Promi-Tipps für München und Bayern:Die Woche von Eva Huttenlauch

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Eva Huttenlauch ist Sammlungsleiterin und Kuratorin für den Bereich "Kunst nach 1945" am Lenbachhaus in München. (Foto: Simone Gänsheimer/Lenbachhaus)

Die Kuratorin am Lenbachhaus freut sich in dieser Woche auf neue Projekte, Ausflüge in die Natur, die Passionsspiele und eine irrwitzige Oper. Ein Gastbeitrag.

Nach dem Projekt ist vor der Ausstellung: Gerade hat die Kuratorin die Soundinstallation "Spatial Jitter" organisiert, steckt sie schon wieder mittendrin in einem neuen Thema: Die Documenta und ihr Einfluss auf das Lenbachhaus. "Was von 100 Tagen übrig blieb" heißt die Schau, die von 19. Juli an dort zu sehen ist - ein Parcours bedeutender Arbeiten aus allen Documenta-Ausstellungen von der ersten Ausgabe 1955 bis zur 14. im Jahr 2017. Dazwischen bleibt ein wenig Zeit, die Eva Huttenlauch für andere schöne Dinge nutzt.

Montag: Facetten der Documenta

Charlotte Posenenskes "CP-D-Winkelstück-041" ist in der neuen Ausstellung "Was von 100 Tagen übrig blieb ... Die documenta und das Lenbachhaus" zu sehen. (Foto: Ernst Jank/Städtische Galerie im Lenbachhaus)

Die Woche startet mit meinem persönlichen Highlight: Um 11 Uhr ist die Pressekonferenz der Ausstellung "Was von 100 Tagen übrig blieb ... Die documenta und das Lenbachhaus". Sie ist das Resultat vieler Monate gemeinsamer Arbeit und wir freuen uns, sie nach intensiver Recherche und Vorbereitungszeit endlich dem Publikum vorzustellen. Zur Eröffnung um 19 Uhr mit Musik und Wein im Lenbachhaus-Garten ist jeder herzlich eingeladen!

Dienstag: Das Viertel im Blick

Charmant soll er werden, der neue Elisabethmarkt. Zurzeit allerdings ist er eine Baustelle; der Interimsmarkt an der Arcisstraße besteht aus Containern. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Morgens stehen ein paar Interviews und Führungen durch die Ausstellung an; anschließend beantworte ich liegengebliebene Korrespondenz und räume meinen Schreibtisch auf. Beim Spaziergang nach Hause hole ich wieder Luft und kann unterwegs auch wieder Dinge in meinem Viertel wahrnehmen, die in den letzten Wochen etwas aus dem Blick geraten sind: Ich schaue schnell in die Sommerausstellung der Galerie Walter Storms, entdecke vielleicht ein neues Café oder ein umgestaltetes Schaufenster. Nach einer Einkaufsrunde auf dem Elisabethmarkt entspanne ich mit meinem Partner bei Aperitif und selbst gekochter Pasta auf dem Balkon.

Mittwoch: Provokante Oper

In diesem Vielnasen-Staat ist, wer nur eine Nase hat, nicht ganz normal: Serge Dornys erste Inszenierung in München war Dmitri Schostakowitschs "Die Nase". (Foto: Wilfried Hösl)

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel - auch im Kulturbetrieb: Eine Ausstellung eröffnet und gleichzeitig bin ich mitten in den Planungen für die nächsten Jahre. Heute treffe ich eine Kooperationspartnerin für ein Projekt im Herbst 2023. Am Abend sehe ich mir in der Staatsoper Schostakowitschs " Die Nase" an. Vorigen Herbst war ich bereits in der Premiere, die mir sehr gut gefallen hat. Kurz danach haben wir gemeinsam mit der Dramaturgie der Staatsoper und Vladimir Jurowski einen anregenden Gesprächsabend im Lenbachhaus veranstaltet. Mit den Erkenntnissen von damals zu Inszenierung und Musik möchte ich das Stück gern ein zweites Mal sehen. Schostakowitschs Kompositionen beeindrucken mich sehr, und vor dem Hintergrund der aktuellen Weltlage ist die gesellschaftskritische Bildsprache von Kirill Serebrennikov doppelt interessant.

