Ihre kostbarsten Schätze verstecken Menschen gern so, dass sie nicht so leicht zu finden sind. Die Schatzhüter des Freistaats Bayern zum Beispiel haben ihre archäologischen Fundstücke am Rand des Englischen Gartens gebunkert, in einer kleinen Seitenstraße hinter dem Nationalmuseum, getarnt in einem Schachtelkomplex, dessen rot-braune Fassade den Eindruck erweckt, als wäre alles verrostet. "Das soll so sein", versicherte Markus Blume, Bayerns Minister für Wissenschaft und Kunst, als er am Montagmittag die Schatztruhe wieder öffnete, in einem Festakt und gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten Markus Söder, seinem Parteikollegen von der CSU.
Acht Jahre lang war die Archäologische Staatssammlung in der Lerchenfeldstraße wegen Sanierungsmaßnahmen geschlossen, am Mittwoch macht sie nun auch für das interessierte Publikum wieder auf, bis Sonntag ist der Eintritt für alle frei. Danach müssen Erwachsene sieben Euro bezahlen, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren dürfen weiterhin umsonst hinein. Vor allem sie sollen verstärkt angesprochen werden von der "top-modernen Präsentation", wie Ministerpräsident Söder schon mal schwärmte: "Alles in Neubauqualität."
Dazu gehört auch die Fassade aus Cortenstahl, einem wetterfesten Baustahl, dessen Legierung die Oberfläche vor weiterer Korrosion schützen soll und dem Ganzen eine gewisse Patina verleiht. Diesen Stahl hat man schon beim 1976 eingeweihten Altbau verwendet, er ist im Zuge der 66 Millionen Euro teuren Generalsanierung wieder herausgeputzt worden; das Gebäude erstrahlt jetzt "in altem, neuem Glanz", wie Blume es in seinem Grußwort formulierte.
Der äußere Glanz ist zwar ziemlich matt, aber wahren Glanz verbreitet die Archäologische Staatssammlung sowieso eher im Inneren. Sammlungsdirektor Rupert Gebhard verspricht den künftigen Besuchern, dass die Ausstellung sie "emotional berühren" wird: "Das ist keine verkopfte Konstruktion." Speziell das junge Publikum soll angesprochen werden durch Graphic Novels des Münchner Comiczeichners Frank Schmolke, dazu kommt ab Juli die Installation von Augmented Reality, also die Möglichkeit einer erweiterten Wahrnehmung der Wirklichkeit mit Computerhilfe.
Schon jetzt kann man freilich digitale Vermittlungsformen nutzen. Die Kabarettistin Luise Kinseher ("Mama Bavaria") hat Aufnahmen für eine Audiotour eingesprochen, und mittels eines QR-Codes kann man sich von seinem Smartphone durch die Räume leiten lassen - eine wertvolle Hilfe angesichts der rund 15 000 ausgestellten Exponate, die doch nur einen Bruchteil der Sammlung darstellen. In den Depots lagern etwa 20 Millionen Objekte, das ganze Spektrum umfasst einen Faustkeil aus den letzten 100 000 Jahren vor Christus bis hin zu einem Geschirr, das Ende des Zweiten Weltkriegs in München verschüttet und 2012 wieder ausgegraben wurde.
In seinem Grußwort wies Ministerpräsident Söder darauf hin, wie sich das Bild der Archäologie gewandelt habe in den vergangenen drei, vier Jahrzehnten. "Früher war es so: Man buddelt und gräbt. Heute sind es moderne Detektive", sagte er und griff dabei für einen Vergleich auf den vielleicht bekanntesten Archäologen der Moderne zurück, die vom Schauspieler Harrison Ford verkörperte Filmfigur Indiana Jones. "Das ist nicht mehr wie Indiana Jones, sondern CSI: Geschichte."
Dementsprechend ist das Museum nicht als Aneinanderreihung von Funden konzipiert, vielmehr sollen historische Zusammenhänge und gesellschaftliche Entwicklungen im Lauf der Jahrtausende herausgearbeitet und deutlich gemacht werden. Söder bekannte, dass ihn Geschichte "immer interessiert, fasziniert, begeistert" habe und ihn nach seiner politischen Karriere durchaus noch ein Studium der Archäologie reize. Er sei sicher, dass das neu gestaltete Museum "enorm inspirieren und auch begeistern wird".
Überhaupt wurde die Archäologie, die Wissenschaft von Altertum und Entwicklung der Menschheit, an diesem Tag in höchsten Tönen gepriesen und als spannende Sache gelobt. "Wir sind Zeitreisende", warb Sammlungsdirektor Gebhard in seiner Eröffnungsrede für sein Metier. Fachminister Blume bezeichnete die Staatssammlung als einen Ort, "wo man eine Expeditionsreise starten kann". Angesichts der vielen Entdeckungen, die man dort machen könne, "bekommt man ein tiefes Bewusstsein dafür, was dieses Land schon bewegt hat".
Angesichts des voll besetzten Saals beim Festakt konstatierte Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin und gebürtiger Münchner: "Das ist das richtige Zeichen für die Archäologie." Bayern brauche ein solches Haus wie die Staatssammlung, München sei schon seit Längerem ein "Ort der prähistorischen Spitzenforschung".
Markus Blume warf dann noch ein, dass die generalsanierte Staatssammlung das Münchner Lebensgefühl prima ergänze, mit seiner Nähe zur Eisbachwelle und zum Englischen Garten und "ab sofort auch mit einer Dachterrasse vom Allerfeinsten". Die dortige Bar sei unabhängig von den Öffnungszeiten des Museums zu besuchen, so Blume: "Das ist eine wichtige Botschaft für alle Aperol-Freunde."