Umweltpolitik:Ach, der Grenzwert

Weil die Luft in deutschen Städten besser geworden ist, hat das Urteil des Europäischen Gerichtshofs wenig Folgen. Was bleibt, ist die Peinlichkeit - dass es überhaupt so weit kommen musste.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Schlechte Luft in den Städten, das war einmal: Die Bundesregierung könnte das Urteil aus Luxemburg jetzt schnell abhaken. Der Europäische Gerichtshof hat schließlich über einen Zeitraum geurteilt, der lange zurückliegt, und in den meisten Städten sind die Stickoxid-Konzentrationen längst unter dem europäischen Grenzwert. Bliebe da nicht die Peinlichkeit, dass es überhaupt zu einem Urteil kommen musste.

Grenzwerte sind die abstrakte Seite der Umweltpolitik. Ganz konkret geht es immer um Schadstoffe, die mal Mensch, mal Natur gefährden. Beim Stickoxid betraf das die Schwächsten zuerst: Menschen, die mit einer Wohnung an der Einfallstraße vorliebnehmen müssen. Oder Vorerkrankte, die ohnehin schon Probleme mit Atemwegen und Kreislauf haben. Für sie war die Belastung durch Dieselabgase ein ganz reales Problem. Für Teile der deutschen Politik dagegen lag die Last offensichtlich eher im Grenzwert.

Das Urteil aus Luxemburg, so wenig Folgen es haben wird, steht deshalb für mehr: Grenzwerte sind nicht einfach irgendeine lästige Pflicht neben vielen anderen Pflichten. Sie sind ein Werkzeug für ein, ganz einfach gesagt, besseres Leben. Ein Staat, der das Wohl seiner Bürger ernst nimmt, dürfte eigentlich nie vor dem Europäischen Gerichtshof landen. Geschweige denn, dort verurteilt werden.

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