Alter Gasteig:Wenn die dicke Katze blinzelt

Lesezeit: 1 min

Atemlose Eröffnung, aber nur auf der Bühne: Die erste Veranstaltung im Fat Cat war eine Performance aus Montréal im Carl-Orff-Saal im Rahmen des Dance-Festivals. (Foto: Stephan Rumpf)

Abtanzen, aber nur auf der Bühne: Welchen Start Münchens größtes Zwischennutzungsprojekt Fat Cat hingelegt hat.

Von Jutta Czeguhn

Jetzt bitte, nicht gleich sentimental werden, ermahnt man sich selbst. Ist doch alles wie immer, Menschen warten am Einlass, mit Weißwein oder Flaschenbier, dann gehen sie rein, in den Carl-Orff-Saal. Aber das ist natürlich Quatsch, nichts ist wie immer, nach Jahren des Stillstands wirkt der "alte" Gasteig wie ein narkotisierter Patient, der behutsam wachgerüttelt wird, nachdem man ihn zwecks Operation übereilt in Tiefschlaf versetzt hatte, der Eingriff nun aber verschoben ist. Da passt er schon sehr, der Name, den die Zwischennutzer sich und ihrem Wiederbelebungsprojekt auf Zeit gegeben haben: Fat Cat. Die dicke Katze blinzelt, dehnt und streckt sich nun gemächlich zurück ins Leben.

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Dabei war eigentlich richtig Party geplant gewesen, ein lautes Pre-Opening von Fat Cat zur Langen Nacht der Musik vor einer Woche; aus technischen Gründen und wegen fehlender behördlicher Genehmigungen wurde dann aber nichts daraus. An diesem Donnerstag nun also ein stilleres Erwachen des Interims, mit der Eröffnung des Münchner Dance-Festivals hat auch das Fat Cat eröffnet: Vor der stillgelegten Rolltreppe haben die Dance-Organisatoren Tische aufgebaut, die Leute holen sich Tickets, Infos, Gratistaschen, umarmen sich, lange nicht gesehen. Typisches Bubble-Publikum. Oben neben der leeren Stadtbibliothek bekommt die Garderobiere langsam etwas zu tun. Alles wirkt noch irgendwie gedämmt. Drüben ist der Durchgang zur Philharmonie verschlossen, mit der Unerbittlichkeit einer Safetür.

Die stillgelegte Rolltreppe im Gasteig, wie oft ist man hier, weil zu spät, hoch geeilt. (Foto: Stephan Rumpf)

Getanzt wird an diesem Abend nur auf der Bühne: Drinnen im Carl-Orff-Saal ein schonungsloses Workout, die frankokanadische Choreografin Catherine Gaudet lässt ihre Tänzer einen hypnotischen Ausdauertanz vollführen, zu monotonem Sound, der die Gedanken wegdriften lässt. Sentimentale Erinnerungen an den alten Gasteig, an großartige Klassikkonzerte, in die man sich mit dem Schwerbehinderten-Ticket einer Freundin geschlichen hat, an die Filmfeste, die Bücherschauen am besten spätabends, wenn's draußen schneite, an verlegene Momente in VHS-Aktzeichenkursen, an eine Lesung von Rilkes "Duineser Elegien", in der es dem Publikum verboten war, auch nur zu husten, zu atmen.

Atemlos haben die Bewegungskünstler aus Montréal ihre Show beendet. Enormer Applaus. Die Dance-Bubble zieht nun weiter in die Muffathalle, wo es später Party gibt. Fat Cat legt sich wieder schlafen, aber nur vorläufig. Denn bald schon wird sie wieder erwachen, und dann immer lebendiger, immer bunter. Es wird schön.

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