Demo gegen Corona-Regeln:Die Polizei hat mit dem richtigen Augenmaß gehandelt

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Polizisten kontrollieren bei der Demonstration auf der Theresienwiese gegen die Corona-Maßnahmen die Einhaltung der Bestimmungen. (Foto: dpa)

Es hätte Gründe gegeben, die Corona-Demonstration in München wegen der Nichteinhaltung der Maskenpflicht aufzulösen. Doch es war richtig, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit hochzuhängen - und es bei Kontrollen zu belassen.

Kommentar von Heiner Effern

Die beiden Corona-Demos in München sind weitgehend friedlich abgelaufen. Das lag auch daran, dass die Polizei stark präsent war, letztlich aber ein in Bayern nicht immer praktiziertes Augenmaß zeigte. Natürlich gäbe es auch Argumente, die ein härteres Vorgehen gerechtfertigt hätten. Schließlich missachteten viele Teilnehmer Vorschriften, die eine Ausbreitung des Coronavirus verhindern sollen. Doch in Abwägung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit, der äußeren Umstände der Veranstaltung und des Umgangs der Gesellschaft mit den Hygieneregeln wäre eine Auflösung beider Corona-Demonstrationen überzogen gewesen.

Das Spannungsfeld bei den beiden Versammlungen, die "Querdenken 089" angemeldet hatte, war ein kniffliges. In Berlin waren ähnliche Demos am 29. August eskaliert, Rechtsextreme hatten die Stufen des Reichstags gestürmt und Reichsflaggen geschwenkt.

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Am Protest der sogenannten "Querdenker" haben doppelt so viele Menschen in München teilgenommen als ursprünglich angemeldet. Fast wäre es an der Maskenpflicht gescheitert.

München mit seiner belasteten NS-Vergangenheit hätte zahlreiche Orte für solche Provokationen geboten. Die Sorge davor verringerten die Organisatoren nicht, indem sie sich unbedingt vor der Feldherrnhalle treffen wollten. Einem Kultort der Nazis. Die Stadt schickte sie für ihre Hauptkundgebung auch deshalb auf die Theresienwiese, und die Polizei sicherte nicht nur die Feldherrnhalle massiv, sondern auch andere historische Gebäude und Plätze. Die Folge: Soweit bis Sonntag bekannt, wehten nirgends in München Reichsflaggen.

Abgesehen davon bezogen die Demonstrationen ihre Brisanz aus der Maskenpflicht, die in Bayern seit dieser Woche für Veranstaltungen dieser Größe eingeführt wurde. Dass diese Regel weitgehend missachtet würde, davon war auszugehen. Die Polizei hielt deshalb, und weil viel mehr als die 500 genehmigten Teilnehmer mitliefen, den Demozug schon kurz nach dem Start an. Und auf der Theresienwiese unterbrach sie die Kundgebung. Später zogen Beamte durch die Reihen und forderten jeden einzeln auf, die Maske zu tragen. Oft wurde sie nach kurzer Zeit wieder abgenommen. Ein Abbruch wäre deshalb vertretbar gewesen. Doch die enorm weite Fläche der Theresienwiese bot viel Raum für Abstand, der schließlich meist eingehalten wurde.

In der Fußgängerzone oder auf dem Viktualienmarkt drängten sich die Menschen an diesem Samstag deutlich dichter, ohne Maske und Abstände. Es war deshalb richtig, die Grundrechte hoch zu hängen und es bei Kontrollen und etwa 100 Anzeigen zu belassen.

© SZ vom 14.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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