Corona-Pandemie:Feste Regeln für die Kita

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"Man muss immer bedenken, das muss noch durch den Bundesrat" - die Länder wollen in der Pandemie-Bekämpfung früher einbezogen werden. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Künftig gilt: Wenn 20 Prozent der Kinder wegen einer Covid-Infektion zu Hause bleiben, wird die ganze Gruppe geschlossen. Geimpfte oder genesene Mitarbeiterinnen sollen aber trotzdem weiterarbeiten.

Von Kathrin Aldenhoff

Julia Sterzer hat mal nachgeschaut: Ein Viertel der Kinder, die eine Kita der Arbeiterwohlfahrt (Awo) München besuchen, waren seit Jahresbeginn von Corona-Schließungen betroffen. "Wir merken Omikron extrem, die Zahlen sind deutlich angestiegen", sagt die Geschäftsführerin der Awo München.

Bisher hat das Gesundheitsreferat von Fall zu Fall entschieden, ob eine Kita-Gruppe oder sogar zwei, falls die sich ein Badezimmer teilen, nach einem Corona-Fall geschlossen wird. Seit Ende vergangener Woche nun gibt es feste Regeln: Wenn 20 Prozent der Kita-Kinder wegen einer Covid-Infektion die Einrichtung nicht besuchen, wird diese Gruppe geschlossen. Und zwar für fünf Wochentage - das Wochenende wird also mitgezählt.

Unter Omikron habe das Infektionsgeschehen in den Kitas deutlich zugenommen, teilte eine Sprecherin des Gesundheitsreferats (GSR) mit. In München sind derzeit nach Angaben des GSR 130 Kita-Gruppen geschlossen, in der vergangenen Woche wurden dem GSR rund 400 positive Tests gemeldet, von Kita-Kindern und Mitarbeitern. In München liege die Sieben-Tage-Inzidenz für Kinder bis zum Alter von fünf Jahren bei 2519 und damit knapp über der Inzidenz der Gesamtbevölkerung.

Erst bei einer Häufung von Fällen müssen Kita-Gruppen geschlossen werden

Ähnlich wie in den Schulen gelten nun auch für Bayerns Kitas neue Regeln. Wenn einzelne Kinder positiv getestet werden, muss nicht gleich eine ganze Kita-Gruppe geschlossen werden, sondern erst bei einer Häufung der Fälle. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kinder mittels Selbsttest, einem Test in der Apotheke oder einem PCR-Test positiv getestet wurden. Einzelne Quarantäne-Anordnungen vom Gesundheitsamt für jedes Kind gibt es nicht mehr. Die Einrichtung leitet einen Bescheid des Gesundheitsreferats an die Eltern weiter, so heißt es im Newsletter des Ministeriums für Familie, Arbeit und Soziales zur Kinderbetreuung.

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Kinder, die von der Quarantäne befreit sind, weil sie zum Beispiel frisch geimpft sind, können die Kita weiter besuchen. Auch ihnen wird aber empfohlen, auf den Besuch zu verzichten und Kontakte zu reduzieren.

"Positiv ist, dass wir jetzt mehr Handlungssicherheit haben", sagt Julia Sterzer von der Awo. Die Kita-Leitungen müssten nicht mehr ewig versuchen, irgendjemanden zu erreichen, sondern könnten eigenverantwortlich die Gruppe schließen, wenn ein Fünftel der Kinder positiv getestet wurde. Auch der Arbeitsaufwand besonders für die Kita-Leitungen ist gesunken, weil die Kontaktnachverfolgung wegfällt.

"Die Personaldecke ist so dünn, wir brauchen die Leute."

Manche Mitarbeiterinnen machten sich aber Sorgen, weil sie, wenn sie geimpft oder genesen sind, im Fall einer geschlossenen Gruppe in einer anderen Gruppe weiterarbeiten sollen. Und das müssten sie auch, sagt Sterzer. "Die Personaldecke ist so dünn, wir brauchen die Leute. Wir haben wahnsinnige Engpässe beim Personal. Die Situation ist dramatisch." In manchen Einrichtungen hätten sie schon die Öffnungszeiten reduzieren und in Einzelfällen sogar Kitas tageweise schließen müssen, weil das Personal fehle. Die Situation für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei sehr belastend.

Für die städtischen Kitas sollen die Einrichtungsleitungen in Absprache mit der Stadtquartiersleitung eine Gruppe schließen, wenn 20 Prozent der Kinder positiv getestet worden seien, teilt ein Sprecher des Referats für Bildung und Sport mit. Die neuen Regelungen, die Freitag in Kraft getreten sind, müssten nun in den Kitas umgesetzt werden. Einrichtungsleitungen und die Stadtquartiersleitungen seien dazu in einem engen Austausch, um die hohe Belastung stemmen zu können. "Die Auswirkungen können wir erst Mitte der Woche einschätzen", sagte der Sprecher des RBS.

Dass die Kontaktnachverfolgung wegfällt, sorgt für Unmut bei den Beschäftigten

Die Gewerkschaft Verdi hatte vergangene Woche vor einem Zusammenbruch der Kita-Versorgung gewarnt. Zumindest gebe es mit den neuen Regeln nun Klarheit, wann eine Gruppe geschlossen werden solle, sagt Merle Pisarz von der Gewerkschaft Verdi München. Die Schwierigkeit der Personalengpässe bleibe aber bestehen. Es gebe Fälle, da müssten Einrichtungen wegen Personalmangels schließen, und andere, neue Kitas, könnten deshalb gar nicht erst öffnen. "Der Personalmangel ist so gravierend, dass das System schon wackelt, wenn nur eine Person ausfällt", sagt Pisarz.

Für Unmut bei den Beschäftigen sorge es, dass es in den Kitas nun keine Kontaktnachverfolgung mehr gebe, sagt Merle Pisarz. "Dadurch erhöht sich die Ansteckungsgefahr." Verdi fordert Lüftungsanlagen für Kitas und FFP2-Masken für das Kita-Personal. Die Beschäftigen sollten sich aussuchen können, welche Maske sie bei der Arbeit tragen. Es dürfe nicht Glückssache sein, sagt Merle Pisarz, ob der Kita-Träger FFP2-Masken für seine Mitarbeiter bezahle oder nicht.

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