Neu in Kino & Streaming:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

Lesezeit: 4 Min.

Jane Curtin, Harriet Harris, Ben Kingsley (von links) und der außerirdische Besucher in einer Szene von "A Great Place To Call Home". (Foto: Linda Kallerus/dpa)

In Ben Kingsleys Wohnzimmer sitzt ein Alien, und der kleine Orion trifft das Dunkel: Die Starts der Woche in Kürze.

Von Philipp Bovermann, Stefan Fischer, Nicolas Freund, Fritz Göttler, Josef Grübl, Kathleen Hildebrand, Martina Knoben, Doris Kuhn, Philipp Stadelmaier und Susan Vahabzadeh

A Great Place to Call Home

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Kathleen Hildebrand: Ein hellblaues Alien mit Augen wie extraterrestrische Bergseen landet im Garten des Rentners Milton, herrlich sparsam gespielt von Ben Kingsley, und spendet drei alten Menschen mit seinem ausdrucksstarken Schweigen Trost. Die Moral von Marc Turtletaubs sanfter Komödie ist offensichtlich: Man sollte öfter bei Oma und Opa anrufen. Ein bisschen berührt ist man am Ende trotzdem, was vor allem am enigmatisch-kindlichen Charme von Jade Quons Alien liegt.

Argylle

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Fritz Göttler: Ein irrwitziger Agenten-Hokuspokus, in dem der "Kingsman"-Meister Matthew Vaughn das Matrjoschka-Prinzip, ein Motor des Genres, so weit treibt wie keiner vor ihm: dass die Wirklichkeit sich als Schein entpuppt, hinter dem eine andere Wirklichkeit steckt, und noch eine, und noch eine ... Bryce Dallas Howard als Elly Conway, die Autorin der Romanbestseller um den Superagenten Argylle, wird auf einer Lesereise plötzlich damit konfrontiert, dass ihre fantasievollen Erfindungen näher an der weltpolitischen Wirklichkeit sein könnten als gedacht. Zwei Agenten bestimmen nun ihr Leben, Henry Cavill als Argylle und der zottelige Sam Rockwell, außerdem sind da noch ihr treuer Begleiter, der Kater Alfie, und ihre Eltern.

Eine Million Minuten

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Josef Grübl: Übermüdete Eltern gibt es viele, überforderte Kinder auch. Der Berliner Produzent Christopher Doll macht in seinem Regiedebüt eine Befreiungsgeschichte daraus: Ein Mann und eine Frau gehen mit ihren Kleinkindern auf eine zweijährige Reise, um möglichst viel Zeit miteinander zu verbringen. Was in der Theorie toll klingt, klappt in der Praxis eher mittelgut: Den Stress nehmen sie von zu Hause mit, den Beziehungsfrust auch. Leider ruckelt der mit Karoline Herfurth und Tom Schilling prominent besetzte Film ähnlich wie das Wlan im Home-Office unter Palmen, die Geschichte versandet zusehends.

Green Border

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Susan Vahabzadeh: Eine syrische Familie und eine afghanische Intellektuelle schaffen es von Belarus aus nach Polen, in die gelobte EU. Sie werden von polnischen Grenzern wieder zurückgeschafft, Aktivisten helfen ihnen, es entsteht ein grausames Hin und Her, das nicht alle überleben. Manchmal ist Agnieszka Hollands Film über den Umgang mit Flüchtlingen an der grünen Grenze unendlich bitter - aber sie bewahrt sich ihren Glauben an die Menschheit. Irgendwo ist Licht.

Mr. Monk's letzter Fall

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Stefan Fischer: Ein großes Klassentreffen - und wirklich alle kommen. Adrian Monk, seine Stieftochter Molly, seine (ehemalige) Assistentin Natalie Teeger, die (Ex-)Polizisten Leland Stottlemeyer und Randy Disher, der Psychotherapeut Neven Bell. Der Haupt-Cast dieses Films ist derselbe wie seinerzeit in der Serie "Monk", angeführt von Tony Shalhoub in der Titelrolle als zwangsgestörter Ermittler. Es soll ein großes Fest werden, Molly möchte heiraten, doch ein Mord verdirbt die gute Laune. Auch die Vorfreude auf das Wiedersehen mit den in der Serie liebgewonnenen Figuren weicht bald einem schalen Gefühl. Ein paar Pointen sitzen, aber der Kriminalfilm von Randy Zisk entpuppt sich doch als recht uninspiriert und wird irgendwann auch sehr schwülstig. (Magenta TV, ab 2. Februar)

Norwegian Dream

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Philipp Stadelmaier: Eine Liebesgeschichte zwischen einem weißen, mittellosen Polen (Hubert Miłkowski) und einem schwarzen, bessergestellten Norweger (Karl Bekele Steinland) in einer norwegischen Fischfabrik, in der sich Homophobie und Ausbeutung überkreuzen. Leiv Igor Devolds hervorragend gespielter, intelligenter, hochbeweglicher Debütfilm bringt verschiedene Formen von Unterdrückung ebenso ins Gleiten wie die glitschigen Lachse am Fließband, ohne zu moralisieren. Es ist die Welt, die komplex ist. Herzen sind einfacher.

