Steueroase im Forst:Landtag befasst sich mit Seegrasstadel

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Der Petitionsausschuss stimmt für den ÖDP-Antrag, Steuersparmodelle wie die Briefkastenfirmen bei St. Hubertus zu erschweren.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Als Fichten-Panama war es verspottet, als zumindest anrüchige Steueroase kritisiert worden: Das ganz besondere Gewerbegebiet, welches bis Ende vergangenen Jahres nahe des Forsthauses St. Hubertus existierte. Im sogenannten Seegrasstadel waren seit 2004 mehrere Firmen angesiedelt - jedenfalls deren Briefkästen. Hintergrund ist, dass im gemeindefreien Gebiet Ebersberger Forst ein besonders niedriger Gewerbesteuersatz galt. Nun hat sich der Petitionsausschuss des Landtags mit dem Steuersparstadel befasst und eine Petition der ÖDP angenommen, die ähnliche Einrichtungen künftig vielleicht erschweren könnte.

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Konkret soll der Landtag "die Bayerische Staatsregierung verpflichten, die Rechtmäßigkeit dieses Steuervermeidungs-Systems für Unternehmen zu Lasten der Gesamtheit der öffentlichen Haushalte zu überprüfen". Des weiteren wird der Landtag aufgefordert, er solle "die Bayerische Staatsregierung bewegen, im Bundesrat aktiv zu werden, um solche Vorgehensweisen nachhaltig zu unterbinden".

Die ÖDP hatte sich schon 2017 gegen das Gewerbegebiet im Forst ausgesprochen

Eingebracht hatte die Petition die frühere ÖDP-Kreisrätin Johanna Weigl-Mühlfeld, die schon vor fünf Jahren im Kreistag vergeblich ein Ende des Geschäftsmodells Seegrasstadel beantragt hatte. In einer aktuellen Stellungnahme weist Weigl-Mühlfeld auf die abwehrenden Argumente von CSU und FDP hin. Zudem habe die Finanzmanagerin des Landkreises, Brigitte Keller, damals versichert, dass das Modell Seegrasstadel rechtmäßig sei. Genau dies bezweifelt die ÖDP-Politikerin, Hintergrund ist, dass der Landkreis Ebersberg vor knapp zwei Jahren 23,5 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen an die Stadt München überweisen musste. Dies hatten die Finanzbehörden damals verfügt, weil sie der Auffassung waren, dass die angeblich im Seegrasstadel ansässigen Firmen ihren Hauptsitz in Wirklichkeit in München gehabt hatten, sie also dort steuerpflichtig gewesen wären.

Die ÖDP-Politikerin Johanna Weigl-Mühlfeld hat eine Petition zur Abschaffung des Gewerbesteuer-Dumpings an den Landtag gestellt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Weigl-Mühlfeld erwähnt auch ein Steuerstrafverfahren, das in der Sache anhängig sei. Davon habe der CSU-Abgeordnete Ernst Weidenbusch im Ausschuss berichtet, allerdings nicht, ob dieses gegen die Firmen oder den Landkreis gerichtet sei. Weigl-Mühlfeld zitiert Weidenbusch dahingehend, dass dieser sich wundere dass Albert Füracker (CSU), damals Staatsminister der Finanzen, noch 2017 sagte, dass alles in Ordnung wäre. "Wir brauchen unbedingt einen verbindlichen, rechtlichen Rahmen, der Kommunen Rechtssicherheit gibt", so Weigl-Mühlfeld: "Es kann nicht sein, dass ein Ministerium noch 2017 sagt, es sei rechtens und heute fünf Jahre später - ohne Änderung der Rechtsgrundlagen - ein Steuerstrafverfahren in der gleichen Sache einleitet."

Über ein Verfahren in der Sache Seegrasstadel hatte die SZ bereits im Sommer berichtet: Damals hatte die Staatsanwaltschaft München II Ermittlungen gegen mehrere Finanzmanager aus dem Konzern der Hypo-Vereinsbank (HVB) eingeleitet. Der Vorwurf ist derselbe, der zum Entzug der Gewerbesteuermillionen aus dem Ebersberger Kreishaushalt geführt hat: Die Firmen hätten ihre Gewinne nicht im Forst, sondern in München erzielt, wo der Steuersatz mehr als doppelt so hoch gewesen wäre.

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Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen mehrere Manager einer Tochter der Hypo-Vereinsbank. Sie sollen mit einem fiktiven Firmensitz im Ebersberger Forst Gewerbesteuern in Millionenhöhe hinterzogen haben. Das Strafverfahren zeigt, wie fragwürdig viele Gemeinden und Firmen bei der Gewerbesteuer agieren.

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Für den Landkreis Ebersberg ist die Sache indes auch ohne Steuerstrafverfahren höchst misslich: Wie diese Woche im Finanzausschuss des Landkreises zu erfahren war, muss der für die Rückzahlung aufgenommene Kredit 2024 und 2025 zurückgezahlt werden - angesichts der aktuellen Wirtschaftslage sei dies aber wohl nicht wie geplant aus dem Ergebnisüberschuss möglich. Was bedeutet, dass das Fichten-Panama für einige Investitionen des Kreises zum Fichtenmoped werden könnte.

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