Großkonzerte in München:Welche Bands 2023 auf dem Königsplatz spielen

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Nur echt mit dieser Zunge: Gene Simmons (l.) und Paul Stanley im klassischen "Kiss"-Outfit. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Open-Air-Konzerte sollen der Würde des historischen Ortes Rechnung tragen. Das gelingt heuer bei Auftritten von Peter Gabriel, "Mötley Crüe", "Kiss" und anderen wohl mal mehr, mal weniger.

Von Michael Zirnstein

Rund um das Konzert von Roger Waters wurde wieder einmal heftig diskutiert, welche Musiker in München auch von offizieller Seite willkommen sind. Trotz seiner von vielen Menschen unerwünschten israelfeindlichen Äußerungen konnte die Stadt den Auftritt des Pink Floyd-Mitgründers nicht einmal auf eigenem Grund verhindern, wegen einer fehlenden Rechtsgrundlage und dem Auftrag der Olympiapark GmbH der Gewinnerzielung. Auf dem Königsplatz sieht das anders aus. Dort kann die Stadt die Künstler auch nach moralischen Gesichtspunkten selbst auswählen. Denn in den Richtlinien für Veranstaltungen auf öffentlichem Verkehrsgrund steht, dass die Konzert- und Kinoveranstaltungen "den besonderen historischen Belangen des Platzes (...) gerecht werden müssen". Damit ist vor allem gemeint, dass die Nationalsozialisten den von Ludwig I. als ein klassizistisches Zentrum seines Isar-Athens angelegten Platz für ihre Propaganda missbrauchten, etwa für einen sogenannten Ehrentempel oder eine Bücherverbrennung.

Veranstalter dürfen sich also für drei Konzertwochenenden mit je zwei Veranstaltungen bewerben, das Kreisverwaltungsreferat wählt dann aus. Es seien "Einzelfallentscheidungen", teilt das KVR mit, feste Kriterien seien "nicht zielführend", gegebenenfalls würden andere Referate beteiligt (vor Jahren wurde beim Kulturreferat einmal angefragt, ob ein DJ wie Paul Kalkbrenner überhaupt als Künstler einzustufen sei).

Immer oben ohne: Statt seiner Haarpracht bei seinen alten Solo-Hits wie "Sledgehammer" zeigt Peter Gabriel seit zwanzig Jahren Glatze. (Foto: Michele Turriani)

Der Auftritt von Peter Gabriel am ersten Konzertwochenende dürfte keine Nachfragen ausgelöst haben. Der britische Musiker gilt als Vorbild an Redlichkeit. Er hat Menschenrechtsorganisationen wie Witness mitgegründet und das einflussreiche Weltmusikfestival Womad, 2006 erhielt er von Nobelpreisträgern die "Man of Peace"-Würde. Der 73-Jährige setzt sich generell für Mensch und Umwelt ein. Legendär sind seine Forschungen zur Musikalität von Affen.

Ja, alles ist eins, diese Botschaft, hält auch sein Album "I/O" zusammen, was für "Input/Output" steht. Zwölf Jahre nach "New Blood" veröffentlicht der einstige Genesis-Sänger wieder - und das Song für Song zu jeder Mondphase, jeweils in verschiedenen Abmischungen, um die Künste der Tontechniker zu würdigen. Es gibt etwa immer eine "Bight Side"-Version zu Vollmond und eine "Dark Side Version" zu Neumond. Der Titeltrack "I/O" ist ein sehr freundliches Spätwerk darüber, dass Menschen keine Inseln sind, sondern mit allem verbunden: "I walk with my dog and I whistle with a bird /Stuff coming out, stuff going in / I'm just a part of everything", singt er da. Und man kann sich vorstellen, dass das ein wunderbarer friedvoller Open-Air-Song wird auf seiner ersten Europa-Tournee seit fast zehn Jahren.

