift nach der Großmarkthalle

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Einige Gebäude der Großmarkthalle, wie hier die Halle 1, stehen unter Denkmalschutz. (Foto: Florian Peljak)

Ein privates Unternehmen soll für die Stadt einen neuen Großmarkt bauen. Nun hat es offenbar den gesuchten Partner gefunden. Dieser ist bekannt für seine Hochhauspläne und für den Bau von Wohnungen. Das könnte dem Projekt eine neue Richtung geben.

Von Sebastian Krass

Bei der stockenden Planung für eine neue Großmarkthalle in München bahnt sich eine Wende an: Der Grünwalder Immobilienunternehmer Ralf Büschl, bekannt für seine Zwillings-Hochhaus-Pläne an der Paketposthalle, will nach SZ-Informationen als Investor bei dem Erbbauprojekt auf einem städtischen Grundstück in Sendling einsteigen. Es könnte damit zu einer grundlegenden Neuplanung eines der wichtigsten Bauprojekte der Stadt kommen: Bisher war vorgesehen, auf dem Dach einer neuen Großmarkthalle einen Bürokomplex für etwa 3000 Arbeitsplätze zu errichten. Mit einem Einstieg von Büschl könnte es auch um den Bau von Wohnungen gehen.

Dafür spricht, dass die Büschl-Unternehmensgruppe zu den größten privaten Wohnungsbauern in München gehört. Unter anderem entwickelt sie, jeweils mit Partnerfirmen, die Projekte Eggarten (2000 Wohnungen) und Kirschgelände (1400) im Münchner Nordwesten sowie den Truderinger Acker (800), an der Paketposthalle will Büschl ohne Partner 1100 Wohnungen bauen. Weitere Details zu dem möglichen Deal am Großmarkt sind noch offen, auch weil die Verhandlungen zwischen Büschl und dem Umschlagzentrum Großmarkt München (UGM), das das Erbbaurecht übernehmen soll, noch laufen.

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Das UGM, das bisher als Vermieter von Standflächen auf dem Großmarkt agiert, hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, man befinde sich "seit einigen Monaten in Gesprächen mit einem Investor" und habe "nun bereits die Phase der Exklusivität erreicht". Mehrere, voneinander unabhängige Quellen aus der Münchner Immobilienszene berichten, dass es sich bei dem Investor um Büschl handele. Die Abendzeitung hatte bereits mit Berufung auf Rathauskreise berichtet, dass Büschl sich um das Projekt bemühe.

Noch ist alles vertraulich, auch Ralf Büschl antwortet auf Anfrage nicht

Büschl ließ eine Anfrage unbeantwortet. Das UGM erklärte, man könne sich "aus Gründen der Vertraulichkeit" nicht äußern. Auch das Kommunalreferat, das für die Stadt federführend zuständig ist, gibt keinen Kommentar zum Stand der Dinge ab. Das Planungsreferat, das nach Abschluss eines Erbbaurechtsvertrags die Sache übernehmen würde, teilt mit, man sei "vom Kommunalreferat über eine mögliche Neuaufstellung auf Investorenseite informiert worden, die auch Veränderungen für das vorliegende Konzept nach sich ziehen würde".

Im Jahr 2018 hatte das UGM den Plan vorgestellt, ein Grundstück auf dem Großmarkt-Gelände zwischen Schäftlarnstraße und Thalkirchner Straße von der Stadt zu übernehmen und einen Ersatz für die bestehenden, maroden Großmarkthallen zu errichten. Die damalige Stadtratsmehrheit setzte auf diese Partnerschaft mit Privaten und stoppte Pläne der Stadt, den neuen Großmarkt selbst zu bauen. Anfang 2020 stellte das UGM einen Entwurf des Büros Henn Architekten vor, der vorsah, in einem Sockel mit zwei Unter- und drei Obergeschossen den gesamten Großmarktbetrieb unterzubringen und darauf einen Komplex mit etwa 60 000 Quadratmetern Büroflächen und Freiflächen für die Öffentlichkeit zu errichten. Die Büro-Mieteinnahmen sollten günstige Mieten im Großmarkt querfinanzieren. Der Bau wäre bis zu 68 Meter hoch geworden. Mit einer Fertigstellung, so hieß es schon vor einem Jahr, wäre nicht vor 2030 zu rechnen.

