Zur Begrüßung spielt die evangelische Jazzcombo den Klassiker "Guilty", also zu Deutsch: Schuldig. Das passt ganz gut, schließlich ist der Haupteingang zur Justizvollzugsanstalt Stadelheim nur ein paar hundert Meter weiter. Dennoch hat der Anlass der kleinen musikalischen Einlage, die sich das Quartett aus den Kirchengemeinden Sophie Scholl und Oberhaching ausgedacht hat, mit dem Gefängnis gar nichts zu tun. Hier wird ein Sommerfest gefeiert, und das an einem zugegebenermaßen etwas ungewöhnlichen Ort: dem Friedhof am Perlacher Forst.
Genauer: links von der großen Aussegnungshalle des Friedhofs, an einem blauen Bauwagen auf einer Wiese. Dort befindet sich das Café Himmelb(l)au, das wiederum eher eine soziale Initiative ist als eine gastronomische Einrichtung. Seit neun Wochen trifft man sich hier sonntags zwischen 14 und 17 Uhr. Fünf evangelische Kirchengemeinden aus der Umgebung - Jesaia, Luther, Sophie Scholl, Emmaus und Philippus - bauen mit Haupt- und Ehrenamtlichen Tische und Stühle auf und sorgen vom Bauwagen aus für Speis' und Trank. Kaffee und Kuchen sind kostenlos, denn hier soll ein ungezwungener Austausch von Friedhofsbesuchern möglich werden.
"Ein Friedhof muss kein toter Ort sein", sagt die Münchner Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek (SPD), die zum Sommerfest gekommen ist, und berichtet dann, noch vor der Eröffnung im Mai sei die erste Beschwerde bei der Stadtverwaltung eingelaufen, "dass so etwas auf einem Friedhof doch nicht geht". Dabei, so Zurek, seien Friedhöfe auch Begegnungsstätten, nicht nur Orte der Trauer. Die Idee zum sommerlichen Café hatten ihr Mitarbeiter Heino Jahn, Leiter der städtischen Friedhöfe und Bestattung, und Pfarrer Karsten Schaller, Chef der evangelischen Servicestelle "Segen".
Im Café sollen Trauernde ins Leben zurückfinden
Die Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) befand in ihrer Ansprache, es handele sich da um "ein wunderbares Projekt". Das Café biete "Raum und Rahmen, der uns wieder zueinander bringt", gerade nach Phasen des Abschieds und der Trauer. Auch der evangelische Stadtdekan Bernhard Liess sagte, Friedhöfen seien mehr als Orte der Trauer: "Hier soll man auch ins Leben zurückfinden können." Kirche müsse auch mit solchen Angeboten in die Gesellschaft gehen, sagte er, sie müsse "Stärkung für Leib und Seele" bieten.
Die fünf Gemeinden haben das auf den prägnanten Slogan: "Kaffee, Kuchen, Ratsch" verdichtet. Dass dieses Angebot auf eine "fantastische Resonanz" (Dietl) stößt, kann man schon der Statistik entnehmen: In den vergangenen neun Wochen haben die Haupt- und Ehrenamtlichen mehr als 800 Stück Kuchen verschenkt. Und vorher natürlich eigenhändig gebacken.