Event:Tanz mit der Maschine

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Musik und oszillierende Projektionen - damit unterhalten "Laserjam" die Besucher. (Foto: Maria Braune)

Das Digitalanalog steht seit 20 Jahren für audiovisuelle Experimente. In diesem Jahr findet das Festival erstmals im Muffatwerk statt.

Von Jürgen Moises

Seit einem Jahr gibt es den neuen Gasteig, oder genauer gesagt: das HP8. Die Philharmonie, die Stadtbibliothek, die Volkshochschule, all das hat nun in Sendling seinen Ort. So lange, bis das Gasteig-Gebäude in Haidhausen saniert ist. Auch zahlreiche Veranstaltungen wie die kommende Bücherschau oder das aktuell laufende chinesische Filmfest sind mit in das Interimsquartier gewandert. Was aber nicht dabei ist, das ist Digitalanalog. Warum? "Für unser Konzept ist das HP8 gar nicht geeignet, mit seinen zwei Bühnen", erzählt die Festival-Leiterin Claudia Holmeier. "Die eine zu groß, die andere zu klein, und eine gleichzeitige Bespielung im Foyer wäre feuerpolizeilich nach unserem Wissensstand nicht erlaubt gewesen." Und nun? Findet das Digitalanalog Festival am 14. und 15. Oktober deswegen nun erstmals im Muffatwerk statt.

Für Fans des Festivals heißt das: Sie müssen zumindest fahrt- oder lauftechnisch nicht groß umdenken. Muss man doch vom alten Gasteig aus im Grunde nur über die Straße gehen. Und nicht zuletzt der Nähe wegen war das Muffatwerk laut Claudia Holmeier tatsächlich auch die "erste Wahl". Dort sind sie mit ihrem Festival nun für die nächsten drei Jahre gebucht. Wie es dann weitergeht, das muss man sehen. Denn die Sanierung wird auf alle Fälle länger dauern. Beim Konzept dafür bleibt alles beim Alten. Das heißt: Es wird an zwei Abenden Bands, Musiker und Videokünstler geben. Die Videokünstler oder VJs stehen dabei gleichwertig auf dem Programm. Und die meisten Musiker und VJs treten in der Kombination erstmals gemeinsam miteinander auf.

Genau dieses Konzept ist es, was Digitalanalog seit mittlerweile 20 Jahren von anderen Festivals in München abhebt. Ganz am Anfang standen sogar noch Lesungen mit auf dem Programm. Und vor dem Gasteig hatte Digitalanalog mit dem Einstein Kultur, dem Harry Klein, den Kunstarkaden, der Schrannenhalle und dem Haus der Kunst noch wechselnde Orte. Umzüge ist das Digitalanalog-Team also gewöhnt. Trotzdem waren die 15 Jahre im Gasteig prägend, für die Veranstalter, aber natürlich auch das Publikum. Vier Bühnen gab es dort, und nun im Muffatwerk? Da werden es genau so viele sein. Das Ampere und Café haben jeweils eine Bühne, und in der Muffathalle wird es zwei geben. Diese werden im fliegenden Wechsel bespielt. Und das heißt, so Holmeier, auch: "So viele Künstler wie gewohnt".

Neu beim Münchner Trikont-Label: die Sängerin Malva. (Foto: Trikont)

Dazu gehört in diesem Jahr etwa die viel gelobte Malva. Die 21-Jährige sorgte mit Songs und Videos im Internet, einer 2021 erschienen EP sowie ersten Konzerten für Aufsehen. Auch bei Trikont-Chefin Eva Mair-Holmes fand sie mit ihrer zarten Stimme Gehör. Im November wird auf dem traditionsreichen Label das Debütalbum von Malva erscheinen. Die hat die große Songpoetin Patti Smith als Vorbild sowie die britische Singer-Songwriterin Dodie Clark. Ihre wichtigste Stütze: Der Multiinstrumentalist und Produzent Quirin Ebnet, mit dem sie ihre Lieder aufnimmt und auftritt. Bei Digitalanalog wird sie am Freitag in der Muffathalle außerdem von Lossless begleitet. Die junge Frau stieß während ihres LMU-Studiums aufs VJing und verwendet dabei neben computergenerierten auch handgezeichnete Bilder.

Ebenfalls von Lossless begleitet wird Kinda Joke. Das aus einem Spanier, einem Italiener und einem Deutschen bestehende Trio beschreibt seine Musik als Mischung aus Phil Collins, Dave Grohl und Coldplay. Schon etwas länger im Geschäft ist Mathias Kettner alias "Der Mann mit der Maschine". Bei selbiger handelt es sich um einen sehr großen analogen modularen Synthesizer, auf dem Kettner improvisiert und für den er eigene Module entwickelt. Seinen Auftritt hat er damit am Samstag im Café alleine und am Freitag als Teil des Duos Schallmodul. Beide Male visuell begleitet von der Modular Mafia, die an beiden Tagen das Café bespielt. Ebenfalls mehrfach im Einsatz ist das Dreschwerk.Kollektiv, das seit 2012 mit seinen Licht- und Videoinstallationen in der Club-Szene unterwegs ist. Am Freitag ist es etwa mit der Singer-Songwriterin Melli Zech am Start, direkt nach der Begrüßung um 20.30 Uhr.

Eine Mischung aus Phil Collins, Dave Grohl und "Coldplay", das sind "Kinda Joke" - sagen sie. (Foto: Nelson Carvalheiro / Alina Mirwald)

Wie Malva ebenfalls noch sehr jung und schon relativ erfolgreich ist Seda, bei der am Freitag im Ampere auch das Dreschwerk.Kollektiv für die Bebilderung sorgt. Seda bedeutet auf Türkisch "Stimme", und die ist im Fall der Münchnerin geprägt von einer beeindruckenden Gesangstechnik und einer guten Portion Soul. Nachzuhören ist das auf dem im Sommer erschienenen Debütalbum von Seda, die auch schon beim Reeperbahn-Festival in Hamburg auftrat. Beim Duo Kidso steht das Basteln und Schrauben im Zentrum. Die beiden Musiker spielen mit Percussion und anderen analogen Instrumenten Samples ein, zerstückeln diese und bauen sie neu zusammen. Dazu kommen Effekte und digitale Hardware. Das Ergebnis sind abgefahrene Dance-Tracks, optisch begleitet von Futurfoto.

Wer allgemein auf Elektronik oder Synthesizersounds steht, der ist an beiden Tagen im Café gut aufgehoben. Egal ob Wellenvorm, Moogulator oder Loowfizz: Hier wird mit Leidenschaft am Synthesizer geschraubt oder an anderen technischen Geräten. Und wer lieber selber Hand anlegt, der kann auch in diesem Jahr wieder Hardware-Synthesizer, Modular-Systeme oder softwarebasierte Instrumente ausprobieren. Der Ort dafür sind anstatt des Gasteig-Foyers die beiden Muffatwerk-Ateliers. Neu ist, dass man dieses Mal ein kostenloses Online-Ticket dafür braucht. Mit diesem kann man dann aber, so Holmeier, "kommen und gehen wie man will". Auf seinem Weg wird man dabei von Laserjam unterhalten. Die werden nämlich digitalanalog, mit Musik und oszillierenden Laser-Lichtfiguren, den Außenbereich bespielen.

Digitalanalog Festival , Fr./Sa., 14./15. Okt., Muffatwerk, Zellstraße 4, www.digitalanalog.org

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