Grafing:Die 300 Jahre alte Eiche ist gerettet

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Nettelkofen während einer Demo gegen Fällung der Eiche am Seeschneider Kreisel. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Der Umwelt- und Verkehrsausschuss stimmt für die Umplanung der Straße bei Grafing. Ein Baum wird nun vom Hindernis zum Denkmal.

Von Wieland Bögel, Ebersberg/Grafing

Die mehr als 300 Jahre alte Eiche an der Kreisstraße bei Seeschneid wird wohl noch ein paar Jahre älter werden. Ohne Gegenstimmen beschloss der Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistages eine Änderung beim Ausbau der Straße. Für die ursprüngliche Version der neuen EBE 8 hätte der alte Baum gefällt werden müssen, dagegen hatte es viel Kritik gegeben.

Unter anderem gab es eine Petition und zwei Kundgebungen für den Erhalt der alten Eiche. Auch in den Kreistagsausschüssen war das Schicksal des Baumes mehrmals Thema, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Am Montag hätte die nächste Debatte angestanden, doch bereits am Sonntag war klar, dass sich diese in Wohlgefallen auflösen würde. Da hatte das Landratsamt vermeldet, man habe eine Lösung gefunden, bei der die Straße wie geplant erweitert und mit einem Radweg versehen werden könne, ohne dass der alte Baum dazu gefällt werden müsse.

Wie diese aussieht, stellte am Montag im Ausschuss Daniel Drachenberg vom Staatlichen Bauamt Rosenheim vor: In der überarbeiteten Version macht die EBE 8 einen leichten Schlenker nach Süden. Laut Drachenberg "eine kleine Schikane für die Verkehrsteilnehmer" aber "noch vertretbar in Hinblick auf die Verkehrssicherheit". Diese war in vorhergehenden Debatten von Befürwortern der Baumfällung ins Feld geführt worden. Durch die "kleine Schikane" verläuft die EBE 8 künftig gut neun Meter an der alten Eiche vorbei. Damit seien deren Wurzeln vom Straßenbau nicht beeinträchtigt, weshalb man auf die in einer früheren Sitzung diskutierte Wurzelbrücke verzichten könne. Ohnehin gebe es derzeit keine solchen Bauteile, die für eine Kreisstraße zugelassen wären, so Drachenberg. Zudem hätte dies den Umbau erheblich verteuert. Dieser sollte ursprünglich etwa 2,2 Millionen Euro kosten, davon sind 650 000 Euro als Zuschüsse eingeplant. Mit Wurzelbrücke hätte sich der Bau um rund 210 000 Euro verteuert, wovon der Landkreis 175 000 Euro hätte zahlen müssen. Die nun vorgestellte Variante soll etwa 140 000 Euro mehr kosten, 130 000 Euro muss der Landkreis übernehmen.

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Was bei einigen die Freude über den Kompromiss trübte, so sprach Alexander Müller (FDP) von "Symbolpolitik" und bezweifelte "dass die Mehrheit der Bürger versteht, was wir hier treiben", wenn man so viel Geld für einen einzigen Baum ausgibt. Der wohl trotzdem durch den Straßenbau in Mitleidenschaft gezogen würde, sagte Martin Lechner (CSU): "Er wird nicht das sein, was er war, aber der Kompromiss ist das Beste, was zu erreichen war."

Eine Auffassung, die andere deutlich euphorischer teilten: Es sei "eine Lösung, die fast allen Ansprüchen genügt", so Landrat Robert Niedergesäß (CSU). "Mein Herz macht einen Sprung", sagte Grünen-Fraktionssprecherin Waltraud Gruber, "so macht Kommunalpolitik Spaß". Auch der Leiter der Unteren Naturschutzbehörde, Johann Taschner, war zufrieden: "Diese Planung ist das Optimum, das man für den Erhalt der Eiche machen kann."

Diese soll nun offiziell ein Naturdenkmal werden, dies beschloss der Ausschuss ebenfalls einstimmig. Abgelehnt wurde dagegen die Forderung von Grünen und SPD, eine Kostendeckelung von 250 000 Euro für die Rettung des Baumes zu streichen. Nur eine Stimme - seine eigene - bekam der Antrag von Karl Schweisfurth (ÖDP), den Baum "Rosamond-Eiche" zu nennen, nach der jungen Verfasserin eines Briefes an den Landrat, in dem der Erhalt des Baumes gefordert wird. Besser sei "Steuerzahler-Eiche", so Müller. "Er müsste viele Namen tragen" angesichts der vielen Leute, die an der nun gefundenen Lösung mitgearbeitet hätten, sagte Niedergesäß, "aber er hat ja viele Äste, wir können dazu ja noch einmal einen Arbeitskreis gründen."

© SZ vom 22.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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