Die Band aus dem Filmklassiker "Halbe Treppe":Ganz schön alt und immer noch sexy

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Variantenreich: Die "17 Hippies" treten in variabler Anzahl von etwa zwölf bis zwanzig Musikern auf. (Foto: Schmidt und Schliebener)

Die "17 Hippies" aus Berlin veröffentlichen ihr Jubiläumsalbum "9000 Nächte" als Smartphone-App.

Von Michael Zirnstein

Theoretisch könnten die je nach Gelegenheit zwölf bis zwanzig Musiker auch bei Stromausfall auftreten. Mit Gesang, Bouzouki, Ukulele, Violine, Akkordeon, Singender Säge, Euphonium, Trompete, Schlagzeug und Mandoline - dem Klassikinstrument des Jahres 2023 - machen die 17 Hippies auch unverstöpselt gewaltig Wind. Pure Kunst, reine Lebensfreude. Umso überraschender ist der Weg, den die kunterbunte Berliner Truppe mit ihrem neuen Album "9000 Nächte" geht. Das gibt es nur als Datensatz zu beziehen, als Download und Stream wäre das heutzutage ja noch normal, aber zugeschnitten ist das Werk auf eine neue Verabreichungsform: als App.

Der Fan der vor 25 Jahren gegründeten Band (was in etwa 9000 Nächten entspricht) lädt also das Werk erst einmal im App-Store herunter. Das kostet nichts, und es gibt schon einmal die ersten drei Songs gratis. Nun ist die Frage, ob einem dieser Weg sympathisch ist, zumal alles nur auf Apple läuft und weil schon mal auf "In-App-Käufe" hingewiesen wird. Nun, für alle 17 Songs zusammen müsste man moderate 9,99 Euro bezahlen; und obwohl das Album ein Best-of mit wichtigen Werken aus den vergangenen 25 Jahren ist, kann einem dieses Experiment das durchaus wert sein.

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Die Pop-Neuerin Lady Gaga hat zwar schon vor zehn Jahren zu ihrem dritten Album eine App "Art-Pop" erfunden. Aber "9000 Nächte" ist nicht einfach so eine Begleit-App, obwohl man ein paar Videoschnipsel bekommt und zu jedem Song die englischen, deutschen, französischen oder gemixten Texte abrufen kann sowie weitere Informationen. Wobei, dass "Mad Bad Cat" im Soundtrack zu Andreas Dresens Film "Halbe Treppe" 2001 vorkam, in dem sie auch mitspielten, wie später auch im Theaterstück "Kasimir und Karoline" und im Film "Whisky und Wodka" des Indie-Star-Regisseurs, und dass ihnen das letztlich weite Bekanntheit bescherte, das weiß nicht nur der Fan längst.

Ein Novum allerdings ist, dass man die gerade abspielenden Klassiker-Update-Versionen etwa von "Singapore", "El Dorado" oder "Blumen im Gras" durch Bewegen einer Krishna-Smiley-Sonne beschleunigen und verlangsamen und sogar ganz verwandeln kann - in atmoshärischen Film-Sound von Klaus Wagner oder in einen Beat-lastigeren Electro-Remix von DJ Agaric. Das passt zu früheren Experimenten wie ihrem Electro-Projekt "Sexy Ambient Hippies" oder ihrem Remix-Pingpong mit anderen Künstlern unter dem Titel "Metamorphosis".

Vielseitig, überraschend und kreativ waren die 17 Hippies eben immer: mit ihren Notenbüchern und Playalongs zum Mitspielen, Kinderalben und Theaterprojekten. Gut, dass sie von Anfang an - seit ihren öffentlichen Proben auf einem Berliner Schiff und einem Konzert-Marathon zu 19 Spielorten in 24 Stunden - immer wieder zeigen, wo ihre größte Stärke liegt: ihrem wilden Ritt durch durch Balkan-, Arab-, Gypsy-, Country-, Chanson-, Jazz-, Pop- und Rock-Sounds auf der Bühne, ob mit oder ohne Strom.

17 Hippies, Sa., 25. Feb., 20 Uhr, München, Werksviertel, Technikum

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