ÖPNV:Politiker lassen sich kein X vor die U5 machen

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Am Bahnhof Neuperlach-Süd geht es eng zu. Nun wird ausgelotet, wo Gleise für die Verlängerung der U5 sowie die Erweiterung der S-Bahn verlegt werden können. (Foto: Sebastian Gabriel)

Auch wenn seitens des Bundesverkehrsministeriums eine Finanzierungszusage fehlt, geht man im Landkreis München weiter von einer Verlängerung der U-Bahn über Neuperlach-Süd nach Ottobrunn aus.

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn/Taufkirchen

Wie eng es am Bahnhof Neuperlach-Süd und insbesondere auf der Carl-Wery-Straße rund um die oberirdische Station zugeht, lässt sich vor allem in den Stoßzeiten beobachten: Um die 30 Busse kommen hier stündlich an und fahren ab und sind wie die Linie 210 nach Ottobrunn, eine der am höchsten ausgelasteten Linien im Landkreis München, in der Rushhour bis auf den letzten Platz gefüllt. In wenigen Jahren soll vor allem die U-Bahn einen Großteil der Pendlerinnen und Pendler aus der Landeshauptstadt bis nach Neubiberg, Ottobrunn und Taufkirchen transportieren und dadurch auch den 210er Bus entlasten. Nur welchen Weg die U-Bahn von Neuperlach-Süd aus einschlagen wird, welchen Verlauf sie konkret nehmen wird, steht immer noch nicht fest.

Kurzfristig ging vor allem in der Landeshauptstadt in der vergangenen Woche die Angst um, dass gleich mehrere wichtige Infrastrukturprojekte nicht realisiert werden könnten, weil der Bund möglicherweise notwendige finanzielle Förderungen nicht nach Bayern überweisen wird. Denn in einem aktuellen Entwurf des Bundesverkehrsministeriums wurden etwa die Verlängerung der U5 am anderen Ende von Laim nach Pasing, der Bau der U9 und eben die Verlängerung der Trasse von Neuperlach-Süd in den südöstlichen Landkreis München in die Kategorie C eingestuft - und diese Kategorisierung bedeutet: Vorhaben angemeldet, keine Fördermittelzusage. Die Rechnung ist eigentlich einfach: keine Förderung, keine U-Bahn.

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Doch diese Einstufung des Projekts durch das Bundesverkehrsministerium von Ressortchef Volker Wissing (FDP) beunruhigt Münchens Landrat Christoph Göbel (CSU) überhaupt nicht. "Denn dafür sind wir mit dem Vorhaben in einem viel zu frühen Stadium. Wichtig ist, dass die Verlängerung beim Ministerium angemeldet ist", so Göbel. Auch Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer, ebenfalls CSU und einer der vehementesten Verfechter der Verlängerung der Trasse, will die Kategorisierung C nicht überbewerten: "Ich warte eher darauf, wie sich die Planungen in Neuperlach-Süd entwickeln. Wie die unterschiedlichen Akteure hier zusammen kommen. Deshalb hätte es mich auch gewundert, wenn der Bund jetzt schon Zusagen für eine Förderung gemacht hätte."

Tatsächlich liegt der Ball bei den Planungen nun bei der Stadt München und den Stadtwerken, die mit ihren eigentlich schon abgeschlossenen Planungen für den Bau eines U-Bahn-Betriebshofs in Neuperlach-Süd die Verlängerung der U-Bahn und auch den zweigleisigen Weiterbau fast schon beerdigt hatten. Denn wäre der Betriebshof wie angedacht zwischen Arnold-Sommerfeld-Straße, Lise-Meitner-Weg und der Kleingartenanlage gebaut worden, hätten die für den U-Bahn- und S-Bahn-Bau notwendigen Vorhaltemaßnahmen nicht mehr realisiert werden können. Nur unter erheblichem Druck aus dem Landkreis München sind die Planungen noch einmal angepackt worden. "Jetzt gibt es die Zusagen auch der Stadt, alles noch einmal aufzumachen, obwohl es beim Betriebshof zu Verzögerungen von drei Jahren kommen kann", sagt Landrat Göbel. "Aber wir sind mit der U-Bahn und dem zweiten Gleis in den Planungen drin."

Bisher endet die U5 am Bahnhof Neuperlach-Süd. (Foto: Florian Peljak)

Für die Realisierung der U5-Verlängerung spricht zudem, dass das Projekt U-Bahn, das vor Jahren auf etwa eine halbe Milliarde Euro geschätzt worden war, mittlerweile das notwendige Nutzen-Kosten-Verhältnis erfüllt und damit durch den Bund gefördert werden kann. Die Ampelkoalition in Berlin hat zudem angekündigt, von 2025 an zwei Milliarden Euro über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz in den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs zu pumpen. Dennoch sagt Markus Büchler, Kreisrat und Landtagsabgeordneter der Grünen aus Oberschleißheim: "Natürlich muss man in Sorge sein, dass dem Bund irgendwann das Geld ausgeht." In Panik müsse im Landkreis aber niemand verfallen, das Vorhaben befinde sich ja bereits in der Vorplanung. "Meine Sorge ist vielmehr, dass die zweite Stammstrecke die Finanzierung und die Kapazitäten sprengt. Es wäre wesentlich schlauer, von der Stammstrecke abzurücken, denn wir haben ja nicht nur Neubauprojekte in ganz Bayern, sondern auch Grunderneuerungen und Sanierungen", so der Grünen-Verkehrsexperte.

"Eine U-Bahn übersteigt die Leistungsfähigkeit eines Landkreises"

Landrat Göbel indes sieht in der zweiten Stammstrecke "keine Konkurrenzveranstaltung" zur U5-Verlängerung. Es brauche beide Projekte, um den immer verflochteneren Pendlerbeziehungen zwischen Stadt und Landkreis gerecht zu werden. Aber klar sei auch, dass der Bund weit mehr Geld als bisher zugesichert für den Ausbau der Schieneninfrastruktur in die Hand nehmen müsse. "Für die Zweigleisigkeit von Trassen, Taktverdichtungen, Ringschlüsse, polyzentrale Beziehungen."

Wann mit der konkreten Planung begonnen werden kann und damit auch der Ausarbeitung der Kosten, die schon durch die gestiegene Inflation deutlich höher liegen werden als noch vor wenigen Jahren geschätzt, hängt nun maßgeblich davon ab, wie die Stadt München den Knotenpunkt Neuperlach-Süd ausgestalten will. Die Finanzierung der Planungen seitens des Landkreises für die Vorhaltemaßnahmen einer U-Bahn-Verlängerung müsse dann der Freistaat übernehmen, fordert der Ottobrunner SPD-Kreisrat und Landtagskandidat Florian Schardt. "Eine U-Bahn übersteigt die Leistungsfähigkeit eines Landkreises. Daher muss in diese Projekte, die noch unseren Enkelkindern zugute kommen werden, investiert werden. Und da darf auch das Bekenntnis des Freistaats für eine Verlängerung der U-Bahn und die Zweigleisigkeit der S-Bahn etwas lauter sein."

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