Verkehr in der Region:Es darf ein bisschen weniger sein

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In Kirchseeon führt die B304 mitten durch den Ort, hier der Abschnitt westlich vom Spannleitenberg. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bürgermeister und Landräte entlang der B304 fordern in einem Brief an Ministerpräsident Markus Söder ein Konzept für eine Verkehrsentlastung in ihren Kommunen.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wer sich motorisiert durch den Landkreis Ebersberg bewegt, tut dies mit einiger Wahrscheinlichkeit auf der B304, das gilt auch für den westlichen Landkreis Rosenheim. Die Straße ist - neben der A94 - die Hauptverkehrsachse für Pendler- und Warenverkehr von und nach München. Im Gegensatz zur Autobahn führt die Bundesstraße aber durch zahlreiche Ortschaften - und von dort kommt nun ein gemeinsamer Protest: Neun Städte und Gemeinden aus den Landkreisen Ebersberg und Rosenheim sowie die beiden Kreise selbst haben nun einen offenen Brief an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geschickt. Darin wird ein regional übergreifender Plan gefordert, wie die Anliegerkommunen vom Verkehr entlastet werden können.

Unterzeichnet ist der Brief von Ebersbergs Bürgermeister Ulrich Proske, seiner Amtskollegin Martina Lietsch aus Steinhöring, den Rathauschefs aus Albaching, Rudolf Schreyer, Jan Paeplow aus Kirchseeon, Christian Bauer aus Grafing, Josef Niedermeier aus Pfaffing, Leonhard Spitzauer aus Vaterstetten, Michael Kölbl aus Wasserburg und Piet Mayr aus Zorneding. Ebenfalls unterschrieben haben die Landräte aus Ebersberg und Rosenheim, Robert Niedergesäß und Otto Lederer. Was nicht nur ein gemeinde- und landkreisübergreifender Appell, sondern auch einer über die Parteigrenzen hinweg ist: Die Unterzeichnenden sind aus der CSU, von der SPD, den Freien Wählern sowie Unabhängige und Parteilose.

Man ist sich einig: Alleine geht es nicht

Dies betonen die Lokalpolitiker auch in ihrem Schreiben: Man betrachte die Gruppe "inzwischen ungeachtet unterschiedlicher politischer Ausrichtung als ,Allianz B304' mit einem dringlichen gemeinsamen Auftrag, eine tragfähige Lösung gemeinsam voranzubringen". Eine Aufgabe, die - wie es weiter heißt - von keiner Gemeinde und keinem Landkreis alleine zu bewältigen sei. Stattdessen brauche es ein breites Bündnis, "auch über unterschiedliche administrative Zuständigkeiten und Ebenen hinweg".

Weshalb man das Anliegerbündnis in den vergangenen eineinhalb Jahren - das erste Treffen fand im Oktober 2020 in Ebersberg statt - auf den Weg gebracht hat, liege an der zu erwartenden Verschärfung der ohnehin schon nicht unproblematischen Verkehrssituation entlang der B304 und ihren Zubringern. Etwa der Staatsstraße 2080, weshalb auch Grafing als nicht direkter Anlieger mit von der Partie ist. Genau wie Albaching und Pfaffing im Landkreis Rosenheim, die am nördlichen und südlichen Ast der Kreisstraße RO 41 liegen. "Die Erwartungen aufgrund des weiter sehr stark ansteigenden Siedlungsdrucks und neuer Mobilitätsanforderungen sind nicht gerade dazu angetan, wachsende Sorgen zu zerstreuen, im Gegenteil", heißt es aus den Rathäusern und Landratsämtern.

Einzelumgehungen seien wenig wirksam

Es gehe darum, neue Lösungsansätze zu finden, da sich die bisher verfolgten als eher unzureichend erwiesen hätten: "In Zorneding und Ebersberg (wurden) aufwändige Ortsumfahrungen der B304 realisiert, die Wirksamkeit dieser Einzelmaßnahmen ist allerdings sehr dürftig". Etwa in der Kreisstadt, die "ST 2080 als zentraler Zubringer in Richtung Flughafen führt nach wie vor mitten durch das Zentrum von Ebersberg". Nicht besser sehe es in Kirchseeon aus, wer dort wohnt, werde "durch die direkte Durchquerung der B304 seit Jahren über die Maßen stark belastet", etwa durch Lärm und Abgase, aber auch "kritische Verkehrssituationen". Immerhin hätten aktuelle Messungen ergeben, dass es in der Marktgemeinde täglich 23000 Verkehrsbewegungen auf der Bundesstraße gebe, darunter auch viel Schwer- und Lieferverkehr.

Allerdings, so heißt es in dem Schreiben weiter, seien die aktuell geplanten Entlastungen wenig vielversprechend. Etwa der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs: "Die Perspektive ist nicht ermutigend". So soll zwar die Bahnstrecke nach Wasserburg bis 2026 elektrifiziert werden, allerdings gebe es derzeit Probleme mit fehlenden Ausgleichsflächen, und auch eine geplante Brücke bei Reithmehring sei wohl nicht ohne Schwierigkeiten umzusetzen. Auch teilweise bereits in einen Straßenausbauplan aufgenommene Umfahrungen - allein zwischen Wasserburg und Kirchseeon seien es deren fünf - hält man in den Rathäusern und Landratsämtern für nicht zielführend. Man sei sich einig, "dass eine von Kirchturmpolitik bestimmte Umgehungsstraßendebatte schon aufgrund des immensen Flächen- und Investitionsbedarfs nicht mehr zeitgemäß ist".

Der Filzenexpress, hier bei Tulling, soll durch eine Oberleitung leistungsfähiger werden, doch offenbar wird dies länger dauern, als geplant. (Foto: Christian Endt)

Vorgeschlagen wird eine Arbeitsgruppe unter Führung des Ministeriums

Was es stattdessen brauche - und was derzeit eben fehle - sei eine "Strategie, wie übergreifende Pläne, zum Beispiel der des weiteren Ausbaus der B15, so abgestimmt und ausgerichtet werden können, dass die überörtlichen Verkehrspläne wirksam beeinflusst werden können". Offenbar scheint die Bereitschaft der zuständigen Ämter und Behörden hier nun aber nicht sehr groß zu sein, denn: "Die dazu erforderliche Ausweitung des Kreises der Gesprächspartner stößt leider schnell an ihre Grenzen", lautet die höfliche Formulierung dazu in dem Schreiben.

Genau dies wollen die Unterzeichnenden ändern, man halte es für erforderlich, "schnell eine Konzeption für eine breite Diskussions- und Arbeitsbasis zu entwickeln", dazu werde man sich auch "gerne intensiv einbringen". Vorgeschlagen wird etwa die Einrichtung einer "Arbeitsgruppe unter Führung des zuständigen Staatsministeriums und aller weiteren notwendigen Verwaltungen". Auch soll es eine "frühzeitige Bürgerbeteiligung zur Vermeidung späterer Auseinandersetzungen" geben. Den Startschuss dafür soll nun der Ministerpräsident geben: "Um aber wirklich einen kraftvollen Prozess in Gang zu setzen, benötigen wir offenkundig eine klare Aussage von Ihrer Seite, für die wir mit diesem Schreiben werben wollen."

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