Skitourengeher:Sind die Felle vom Ski, ist die Souveränität dahi'

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Skitouren-Geher im Sudelfeld. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Nicht wenigen Tourengehern würde man angesichts ihrer Abfahrtskünste eine sofortige Trainingseinheit am Kinder-Lift wünschen.

Glosse von Korbinian Eisenberger

Es ist, als hätten die Menschen ihre Fahrräder in Skier verwandelt. Kaum einer radelt mehr, stattdessen strömen sie diesen Winter wieder vom Münchner In- und Umland hinaus in die alpinen Welten: Skitourengeher mit verstellbarer Tourenbindung und flexibler Schuhschnalle. Lieber eine lockere Bindung als eine feste Schnalle. Solche Sprüche fallen, wenn erfolgreiche Rückkehrer über ihre Ausflüge berichten. Darüber, mit welch einer Selbstverständlichkeit sie die 900 Höhenmeter bewältigt haben - und dann noch im Vorbeigehen den Nebengipfel mitnahmen. Ois easy, eh klar.

Als Skitourengeher gilt es, stets die Souveränität zu wahren. Oder sie zumindest zu suggerieren. Nicht wenige erachten beim Outfit dünne Stirnbänder mit erkennbarer Markenaufschrift als dienlich. Eine ultrateure Ultra-Leicht-Bindung und eine Hardshell-Jacke mit Neon-Naht sind häufige Begleiterscheinungen. Um die Abgeklärtheit phonetisch zu untermauern, verwenden Skitourengeher zudem Begriffe wie "Schwachschicht", "Exposition" oder "Spitzkehre". Spätestens jetzt wird es interessant. Die Tour beginnt.

Bei der Ausführung besagter Spitzkehre scheiden sich die Gleiter. Es handelt sich um eine technisch nicht restlos anspruchslose Dreh-Bewegung zur Bewältigung steilerer Schneehänge. Falscher Skiwinkel bei der Spitzkehre: Schon macht der Träger des schicken Airbag-Rucksacks eine Figur wie ein Bierzeltbesucher, wenn es ihn vom Teufelsrad schleudert. Ade, du alpine Abgeklärtheit.

Der Unterhaltungswert einer Skitour erreicht seinen Höhepunkt eigentlich in der Abfahrt. Für die allermeisten Skitourengeher dieser Zeit gilt in alpinem Gelände allerdings: Sind die Felle vom Ski, ist die Souveränität dahi'. Nicht wenigen würde man sogleich eine Trainingseinheit am platt gewalzten Weigl-Lift in Glonn wünschen. Ein flacher Kinder-Skihügel im Landkreis Ebersberg. Würde da nur Schnee liegen.

Es ließe sich vortrefflich weiter über herrliche Auftritte von Skitourengehern schwadronieren. Wären da nicht diese Momente, in denen einem selbst die sicher geglaubte Überlegenheit am Hang zu entgleiten droht. Dann, wenn man beim Aufstieg samt seiner ultrateuren Ultra-Leicht-Bindung, Marken-Stirnband, Hardshell-Jacke mit Neon-Naht - und schickem Airbag-Rucksack von einem anderen Tourengeher überholt wird. Ins Fahrrad wird für solche Schreckensszenarien ein Elektro-Motor eingebaut. Wann wird eigentlich der E-Tourenski erfunden? Mit diesem Gedanken versinkt die alpine Souveränität endgültig im Tiefschnee.

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