Medizinische Versorgung:Dialysepatienten verlieren ihren Anlaufpunkt

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Wer auf Dialyse angewiesen ist, muss bis zu dreimal in der Woche zur Behandlung kommen. (Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa)

Das Nierenzentrum in Neuried schließt nach drei Jahrzehnten zum 30. Juni. Wer auf eine regelmäßige Blutreinigung angewiesen ist oder eine Transplantation erhalten hat, muss künftig nach Laim oder Germering ausweichen. Die Einrichtung im Würmtal ist nicht die Erste, die der Betreiber KfH angesichts des Kostendrucks aufgibt.

Von Annette Jäger, Neuried

Das Nierenzentrum in Neuried, seit fast 30 Jahren medizinisches Versorgungszentrum unter anderem für Dialysepatienten, schließt zum 30. Juni. "Wirtschaftliche Nöte" nennt der Betreiber, das Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation (KfH) mit Sitz im hessischen Neu-Isenburg, als Grund. Schon seit Längerem sei ein wirtschaftliches Arbeiten nicht mehr möglich. Auch die benachbarten Nierenzentren des Anbieters in Laim und Germering seien nicht ausgelastet. Die nephrologische Versorgung soll deshalb an diesen beiden Standorten gebündelt und diese damit wirtschaftlich gestärkt werden.

Es ist nicht die erste Schließung eines Nierenzentrums, die das KfH vornimmt. In der näheren Umgebung wurde schon im Jahr 2021 der Standort in Tutzing im Landkreis Starnberg geschlossen, auch hier waren wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend. Das Kuratorium betreibt bereits seit 1974 ein Nierenzentrum im Würmtal, zuerst in Martinsried. Im Jahr 1996 erfolgte der Umzug nach Neuried. In den letzten 25 Jahren habe sich "viel getan", was die Versorgung von nierenkranken Menschen angehe, sagt der zuständige Geschäftsleiter Robert Tauber. Neue Leistungsanbieter seien zugelassen worden. Die Wettbewerbersituation sei heute eine andere. Wie in allen Sparten des Gesundheitssystems herrsche ein "enormer Kostendruck". Gerade als gemeinnütziger Anbieter müsse das KfH besonders sparsam und effizient mit Finanzen umgehen und seine Kapazitäten bestmöglich nutzen.

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In Neuried komme hinzu, dass die Immobilie, in dem das Nierenzentrum residiert, "riesengroß" sei, so Tauber. Für das aktuelle Patientenaufkommen - neben den knapp 50 Dialysepatientinnen und Patienten werden rund 130 Personen in der nephrologischen Sprechstunde betreut - sei es überdimensioniert. Und leer stehende Flächen könne man sich in einer teuren Region wie München kaum leisten. Noch dazu habe das Neurieder Zentrum eine ungünstige Lage im Gewerbegebiet an der Gautinger Straße. Vom Ortszentrum ist es mehr als einen Kilometer entfernt.

Das Nierenzentrum in Neuried liegt ungünstig im Gewerbegebiet und ist laut KfH in einer überdimensionierten Immobilie untergebracht. (Foto: Florian Peljak)

Wer auf Dialyse angewiesen ist, muss laut Tauber in der Regel bis an sein Lebensende bis zu dreimal pro Woche zur Blutreinigung, außer er erhalte eine Nierentransplantation. Das Zentrum kooperiert hier unter anderem mit dem Klinikum Großhadern und niedergelassenen Ärzten. In dem Nierenzentrum werden auch Betroffene auf eine Transplantation vorbereitet sowie nach dem Eingriff weiter betreut. Für die Neurieder Patientinnen und Patienten könne weiter eine "wohnortnahe" Versorgung sichergestellt werden, verspricht Tauber. Sie könnten ihre Behandlung lückenlos in Laim oder Germering fortsetzen. Für etwa die Hälfte der Betroffenen verbessere sich dadurch sogar die Versorgung, da für viele der Weg nach Laim ohnehin kürzer sei.

Die Beschäftigten sollen Angebote in der Umgebung erhalten

Die zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im medizinischen Bereich ohne ärztliche Ausbildung sowie die Auszubildenden hätten bereits ein Angebot zur Weiterbeschäftigung in benachbarten KfH-Zentren erhalten. In München und der näheren Umgebung gibt es nach der Schließung des Neurieder Zentrums insgesamt noch sieben Versorgungseinrichtungen, unter anderem in Unterhaching und Oberschleißheim.

Die Gemeinde Neuried habe vor einigen Jahren in Absprache mit dem MVV extra eine eigene Bushaltestelle für das Nierenzentrum eingerichtet, damit es besser erreichbar sei, sagt Bürgermeister Harald Zipfel (SPD). Die Behandlung im Zentrum stelle allerdings eine körperliche Belastung dar, weshalb die meisten Patientinnen und Patienten mit dem Auto in die Einrichtung kämen. Das Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation ist Eigentümer der Immobilie an der Gautinger Straße. Die Option eines Verkaufs wird laut Tauber diskutiert. Zipfel ist zuversichtlich, dass das Gebäude schnell wieder einen neuen Verwendungszweck findet. Er stellt sich dort einen Handwerkerhof vor, in dem mehrere Betriebe unterkommen. Es gebe genug Lagerfläche und auch eine Tiefgarage.

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