Orion und das Dunkel

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Nicolas Freund: Der elf Jahre alte Orion hat erstaunlicherweise kein Problem mit seinem Namen, aber dafür mit so ziemlich allem anderen: Hochhäuser, Bienen, das Meer, die Schule und natürlich Mädchen - einfach alles macht dem armen Jungen Angst. Am allerallerschlimmsten ist für ihn aber die Dunkelheit. Und die fängt eines Tages auch noch an, mit Orion zu sprechen. Regisseur Sean Charmatz hat das Kinderbuch von Emma Yarlett nach einem Skript von Charlie Kaufman verfilmt. Anders als Kaufmans berühmte Werke wie "Being John Malkovich" oder "Adaptation" ist dieser Film bis auf ein, zwei fiese Gags aber sehr brav. Selbst die Dunkelheit entpuppt sich als netter Kumpel, der Orion zeigt: Ist alles gar nicht so schlimm. Ein erbaulicher Kinderfilm, der den etwas sterilen Animationsfilmstil mit witzigem Kindergekritzel aufpeppt, ansonsten aber wenig einfallsreich ist. Auch weiterhin alles Gute, kleiner Orion!

Past Lives (Wiederaufführung)

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Philipp Bovermann: Der schönste Liebesfilm des vergangenen Jahres kommt gleich noch einmal ins Kino. Young Na und Hae Sung kennen sich von früher aus der südkoreanischen Heimat, bevor sie in die USA ausgewandert ist, beide waren damals Kinder. Jetzt taucht er wie ein freundliches Gespenst auf dem Bildschirm wieder auf. Dann, viele Jahre später, stehen sie voreinander in einem Park in New York und haben sich vieles zu sagen, mehr als man in einem Leben sagen kann. Sie ist inzwischen verheiratet, dies hier ist ihr echtes Leben. Aber was heißt das schon? Celine Song löst die Grenzen auf, auch zwischen amerikanischem und koreanischem Kino. Zurück bleiben: Hoffnung, Trauer, Zärtlichkeit, Glück.

Rickerl - Musik is höchstens a Hobby

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Doris Kuhn: Mit ebenso viel Dialekt wie Zuneigung besingt der arbeitslose Rickerl das Leben in Wien, dem er in proletarischen Kaschemmen zusieht. Sein eigenes Leben geht derweil bergab, ihm fehlt die Disziplin, um eine Karriere aus der Musik zu machen. Grob entlang der Biografie des österreichischen Singer/Songwriters Voodoo Jürgens, der auch die Hauptrolle spielt, bastelt Adrian Goiginger am Austropop-Mythos, dem er genau die richtige Menge Verzweiflung und Humor beimischt, dass es einem erst schwer und dann leicht ums Herz wird.

This Kind of Hope

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Martina Knoben: Belarus gilt als "letzte Diktatur Europas", mit aller Härte geht Alexander Lukaschenko gegen Andersdenkende vor. Ein prominenter Kritiker des Regimes ist Andrej Sannikow. Als Spitzendiplomat wirkte er maßgeblich an der atomaren Abrüstung des Landes mit. Unter Lukaschenko war er stellvertretender Außenminister, trat 1996 aber aus Protest zurück. Bei der Präsidentschaftswahl 2020 kandidierte Sannikow für die Opposition, wurde während der Proteste nach der (mutmaßlich gefälschten) Wahl verhaftet und inhaftiert. Jetzt lebt er im Exil, wo er weiter für ein demokratisches Belarus kämpft. Die Doku von Pawel Siczek bleibt dicht bei ihrem Protagonisten, folgt ihm als Führer durch die belarussische Geschichte. Jenseits der Konzentration auf seinen Helden ist der Film leider etwas unfokussiert, das ist schade: Der Terror in Belarus und die Bedrohung, die das Land für den Westen darstellt, hätten jede Aufmerksamkeit verdient.

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:Aus der Hölle

Die Wiener Kaputtheitsbohème feiert sich in den Filmen "Vienna Calling" und "Rickerl" selbst. Ein letztes Aufbäumen? Zeit für ein Treffen mit dem Hohepriester: Voodoo Jürgens.

Von Philipp Bovermann

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