Freischankflächen:Muss der Radweg an der Fraunhofer der Bewirtung weichen?

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Ein Wirt auf dem "Radl-Highway": Beppi Bachmaier vom Wirtshaus Fraunhofer möchte seine Freischankfläche gerne ausweiten. (Foto: Sebastian Gabriel)

Im Gärtnerplatzviertel sind durch die Corona-Krise viele Schanigärten entstanden. So einen will Wirt Beppi Bachmaier jetzt auch.

Von Franz Kotteder

Beppi Bachmaier ist selbst passionierter Radler und hat noch nie einen Führerschein besessen, aber von dem knallroten Radlweg, den ihm die Stadt vor einem Jahr vor die Wirtshaustür gebaut hat, ist er nicht begeistert. Vor allem, weil es immer wieder Probleme gibt, wenn er für sein Wirtshaus Fraunhofer etwas geliefert bekommt. Vereinzelt sind Autofahrer, die auf dem Weg kurz gehalten haben, von aggressiven Fahrradfahrern auch schon angespuckt worden, erzählt er. Das macht einen nicht gerade zum Freund des neuen "Radl-Highway Fraunhoferstraße", wie er die Strecke wegen ihrer imposanten Breite gerne nennt.

Wegen Corona, nicht wegen der Radler, hatte er sein Wirtshaus bislang geschlossen. Am Samstag aber will er es wieder aufsperren, und da fiel ihm auf, dass auf den schmalen Gehweg vor seinem Lokal bloß ein paar Tische passen, während im Rest des Gärtnerplatzviertels jede Menge Schanigärten in Parkbuchten entstanden sind. Könnte man auch in der Fraunhoferstraße machen, sagt Bachmaier. Denn schließlich sei der Radweg vor der Wirtschaft eigentlich nur ein Pilotversuch, der nur wegen Corona noch nicht formal beendet ist.

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"Was ist eigentlich", fragt er, "wenn die gegenüber anderen Straßen vom Lieferverkehr eh schon benachteiligten Gastronomen der Fraunhoferstraße auf das gleiche Recht für alle pochen und jetzt beschließen würden, auch die Schanigärten zu beantragen?" Immerhin handelt es sich um zehn Lokale entlang der Straße. Zusätzlich, so Bachmaier, könnte man sofort Tempo 30 anordnen: "Bislang gilt Tempo 50, und weil man wegen der Radwege jetzt die Straße so gut überblicken kann, rauschen die Autofahrer oft mit deutlich höherem Tempo durch." In letzter Konsequenz gebe es nur eine wirklich gerechte Lösung: "Die Innenstadt für den Autoverkehr mit Ausnahmen für Gewerbe, Taxis und Anwohner gleich ganz sperren."

Ziemlich begeistert reagierte die Rathaus-CSU auf Bachmaiers Vorstoß, sieht man vom letzten Vorschlag einmal ab. Die Fraktionsspitze in Gestalt von Manuel Pretzl und Hans Theiss stellte am Montag sofort den Antrag, Freischankflächen auf der Fraunhoferstraße zu erlauben, auf den beidseitigen Radweg zu verzichten und die einjährige Testphase umgehend für beendet zu erklären. Mit der Einführung einer Tempo-30-Zone sei "das Gefährdungspotenzial eh schon verringert".

Bei der Rathausmehrheit hingegen hat Bachmaier schlechte Karten. "Solche Schanigärten sollen nicht auf Kosten von Radfahrern entstehen", sagt Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher, "sondern auf Kosten von Parkbuchten." Seiner Ansicht nach hätten sich die Fahrradwege "sehr bewährt".

Sein Kollege als Mobilitätssprecher bei der SPD, Stadtrat Nikolaus Gradl, findet es "sehr schade, dass die CSU hier die Interessen von Gastwirten gegen die von Radfahrern ausspielt". Derzeit habe man hier einen markierten Fahrradweg, und nach den Regeln, die der Stadtrat beschlossen habe, könne man dort keine Terrassen anlegen. Das sei selbst in Tempo-30-Straßen, in denen Trambahnen fahren, wohl nicht möglich, sagt er. Man wolle sich aber nach der Sommerpause den Pilotversuch Fraunhoferstraße noch einmal genau ansehen.

Dann aber werden die Wirte im Gärtnerplatzviertel wohl darangehen, ihre Schanigärten für den Winter einzumotten. Ihre Kolleginnen und Kollegen in der Fraunhoferstraße haben das Pech, dass ihre Straße zum Symbol für den Gegensatz von Auto und Fahrrad geworden ist. Da kommt man mit der Forderung nach "gleichem Recht für alle" dann natürlich nicht mehr sehr weit.

© SZ vom 28.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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