Über den Obst- und Gemüseständen Büros und öffentlich zugängliche Grünflächen: der von Henn Architekten Anfang 2020 vorgelegte Entwuf. (Foto: Henn Architekten)

In der vergangenen Woche wurde im Stadtrat bekannt, dass in den Verhandlungen zwischen Kommunalreferat und UGM seit Frühjahr 2020 kaum etwas vorangegangen ist. Das ist für die Stadt auch deshalb ärgerlich, weil sie allein bis 2024 30 Millionen Euro investieren muss, um die dem Abriss geweihten Hallen betriebsfähig zu halten - und niemand ausschließen kann, dass in den Jahren danach weitere Kosten entstehen. Daraufhin setzte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) ein Ultimatum: Bis März 2022 soll das Kommunalreferat einen Kosten- und Zeitplan zum Investorenprojekt vorlegen, ansonsten - so steht es im Raum - nimmt die Stadt die Sache wieder an sich.

Wussten die Fraktionsspitzen von Grün und Rot mehr als der Oberbürgermeister?

Das UGM und Büschl haben versucht, den Kreis der Eingeweihten klein zu halten. In einer nicht-öffentlichen Sitzung des Kommunalausschusses machte das Kommunalreferat keine Angaben zur Identität des Investors. Selbst OB Reiter wusste nach Angaben seiner Sprecherin bisher nicht, wer der Investor werden soll. Etwas anders könnte der Wissensstand bei den Fraktionsspitzen der grün-roten Rathauskoalition sein, zumindest lassen deren Aussagen die Interpretation zu, dass sie eingeweiht sind. Anna Hanusch von den Grünen/Rosa Liste antwortet auf die Frage, ob sie eine Idee habe, wer der Investor ist, mit: "Ideen habe ich viele, werde aber nicht spekulieren." Christian Müller von SPD/Volt sagt: "Zu Gerüchten über mögliche Investoren und neue Planungen gebe ich keinen Kommentar ab."

Stadtrat Müller erinnert der bisherige Entwurf an ein "riesiges Schlachtschiff"

Aber Müller distanziert sich von der bisherigen Planung: "Schön ist was anderes, das sieht aus wie ein riesiges Schlachtschiff." Und er hält Wohnungen an der Stelle grundsätzlich für "denkbar", allerdings "wegen des gegenüberliegenden Kraftwerks und der Lärmsituation nur im inneren Bereich, mit einer anders genutzten Bebauung außen zur Straße hin, die die Wohnungen abschirmen würde". Das Planungsreferat erklärt, ihm liege bisher "kein Konzept mit Wohnnutzung" vor. Weil es sich um eine "planungsrechtlich sehr komplexe Fragestellung" handele, könne man ohne nähere Informationen keine Einschätzung zu einer möglichen Wohnnutzung abgeben.

Interessant wären Wohnungen an der Stelle für die Stadt auch, weil die neue Sobon (Sozialgerechte Bodennutzung) zum Tragen käme, also die im Sommer verschärften Vorgaben an Investoren: dass sie mehr Mietwohnungen und einen deutlich höheren Anteil zu regulierten Preisen bauen müssen, um Baurecht zu bekommen.

Vom Neubau des kompakten Großmarkts hängt eine noch größere Entwicklung ab: Dadurch würden auf dem 26 Hektar großen Großmarktareal, das damit gut halb so groß ist wie die Theresienwiese, Flächen frei für ein neues Quartier, das die Stadt nach eigenen Vorstellungen entwickeln kann. Bisher gibt es nur grobe Vorüberlegungen, bei denen günstiger Wohnraum eine große Rolle spielt.

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