Bildung:Praktikum für Gedöns

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Zerknüllte Matschhosen auf rechts drehen, Schuhe richtig herum anziehen, Wutanfälle aushalten: All das gehört zum Jobprofil eines Erziehers oder einer Erzieherin. (Foto: Armin Weigel/dpa)

An vielen Münchner Schulen gibt es das Berufs- und das Sozialpraktikum. Ist Arbeit im Kindergarten, im Pflegeheim oder in der Behindertenwerkstatt etwa kein Beruf?

Glosse von Nadeschda Scharfenberg

Der Zehntklässler der Familie hat gerade auf Geheiß seiner Schule eine Woche im Kindergarten verbracht. Er hat Essen ausgeteilt und später die Reste vom Boden aufgewischt, hat beim Anziehen von Matschhosen geholfen und im Garten mit kleinen Buben und Mädchen Fußball gespielt, während sich andere kleine Buben und Mädchen an seine Beine klammerten. Er hat verlorene Kuscheltiere gesucht, die Verwendung von Seife beim Händewaschen angemahnt und seinen eigenen Würgereiz unterdrückt, als sich zwei Kinder im Duett erbrachen. Das Magen-Darm-Virus hat er zwar nicht mit nach Hause gebracht, dafür aber Husten, Schnupfen und eine fiebrige Mittelohrentzündung.

Im Jahr davor hat der damalige Neuntklässler auf Geheiß seiner Schule eine Woche in der Social-Media-Abteilung eines Fußballvereins verbracht. Er hat bei Spieler-Interviews für das Fan-Fernsehen assistiert und Videos am Computer geschnitten, hat Pressekonferenzen vorbereitet, Trainingsszenen auf Instagram gepostet und die schönsten Tore der Saison recherchiert. Mit nach Hause brachte er ein T-Shirt mit allen Autogrammen.

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Welche der beiden Tätigkeiten ist ein Beruf? Und welche Gedöns?

Viele Gymnasien in München und im Umland schicken ihre Schülerinnen und Schüler in der Mittelstufe in zwei Praktika. Das eine nennt sich Berufspraktikum, das andere Sozialpraktikum. Womit die Frage beantwortet wäre: Bundesligafußball promoten ist in dieser Logik ein Beruf. Und Kinder professionell betreuen ist was für Leute, die Gutes tun wollen und sich sozial engagieren.

Ist doch wurscht, wie die Praktika heißen, könnte man sagen. Hauptsache, die Teenager werden in die Pflicht genommen, sich mal eine Woche lang um Kinder, Arme, Alte, Kranke oder Menschen mit Behinderung zu kümmern. Ja, stimmt einerseits. Andererseits fängt Anerkennung nun mal bei der Sprache an, Worte sind der Schlüssel zur Wertschätzung. Warum kann es nicht einfach Berufspraktikum I und Berufspraktikum II heißen, mit der Vorgabe, dass eine der beiden Arbeitsstellen eine soziale Einrichtung sein muss?

Das würde ausdrücken, dass der Beruf des Krankenpflegers, der Erzieherin oder des Streetworkers genau so viel wert ist (und finanziell wert sein sollte) wie der Beruf der Designerin, des Pressesprechers oder der Maschinenbau-Professorin. Der Mangel an Pflegekräften aller Art wäre damit nicht behoben, aber vielleicht wäre es ein kleiner Anfang.

Der Zehntklässler, der eigentlich "nicht so Bock" hatte auf das soziale Berufspraktikum, hat in sein Arbeitsprotokoll geschrieben: "Erzieher ist anstrengend, macht aber riesig Spaß." Die Anerkennung der Kinder erreichte ihn in Form von Freundebüchern, die er abends noch ausfüllte. Seine Antwort auf die Frage "Was willst du später werden?": irgendwas im Bereich Fußball.

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