Donnerstag: Schräge Soundinstallation

Elektro mit Konzept: Andi Toma und Jan St. Werner (von links) bringen den Sound von "Mouse on Mars" ins Museum. (Foto: Simone Gänsheimer/Lenbachhaus)

Der Tag beginnt mit Cappuccino und Cornetto im "Morso", meinem Lieblingscafé in der Nordendstraße. Noch amüsiert vom morgendlichen Schwabinger Treiben, radle ich ins Büro, wo die Organisation einer Performance des Elektro-Duos "Mouse on Mars" ansteht. " Spatial Jitter" heißt deren Soundinstallation, die wir aktuell im Kunstbau zeigen, unserer riesigen unterirdischen Ausstellungshalle. Wer wissen möchte, wie sich ein Instrument von Innen anhört: Hier schießt ein überdimensionierter Trichter-Lautsprecher wie ein experimenteller Flipperautomat Töne quer durch den Raum - ein tolles Wahrnehmungserlebnis, das man dienstags bis sonntags von 10 bis 20 Uhr bei freiem Eintritt erleben kann. Oder man verbindet den Besuch mit der Performance am 29. Juli und der anschließenden Sommerparty im Lenbachhaus-Garten. Beides ist zugleich Auftakt zum Veranstaltungswochenende "Technobodies" (29. bis 31. Juli) gemeinsam mit den Kolleginnen vom Museum Brandhorst und dem Haus der Kunst und einer Menge abwechslungsreichem Programm.

Freitag: Fels der Waghalsigen

Ein unberührtes Stück Isar: der Georgenstein in der Nähe von Wolfratshausen. (Foto: C. Schmidt)

Die Arbeitswoche ist fast geschafft! Nachmittags breche ich zu einer Radtour zum Georgenstein auf: ein Fels im südlichen Teil der Isar auf halbem Weg nach Wolfratshausen. An diesem unberührten Teil der Isar lasse ich die Stadt hinter mir und tauche in den Wald ein. Keine kleine Herausforderung ohne Mountainbike! Bei einem schattigen Picknick sehe ich den Waghalsigen zu, wie sie auf den Felsen klettern und ins Wasser springen. Mit der neuen Energie durch den Natur-Boost und das Wochenende vor Augen schwinge ich mich dann am späteren Abend auf die Tanzfläche im Blitz Club - das Lineup verspricht Daria Kolosova, Luke Slater, Freddy K. Mit den Betreibern Brane Peco und Sandra Forster habe ich im Blitz schon zusammen Veranstaltungen organisiert; das Programm hier ist immer herausragend und die Sound-Anlage weltklasse!

Samstag: Geschmackssensation

In der "Slrys Whisky Destillerie" in Schliersee gibt's nicht nur bayerischen Whisky, sondern auch einen ungewöhnlichen Espresso on the Rocks. (Foto: privat)

Die erholsamste Wochenendaktivität für mich ist eine Bergtour. Weil Hochsommer ist, wird es eher gemäßigt ins Mangfall gehen. Nach der Tour stoppe ich in der Slrys Whisky Destillerie in Schliersee. Auf der großen Terrasse mit Wendelstein-Blick gibt's für mich aber keinen Whisky sondern Espresso on the Rocks - eine kleine Geschmackssensation aus Kaffee mit Orange, Karamell und Haselnuss, und mit Eiswürfeln für einen Sommernachmittag genau richtig. Ich freue mich immer über lokale und regionale Gastro-Projekte und erkunde gern neue Locations. Zurück in München mache ich abends natürlich noch eine Runde durch die Jahresausstellung in der Kunstakademie.

Sonntag: Legendäre Passion

Mit zweijähriger Pandemie-Verzögerung hat Christian Stückl in Oberammergau seine vierten Passionsspiele inszeniert: die Kreuzigungsszene. (Foto: Sebastian Beck)

Heute bin ich gespannt auf die Passionsspiele in Oberammergau! Die Karte hatte ich schon für 2020 gekauft und freue mich daher umso mehr, dass es jetzt endlich soweit ist. Ich werde früh vor Ort sein, um den Geist dieser Spiele im ganzen Ort möglichst umfassend erleben zu können. Vor der Leistung aller Mitwirkenden und Christian Stückl mit seinem Team habe ich großen Respekt. Ich beende die Woche also mit einer guten Dosis (Ober-)Bayern, bevor es morgen dienstlich ganz woanders hingeht: nach Pristina zur "Manifesta". Auch das ein Großprojekt, das alle zwei Jahre an einem anderen europäischen Ort stattfindet und immer besondere Kunst-Entdeckungen bietet.

Eva Huttenlauch ist Sammlungsleiterin und Kuratorin für den Bereich "Kunst nach 1945" am Lenbachhaus in München. Dort kuratierte sie Einzelausstellungen von Michaela Melián, Thomas Bayrle, Sheela Gowda, Joseph Beuys oder die Gruppenausstellung "Favoriten III". Neue Kunst aus München". Huttenlauch studierte Kunstgeschichte und Romanische Philologie in Heidelberg und Rom und promovierte in Berlin. Danach war sie viel unterwegs für Projekte in New York, Rom, Venedig, Rotterdam und Frankfurt. Eva Huttenlauchs kuratorischer Schwerpunkt liegt auf der Verbindung von Bildender Kunst und Musik. Derzeit ist noch bis zum 18. September im Kunstbau die von ihr kuratierte Sound-Installation "Spatial Jitter" des Elektro-Duos "Mouse on Mars" zu sehen und zu hören.

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