Hubert von Goisern spielt am 16. Juni schon sein drittes Konzert auf dem Königsplatz. (Foto: Konrad Fersterer)

Die führt ihn wieder auf den Königsplatz, wo er 2002 im Rahmen des Geburtstagsfestivals von Virgin Records eines seiner immer fantastisch inszenierten Konzerte in München gab - übrigens wie sein ebenfalls der Weltmusik und dem Humanismus zugewandter österreichischer Kollege Hubert von Goisern, der heuer nach 2015 schon seit drittes großes Freiluft-Konzert hier spielt (16. Juni). Bei einem späteren Auftritt jedenfalls steppte Peter Gabriel einmal kopfüber an der Decke der Olympiahalle, und das verbindet ihn wiederum mit der Mötley Crüe, die heuer den Open-Air-Reigen am Königsplatz in einem Doppelkonzert gemeinsam mit Def Leppard eröffnen.

Verneigen sich vor dem Bier von Löwenbräu: Mötley Crüe. (Foto: Live Nation)

Denn der Crüe-Drummer Tommy Lee - berühmt für sein Amateur-Sexvideo mit seiner Ex Pamela Anderson, inzwischen eine eigene Netflix-Serie - ließ sich auch schon in Konzerten samt Schlagzeug über den Köpfen der Fans auf den Kopf stellen. Das war eine Reminiszenz an die wilde, große Zeit der kalifornischen Supermacker-Band in den Achtzigern, als im Glam- und Hardrock alles immer spektakulärer, steiler, geiler sein musste. Für den britischen Kollegen von Def Leppard war das mit dem Schlagzeug leider eine traurige Geschichte: Rick Allen musste nach einem Autounfall ein Arm amputiert werden. Zusammen mit der Nasa entwickelte man ein elektronisches Drumset für ihn - die Band, die mit "Hysteria" und Songs wie "Rock of Ages" große Erfolge gerade in den USA feierte, hielt ihm immer die Treue.

Gut gehalten: Die britischen Rocker Def Leppard ("Rock of Ages") starteten bereits 1977 als Schülerband. (Foto: Ross Halfin/dpa)

So nett war die Mötley Crüe (die Heavy-Metal-Umlaute sind angeblich eine Reminiszenz an ihr Lieblingsbier Löwenbräu) nicht immer zueinander, wie man in der lustig getrennt voneinander aufgeschriebenen (seit 2019 auch auf Netflix) Band-Biografie "The Dirt" nachvollziehen kann: Man liebte und trennte sich immer wieder wegen Drogen, Frauen, Autos, Jets, Frisuren. Derzeit streitet man mit dem Gründungs-Gitarristen Mick Mars darum, ob er noch Teil der Band ist, nachdem dieser wegen seines langjährigen Rückenleidens vom Touren ausgestiegen ist. "Hauptfunktion der Band sei zu touren", ließ der Rest daraufhin per Anwalt mitteilen, was auch deshalb interessant ist, da die Band schon 2015 auf ihrer angeblichen Abschiedstour einen recht schlappen Auftritt im Münchner Zenith hinlegte.

Das verbindet sie mit der pfiffigen Glamrock-Legende Kiss ("I Was Made For Loving You"), die auch schon auf Abschiedstour waren, 2019 wie nun erneut auf dem Königsplatz übrigens. Ihre von Anfang an zu Mehrwert- und Mythenbildung angelegten Kostüm-und-Schminke-Shows haben unzählige Bands beeinflusst. Mit Sicherheit auch Slipknot, die heuer ihr Königsplatzdebüt geben. Der Sound und die Masken der Metal-Unterweltgötter aus Iowa sind weitaus monströser, was ihnen Anschuldigungen zur Mitschuld an Schulamokläufen wie dem in Erfurt eingebracht hat. Das stimmte nachweislich nicht, auch die Band betete für die Opfer und stellte klar: "Wir sind ein Hoffnungsschimmer für die Jugendlichen, kein Sündenbock für Massaker dieser Art."

Sicherheitshalber lässt dann der Kreisjugendring für sein "Oben Ohne"-Open-Air, das einen festen Platz auf dem Königsplatz hat, mit BHZ aus Berlin und dem Münchner Ennio lieber Hip-Hop und Pop-Lieblinge von hier auftreten.

Konzerte auf dem Königsplatz: Mötley Crüe & Def Leppard, Sa., 27. Mai, Peter Gabriel, So., 28. Mai; Hubert von Goisern, Fr., 16. Juni; Kiss, Sa., 17. Juni; Slipknot, Sa., 24. Juni; Oben Ohne Open-Air, Sa., 22. Juli

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