Schülerbeförderung:Hunderte Eltern müssen künftig Schulbus bezahlen

Lesezeit: 3 Min.

Die Fahrt mit dem Schulbus wird im Landkreis München vom kommenden Schuljahr an für manche Kinder und deren Eltern teurer. Der Kreis zieht sich aus der Kostenerstattung zum Teil zurück. (Foto: Georgine Treybal)

Der Landkreis streicht die Kostenerstattung für Kinder, die entferntere Schulen besuchen. Damit will man die Schülerströme steuern.

Von Martin Mühlfenzl, Oberhaching

Die Container am S-Bahnhof Deisenhofen in Oberhaching stehen bereits. Mit Beginn des neuen Schuljahres werden dort auf dem neuen Schulcampus, der noch ein echtes Provisorium darstellt, die ersten Kinder in der neuen Realschule Oberhaching unterrichtet. Allerdings werden es voraussichtlich deutlich weniger Schülerinnen und Schüler sein, als die neue Schule tatsächlich aufnehmen könnte. Stand jetzt, sagt Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU), kommen "mit Ach und Krach" nur zwei Vorläuferklassen statt der geplanten drei zusammen - was unter anderem damit zusammenhängt, dass viele Eltern ihre Kinder nach wie vor auf weiter entfernte Schulen etwa in Holzkirchen im Nachbarlandkreis Miesbach schicken. Dieser Entwicklung will der Landkreis München nun entgegenwirken, indem er künftig die Kosten der Schülerbeförderung nur noch übernimmt, wenn Eltern ihre Kinder auf die nächstgelegene Schule schicken.

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Vor zwei Jahren hat der Kreistag beschlossen, Schülerbeförderungskosten auch dann zu übernehmen, wenn die nächstgelegene Schule überfüllt ist. Dass der Kreisausschuss des Kreistags diese Entscheidung nun revidiert, hat viel mit der neuen Realschule am S-Bahnhof Deisenhofen zu tun; aber auch mit dem geplanten und bereits beschlossenen Gymnasium in Putzbrunn und der Realschule in Hohenbrunn. "Wir setzen ein neues Schulangebot in drei Gemeinden um", sagte Landrat Christoph Göbel (CSU) im Ausschuss. "Die Kinder aus diesen Kommunen sollen bewusst dort hingelenkt werden."

In der jüngeren Vergangenheit aber war dies gerade im südöstlichen Landkreis nicht immer möglich. Vor allem die Gymnasien in Neubiberg und Ottobrunn hatten bis zu ihrer Sanierung oder Erweiterung massive Kapazitätsprobleme, sodass etwa Schüler aus Aying nicht aufgenommen werden konnten und stattdessen aufs Gymnasium in Holzkirchen gingen - obwohl die Gemeinde Aying Teil des Zweckverbands weiterführender Schulen im südöstlichen Landkreis München ist und die landkreiseigenen Gymnasien mitfinanziert.

Am S-Bahnhof Deisenhofen entsteht der neue Schulcampus. Zum kommenden Schuljahr werden dort in Containern die ersten Realschüler unterrichtet. (Foto: Claus Schunk)

Die Realschule am Schulcampus in Oberhaching wird die sechste im Landkreis München sein. Mit ihr und dem Neubau in Hohenbrunn wird laut Landrat Göbel langfristig eine Lücke bei der Schulplanung gerade im südöstlichen Landkreis München geschlossen. Dies gelte auch für die neuen Gymnasien in Aschheim, Sauerlach und Putzbrunn. In 18 der 29 Städte und Gemeinden des Landkreises wird es dann ein staatliches Gymnasium geben.

Auch die Oberland Realschule Holzkirchen übt bis heute eine starke Anziehungskraft auf Schülerinnen und Schüler etwa aus Sauerlach aus, die dort unterrichtet werden, weil die Realschule in Taufkirchen kaum mehr Kapazitäten hat. Oberhachings Rathauschef Schelle spricht von "Gewohnheit". Gerade einmal zwei Schüler aus Sauerlach seien bisher an der neuen Realschule in seiner Gemeinde angemeldet. "Der Rest fährt gewohnheitsbedingt immer noch nach Holzkirchen." Laut Schelle besuchen 15 bis 20 Prozent aller Schüler nicht die nächstgelegene Schule.

Der Kreis hat in den vergangenen Jahren viele Schulen gebaut, nun sollen diese auch genutzt werden

Die für ihre Beförderung anfallenden Kosten aber will der Landkreis München nicht mehr tragen - weil er mittlerweile die entsprechenden Kapazitäten mit neuen Schulen aufgebaut hat, die dafür sorgen, dass jedes Kind an der nächstgelegenen Schule auch einen Platz findet. Und daher, so Landrat Göbel, dürften auch keine Fehlanreize mehr gesetzt werden, die Eltern ermutigen könnten, ihre Kinder auf eine weiter entfernte Einrichtung zu schicken. Schelle spricht davon, dass jetzt "ein Rückschritt in eine alte Gerechtigkeit erfolge". Dies, so der Bürgermeister, werde in ganz Bayern so gehandhabt.

Die Frage, ob die Transportkosten nur noch bei Fahrten in die nächste Schule übernommen werden sollen, wurde aber nicht von allen Kreisräten so eindeutig beantwortet. Grünen-Fraktionschef Christoph Nadler sagte, es sei natürlich das ureigenste Interesse des Landkreises, dass seine eigenen Schulen ausgelastet sind; allerdings müsse auch der Elternwille berücksichtigt werden. Zudem, so Nadler, sei das bayerische Schulsystem sehr heterogen. Bestimmte Zweige würden nicht immer an der nächsten Schule angeboten. Dennoch stimmte auch seine Fraktion für die Neufassung der Regelung, nachdem Geschwisterkinder auch künftig davon ausgenommen werden.

SPD-Fraktionschef Florian Schardt indes plädierte dafür, die bisherige Regelung beizubehalten, und hinterfragte, ob mit der Neuausrichtung tatsächlich eine "Lenkungswirkung" auf Eltern greife. Schardt zufolge rechtfertigten die wenigen Fälle, um die es gehe, kein weiteres bürokratisches Konstrukt zusätzlich zu den ohnehin komplizierten Regelungen des Freistaates bei der Schülerbeförderung. Angaben zu den voraussichtlichen Einsparungen im Kreishaushalt, die durch die Kürzung erzielt werden, machte das Landratsamt nicht. Für Hunderte Eltern aber bedeutet die Entscheidung, dass sie das Bus- oder S-Bahn-Ticket für ihre Kinder vom kommenden Schuljahr an selbst bezahlen müssen. Das sind einige hundert Euro - und zwar schon vor der 10. Klasse. Ab dieser entfällt die Kostenfreiheit des Schulwegs ohnehin.

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