Am zweiten Tag der IAA in München sitzen 29 Klimaaktivistinnen und -aktivisten hinter Gittern, die meisten von ihnen in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim. Am späten Mittwochnachmittag trafen sich etwa 30 Mitglieder der "Letzten Generation" (LG) dort zu einer "Mahnwache". Am Dienstag hatten Amtsrichter den polizeilichen Gewahrsam gegen zwei Blockierer bestätigt.
Die Protestierer werden mindestens bis zum Ende der Autoschau IAA eingesperrt bleiben, die meisten bis zum kommenden Dienstag. Zwei Frauen müssen sogar bis 30. September im Gewahrsam bleiben. Auf der Plattform X, ehemals Twitter, rechtfertigt die Münchner Polizei diese Maßnahmen: "Zielrichtung ist nicht, Menschen von Protestaktionen abzuhalten", heißt es dort, "sondern das Verhindern von angekündigten Straftaten."
Die Zahl der Sitzblockaden ist seit Wochenbeginn jedenfalls deutlich zurückgegangen. Am Montag stoppten Aktivisten der "Letzten Generation" den Autoverkehr noch an vier Stellen, am Dienstag gelang es sechs Unterstützern am Abend, die nördliche Abfahrt von der Donnersbergerbrücke zur Arnulfstraße zu blockieren, am Mittwoch wurden bis zum späten Nachmittag keine Blockadeaktionen gemeldet.
Dafür organisierte die "Letzte Generation" um 17 Uhr eine Mahnwache am Südtor der Justizvollzugsanstalt Stadelheim: "29 Menschen wurden ohne Verfahren präventiv eingesperrt, weil sie friedlich für die Einhaltung unseres Grundgesetzes protestiert haben." Verlesen wurden dort auch Statements von Angehörigen: "Unsere Kinder sind keine Kriminellen!", hieß es etwa. Punktuelle Straßenblockaden seien für die Zukunft der Gesellschaft weit weniger problematisch als "die andauernden Blockaden", die in Parteien, Parlamenten, Verwaltungen oder Regierungen die absolut dringlichen Klimaschutzmaßnahmen verhinderten.
Während die LG ihre Proteste in Kürze nach Berlin verlagern will, bereiten sich IAA-Gegner in ihrem "Mobilitätswendecamp" im Münchner Luitpoldpark auf die Großdemonstration am Sonntag (11 Uhr) zum Karolinenplatz vor - aber auch auf "Aktionen zivilen Ungehorsams" und eine "Aktionsrallye mit Kleingruppenaktionen überall in der Stadt" am Freitag und Samstag. Rund 500 Menschen sind mittlerweile eingetroffen, eine Erweiterung des Camps ist beantragt.
In Schulungen und Vorträgen auf dem Camp geht es nicht nur um Fragen des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit, sondern auch um den Umgang mit Hausdurchsuchungen, es gibt Tipps für IT-Sicherheit bei Aktivisten und einen "Workshop gegen Repression". Im Camp wurden Teilnehmer am Mittwoch vor Polizeikontrollen gewarnt. Die Polizei bestätigt, dass am Dienstag kurz vor Mitternacht zehn Personen "verdachtsunabhängig" kontrolliert worden seien. Weitere Überprüfungen rund ums Camp habe es nicht gegeben.
Am Donnerstag wollen Klimaaktivisten mit einer ungewöhnlichen Aktion gegen den "immensen Platzbedarf von Autos, Parkplätzen und Straßen" protestieren und dazu mit "Gehzeugen" - Holzgestellen zum Umschnallen in der Größe von Pkws und SUVs - auf zwölf Straßen in München spazieren gehen. Die Aktion geht von den "Geschwistern for Future" aus, die sich bei einer Diskussion zum Thema Erderhitzung im Münchner Mobilitätswendecamp gegründet haben. Das Bündnis fordert "zum Schutz ihrer jüngeren Geschwister ein bayernweites generelles Tempolimit von 30 km/h innerorts und eine Umlenkung von Autoinfrastruktursubventionen hin zu Straßenbahnen, Bussen und durchgängigen Radwegenetzen".