SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 113:Mit einem kleinen Hopser geht's

Lesezeit: 2 min

Maximal zehn Minuten dauert es, das Bettzeug zu wechseln - selbst wenn der Patient sediert und an alle möglichen Gerätschaften angeschlossen ist. (Foto: Marius Becker/dpa)

Die Bettwäsche auf der Intensivstation von Pola Gülberg wird täglich mindestens einmal gewechselt - auch, wenn die Patienten gar nicht aufstehen können und während der Prozedur im Bett liegen bleiben. Wie funktioniert das?

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Vor kurzem habe ich in meinem Frühdienst einen Praktikanten an meiner Seite gehabt. Er war in der Ausbildung zum Rettungssanitäter, hatte also medizinisches Vorwissen und schon einiges während seiner Rettungsdienst-Einsätze gesehen. Als wir dann aber im Zimmer meiner intubierten und beatmeten Dialyse-Patientin standen und ich sagte: "Jetzt müssen wir ihr Bett noch frisch machen" - da wären ihm fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Erstaunt sah er zu meiner sedierten Patienten, die an alle möglichen Gerätschaften angeschlossen war. "Wie jetzt? Die Frau soll raus aus dem Bett?", fragte er. Ich schüttelte den Kopf: Bettwäsche wechseln geht auch mit Patienten im Bett. Da sah er noch ungläubiger drein und sagte: "Ok, da bin ich jetzt aber gespannt, wie das funktionieren soll."

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Jeder Patient bei uns auf der Intensivstation bekommt mindestens einmal am Tag frische Wäsche - alles, was den Körper berührt, wird gewechselt: Nachthemd, Zudecke, Matratzenschutzauflage, Spannbettlaken. Wohlgemerkt: Mindestens einmal am Tag. Wenn der Patient stark schwitzt oder Körperflüssigkeiten daneben gehen, dann natürlich häufiger. Dabei ist es egal, in welchem gesundheitlichen Zustand der Patient ist.

Eigentlich ist es logisch: Ein gesunder Mensch wechselt schließlich auch mindestens einmal am Tag seine Kleidung - morgens raus aus dem Schlafanzug und hinein in die Arbeitsklamotten. Nach dem Arbeitstag geht es dann für viele in die Freizeitkleidung. Das mag was mit einem Bequemlichkeitsfaktor zu tun haben, aber auch mit einem hygienischen. Wer fühlt sich schon wohl nach 24 Stunden in derselben Kleidung? Nur weil jemand schwer krank ist, ist das nicht anders.

Um das Spannbettlaken und die Matratzenschutzauflage zu wechseln, braucht es manchmal zwei Pflegekräfte. Bei Wirbelsäulenproblemen zum Beispiel, da ist besondere Vorsicht geboten, sodass lieber zwei Leute zusammenarbeiten.

Intensivfachpflegerin Pola Gülberg von der Ebersberger Kreisklinik. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auch bei meiner beatmeten Dialyse-Patientin war es wegen der vielen Schläuche und Leitungen sicherer, zu zweit zu arbeiten, also packte mein Praktikant gleich mit an: Erst haben wir das Laken ausgespannt, während sie noch auf dem Rücken lag, und es unter ihren Körper geschoben. Dann erst den Kopf auf die linke Seite gedreht, als nächstes den rechten Arm nach links und das rechte Bein aufgestellt - ein wichtiger Hebel, durch das das Drehmanöver im nächsten Schritt gar nicht mehr so schwierig ist.

Das alte Bettzeug haben wir von links bis unter die Wirbelsäule geschoben, und die neue Bettwäsche gleich hinterher. Schließlich haben wir die Patientin nach links gedreht, über den Wäscheberg hinweg. Ein kleiner Hopser, dann auf der anderen Bettseite das alte Laken raus und das neue befestigen - fertig. Auf der blanken Matratze lag die Patientin dabei nie, das wäre unhygienisch.

Mein Praktikant hat nicht schlecht gestaunt, als wir innerhalb von zehn Minuten das komplette Bettzeug gewechselt hatten - ohne das meine Patientin mithelfen konnte, oder sogar das Bett dafür verlassen musste. Es ist wie bei den meisten Dingen: Alles eine Frage der Routine.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 39-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.

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