Mitten im Homeoffice:Und täglich grüßt der Schlagbohrer

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Der Komiker Tom Gerhardt in Handwerker-Kluft in seiner Paraderolle als Hausmeister Krause (Symbolfoto). (Foto: Julian Huke/dpa)

Arbeiten im Homeoffice, während im Haus eine wochenlange Kernsanierung durchgeführt wird: Das Tagebuch des Grauens.

Glosse von Korbinian Eisenberger

Es begann Anfang Dezember 2021. Die Ouvertüre ist ein fieser Traum: Zahnärztin zückt Bohrer - und das Geräusch geht in den Kopf. Schmerzen. Es rattert und rumort. Die Augen öffnen sich - doch der Bohrer bohrt unnachgiebig weiter. Der Traum ist vorüber. Doch der Albtraum hat gerade erst begonnen.

Neue Wohnung, groß und bezahlbar im Preis. Ein Fairmieter im Großraum München? Ja, es gibt noch Wunder. Aber leider auch blaue Wunder.

Woche eins: Die Symphonie des Grauens beginnt jeden Morgen gegen 7.45 Uhr und endet gut acht Stunden später. Schnell ist klar, dass da nicht nur einer sein Regal festschraubt. Stattdessen wird die Wohnung im ersten Stock nach dem Auszug der Bewohnerin kernsaniert. Vier Etagen darüber fühlt es sich seit Tagen an, als stünde der Handwerker mit dem Schlagbohrer mitten im Wohnzimmer.

Woche zwei: Es wird deutlich, dass der Komponist dieses Arrangements seine Zuhörer mit dem morgendlichen Paukenschlag zu begrüßen pflegt. Bis in den Vormittag steht ein Bohrwerkzeug-Crescendo auf dem Programm. In den Nachmittagsstunden folgen eindringliche Hammer-Staccatos.

Woche drei: Die musikalische Umrahmung greift zunehmend in den Alltag ein, der in diesen Zeiten im Homeoffice stattzufinden hat. Wichtige Telefonate werden fortan zwischen 12 und 13 Uhr geführt, wenn im ersten Stock die Instrumente ruhen. Mehr denn je wären jetzt Außentermine willkommen. Doch die stade Zeit gibt im pandemischen Winter eine Zugabe. Stade Zeit? Unten beginnt wieder das Pochen.

Woche vier: Wie soll man hier ein Interview führen? Entschuldigen Sie, könnten Sie Ihre letzten zehn Sätze bitte wiederholen? Die Kollegen feixen schon. Der Stummschalte-Knopf fürs Konferenz-Mikro ist das wichtigste Instrument dieses Homeoffice-Solos geworden. Was gäbe man für die feinen Klänge eines Zahnarzt-Bohrers.

Woche fünf: In der Whatsapp-Gruppe der Hausbewohner geht es rund. "Man denkt teilweise, das Haus stürzt ein", schreibt ein Nachbar. Ein anderer will über den Hausmeister erfahren haben, dass die Baustelle erst Mitte Februar bezogen werden soll. Kein Scherzo. Eher ein Rondo. Erste Bewohner schmieden Fluchtpläne. Manche wohnen ja direkt darunter oder drüber. Ja, wie so oft im Leben gilt: Es könnte noch viel schlimmer sein. In diesem Moment reift ein schauderhafter Gedanke im obersten Stübchen: Die Dachgeschosswohnung drüber. Sie ist marode und derzeit unbewohnt. Hilfe.

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