Wer am Dienstagmorgen die A9 in Richtung München befuhr, wurde früh gewarnt: Da, wo zuvor ein blaues Schild das Autobahnkreuz Neufahrn ankündigte, wurde nun auf etwas anderes hingewiesen: "Verkehrskollaps 2000 m". So weit kamen die Autofahrer und -fahrerinnen freilich gar nicht mehr: Der Verkehr war bereits kollabiert, ehe sie dort waren.
Am Dienstag wurde in München die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) eröffnet, die neuerdings den Zusatz "Mobility" trägt - Mobilität. Dieses Motto führten Klimaschützer und IAA-Gegner gleich mal ad absurdum, indem sie strategisch sehr geschickt die Zufahrten in die Stadt lahmlegten. In einer konzertierten Aktion an den Autobahnen seilten sich Aktivisten von Brücken ab, spannten Transparente, überklebten Hinweisschilder. Wegen der an den Brücken baumelnden Menschen sperrte die Polizei fünf Autobahnen, teils länger als eine Stunde, und das im morgendlichen Berufsverkehr.
Der Vorwurf an die Autoindustrie: Augenwischerei
Bayerns Staatskanzleichef Florian Herrmann kritisiert, die Proteste hätten eine akzeptable Grenze überschritten. Aus Sicht der IAA-Gegner sind sie ein voller Erfolg: Soweit bekannt, ist nichts kaputtgegangen und kein Unbeteiligter zu Schaden gekommen. Und doch haben die Protestierenden die größtmögliche Aufmerksamkeit für ihr Anliegen erzielt - eine generelle Verkehrswende, die zum Klimaschutz beiträgt. Der von der Automobilbranche propagierte Wechsel vom Verbrennungs- zum Elektromotor ist für sie ja nur Augenwischerei.
Dass die Aktion bei den ausgebremsten Autofahrenden kaum Verständnis, aber dafür Ärger, Zorn und Wut auslöste, nehmen die Organisatoren in Kauf. "Die Wut, die durch das Versagen der Politik in der Verkehrswende entsteht, ist mindestens genauso groß", erklärte eine Aktivistin. Die Politik täte nun gut daran, die Autobahn-Aktionen nicht als unbotmäßige Grenzüberschreitung zu begreifen. Sondern als nachdrücklichen Hinweis, dass demnächst ein Klimakollaps droht.