Schließung von Testzentren:Spahns Versäumnis

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Das Gesundheitsreferat hat drei privaten Betreibern von Testzentren die Erlaubnis entzogen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

An den Missständen in den Münchner Testzentren ist nicht die Stadt schuld, sondern das Gesundheitsministerium.

Kommentar von Linus Freymark

Nun also greift das Münchner Gesundheitsreferat (GSR) durch. Am Wochenende hat die Behörde drei privaten Betreibern von Corona-Schnellteststationen die Betriebserlaubnis entzogen, nachdem es dort zu fehlerhaft negativen Testbescheiden gekommen war. Das harte Vorgehen ist richtig, schließlich war und ist das Vertrauen der Bürger in die Schnelltests elementar für die Öffnungsschritte nach dem Winter im Lockdown. Wer möchte schon neben jemandem auf dem Campingplatz Quartier beziehen, der zwar einen negativen Bescheid hat, aber nie getestet wurde?

Doch mit den Schließungen der Stationen wird allenfalls ein Symptom einer in Teilen völlig missratenen Teststrategie bekämpft. In fast schon beängstigender Geschwindigkeit wurden Teststellen aus dem Boden gestampft. Auf genaue Vorgaben für die privaten Betreiber wurde dabei verzichtet - von Kontrollen des Testungsablaufs durch die Behörden ganz zu schweigen. Die Verantwortung dafür liegt nicht bei der Stadt München. Sie liegt beim Bundesgesundheitsministerium, das die Lasten seiner verkorksten Strategie nun auf die kommunalen Gesundheitsämter abwälzt.

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Sie sollen die Kontrollen übernehmen, die Gesundheitsminister Jens Spahn in seiner Teststrategie zunächst vergessen hatte. Doch den lokalen Behörden fehlt es nach mehr als einem Jahr Dauerüberlastung an den nötigen Ressourcen, zusätzlich zum übrigen Corona-Wahnsinn auch noch die privaten Teststationen zu kontrollieren. Den Hinweisen von Privatpersonen auf Missstände wird so häufig erst nach öffentlichem Druck nachgegangen.

Die Folgen dieser fehlenden Kapazitäten reichen von mutmaßlichem Abrechnungsbetrug, wie er in Bochum praktiziert wurde, bis zu den Münchner Beispielen, die zwar weit von Betrug entfernt sind - doch im schlimmsten Fall kann ein falsch negativer Testbescheid die erfreulich niedrigen Inzidenzwerte wieder in die Höhe schnellen lassen. Dass bei den bis zu 150 000 Tests, die in München pro Woche von privaten Unternehmen durchgeführt werden, auch mal Fehler passieren, lässt sich vielleicht nicht vollständig vermeiden.

Klare Rahmenbedingungen könnten aber dabei helfen, das Risiko zu minimieren: Es braucht höhere Anforderungen an die Betreiber, die oft keinerlei medizinische Ausbildung haben, sowie an das Personal, das die Abstriche vornimmt und lediglich einen Online-Kurs absolvieren muss, um als ausreichend qualifiziert zu gelten. Das ist die Aufgabe von Jens Spahn, aber nicht die der Stadt. Aber genau das hat der Bundesgesundheitsminister versäumt. Was dabei herauskommt, was passiert, wenn ein Minister seinen Job nicht macht - nämlich fehlerhafte Tests und ein allein gelassenes Gesundheitsreferat - kann man gerade in München bestaunen.

© SZ vom 07.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Wegen zweifelhafter Vorgänge dürfen drei Betreiber einstweilen keine Schnelltests mehr vornehmen. In einem Fall hatte das Gesundheitsministerium lange gebraucht, um eine Beschwerde weiterzugeben.

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