Um als Listenkandidat in den bayerischen Landtag einzuziehen, braucht man Geduld und starke Nerven. Bis zum späten Dienstagnachmittag wurden zumindest in Oberbayern die Stimmen ausgezählt, zuletzt warteten alle noch auf die Ergebnisse aus München. Dann stand endlich fest: Den beiden Grünen Claudia Köhler und Markus Büchler sowie Nikolaus Kraus von den Freien Wählern ist der Wiedereinzug ins Landesparlament geglückt.
Somit hat der Landkreis München mit den beiden Stimmkreisgewinnern von der CSU, Kerstin Schreyer und Maxililian Böltl, künftig fünf Vertreter und Vertreterinnen im Maximilianeum. Das sind zwei weniger als in der abgelaufenen Legislaturperiode, in der noch Natascha Kohnen von der SPD und Helmut Markwort von der FDP dem Landtag angehörten. Die FDP hat dieses Mal die Fünf-Prozenthürde gerissen, die SPD ging im Landkreis München bei der Wahl am vergangenen Sonntag aufgrund des schlechten Gesamtergebnisses leer aus.
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Wenn auch knapp schaffte Florian Schardt es mit dem achtbesten SPD-Ergebnis in Oberbayern (10 683 Stimmen) nicht, ein Mandat zu bekommen, denn nur sechs Sozialdemokraten aus dem Regierungsbezirk schafften den Einzug. Am Ende fehlten dem Ottobrunner und SPD-Kreisvorsitzenden 1795 Stimmen. Seine Parteikollegin Christine Himmelberg aus Taufkirchen kam auf Platz 13 (8932 Stimmen). Auch den beiden AfD-Kandidaten im Landkreis München gelang der Einzug in den Landtag nicht. Christina Specht aus Putzbrunn erreichte Rang 18 ihrer Partei (12 556 Stimmen), Peter Kremer aus Unterschleißheim Platz 23 (10496 Stimmen). Acht Kandidaten der AfD kamen in Oberbayern über die Liste ins Parlament.
In der zurückliegenden Legislaturperiode waren noch sieben Abgeordnete aus dem Landkreis gekommen
Für die Ermittlung der Rangfolge werden Erst- und Zweitstimmen addiert. Bei den Grünen, die bayernweit sechs Sitze verloren haben, blieben aus Oberbayern 14, wovon vier an Direktkandidaten gingen, die ihre Stimmkreise gewonnen hatten. Von den zehn Grünen, die in Oberbayern über die Liste einziehen, holte der Oberschleißheimer Büchler die meisten Stimmen (28006), darunter beachtliche 8176 Zweitstimmen. "Es war für mich eigentlich keine Zitterpartie, ich war mir am Sonntagabend schon ziemlich sicher, dass es geklappt hat, weil ich auch mein Ergebnis bei den Erststimmen halten konnte", sagte der Grünen-Abgeordnete, der abermals im Stimmkreis Süd angetreten war.
Insgesamt konnte Büchler sich im Vergleich zur vorherigen Wahl, als er bei seinem Debüt das achtbeste Resultat der Grünen einfuhr, sogar auf Platz fünf verbessern, was ihn persönlich freut. Die Zweitstimmen hat er aus ganz verschiedenen Stimmkreisen bekommen. "Da zeigt sich, dass ich mit den Verkehrsthemen in ganz Bayern unterwegs war", sagt Büchler. Er hatte sich erhofft, dass die Fraktion in der neuen Legislaturperiode so aufgestellt sein würde, dass zwei Abgeordnete dieses umfangreiche Thema beackern können. Doch da die Grünen nicht mehr, sondern weniger geworden sind, ist er nicht mehr so zuversichtlich, dass dies klappen könnte.
Die Unterhachingerin Claudia Köhler, Direktkandidatin der Grünen im nördlichen Stimmkreis, spricht am Dienstagabend von einer "großen Erleichterung". Schließlich seien sie ja drei Grüne weniger als 2018, die aus Oberbayern über die Liste einziehen. Insgesamt auf Rang neun war es mit 22 648 Stimmen für die Haushaltsexpertin am Ende dann doch eine klare Sache. Auch Parteikollege Benjamin Adjei, der lange in Taufkirchen gelebt hatte und 2018 in München kandidierte, hat den Wiedereinzug geschafft.
Jetzt erhofft sich Köhler nach eigenen Worten vor allen "einen Schulterschluss" der demokratischen Parteien, "denn 30 Prozent der Wähler haben rechts der CSU gewählt. Wir können den braunen Spuk nur in Schacht halten, wenn wir zusammenhalten", mahnt Köhler und appelliert an alle Parteien, "den Diskurs wieder auf Sachebene zu führen". Thematisch möchte sie weiter im Haushaltsausschuss arbeiten, "da habe ich mich jetzt gut eingearbeitet".
Für Nikolaus Kraus aus Ismaning war es am Ende doch noch ein sicherer Wiedereinzug. Er überquerte mit 21404 Stimmen als Neunter der Freien Wähler die Ziellinie. In Oberbayern gewann die Partei ein Direktmandat, zehn Kandidaten zogen über die Liste ein. Vor der endgültigen Auszählung hatte er noch von einer "50:50-Chance" gesprochen, zum dritten Mal in den Landtag gewählt worden zu sein. Kraus war am Dienstagabend nicht für ein Statement zu erreichen.
Schon am Sonntagabend hatte sich SPD-Kreisvorsitzender Schardt eigentlich ausgerechnet, das es für ihn nicht reichen würde. "Ich bin Realist", sagt er, "als ich das Ergebnis der SPD gesehen habe, war das klar, dass es nicht mehr Sitze aus Oberbayern werden würden." Aus Erfahrung weiß er auch, dass bei seiner Partei meist Kandidaten aus sozialen Berufen und Blaulicht-Berufen wie Polizei und Rettungskräfte gewählt werden. Vor allem sind diejenigen wieder reingekommen, die bereits im Landtag saßen. Er selbst ist als Neuling und Unternehmer daher ganz zufrieden mit seinem Ergebnis. Bei den vorangegangenen Wahlen wäre er mit dieser Platzierung noch locker in den Landtag gekommen.