Frühlingsfest:Zeitenwende am Biertisch

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Auf dem Frühlingsfest kann man zum ersten Mal ein alkoholfreies Augustiner im Zelt bestellen. (Foto: Stephan Rumpf)

Im Festzelt ein alkoholfreies Augustiner zu bestellen, gehörte bisher zu den gravierendsten Fehltritten. In diesem Jahr kommen Besucher auf der Theresienwiese das erste Mal damit durch. Aber ob das gut ist?

Glosse von Andreas Schubert

Das Frühlingsfest hat begonnen. Und auch wenn das Wetter am Anfang eher nach Ski- statt Lederhose und Daunenmantel statt Dirndl schreit, trauen sich jetzt wieder all jene auf die Theresienwiese, die das Oktoberfest buchstäblich "zum Speim" finden, aber halt auch gern mal in den Genuss hochwertiger Unterhaltung und hochpreisigen Bavarian Streetfoods kommen wollen.

2024 hat das Frühlingsfest zusätzlich eine nie dagewesene Innovation zu bieten. Wer jetzt an seltsam riechende Cannabiswolken im Biergarten denkt, liegt falsch. Die hat uns die Volksfest-fürsorgliche Staatsregierung freundlicherweise genauso erspart wie den Genderstern in Behördenbriefen. An dieser Stelle ein Dank an alle CSU-Politiker*innen!

Die Neuigkeit betrifft die Trinkgewohnheiten auf dieser altehrwürdigen Kulturveranstaltung: Erstmals wird dort alkoholfreies Augustiner zu haben sein. Fast 700 Jahre haben die Mönche der ältesten Braustätte der Stadt in ihren Alchemie-Stuben an einem passenden Rezept gefeilt, während andere den Null-Promille-Markt mit ihrem Gwasch überschwemmten.

Und nun also die Zeitenwende: Zu den gravierendsten Fehltritten auf Münchner Volksfesten gehörte einst nicht etwa das Tragen von Jogginghosen im Lederhosenlook oder die Bestellung einer Moaß statt einer Mass. Viel schlimmer war es, in einem Augustinerzelt ein Alkoholfreies zu verlangen. Wer es trotzdem versucht hat, konnte froh sein, wenn ihn die Bedienung - wenn überhaupt - noch mit dem Hintern anschaute oder die angestochenen Stammtischler von nebenan ihn nicht zur Strafe zwangen, ein saures Lüngerl mit einer Mass Apfelschorle runterzuspülen.

Der dicke Mönch und Alkoholfreies: Das passte zusammen wie Söder und vegane Bratwurst. Aber jetzt ist alles anders. Auf dem Etikett des neuen Gebräus tänzelt ein schlankes Trachtenpärchen über eine grüne Wiese und träumt wahrscheinlich eher von einer gemeinsamen Radtour ins nächste Fitnessstudio als von einer fettigen Schweinshaxn.

Ob man Letztere auch mit einem Alkoholfreien runterbekommt und ob man das Frühlingsfest überhaupt nüchtern aushält, werden wir noch ausprobieren müssen. Auf den Schnaps danach werden wir aber eher nicht verzichten. Irgendwas zum Aufwärmen braucht man dieser Tage dann doch.

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