Infektionskrankheiten:So viele Cholera-Ausbrüche wie nie

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Eine Krankenpflegerin untersucht in Nordlibanon eine Frau, die sich möglicherweise mit Cholera-Bakterien infiziert hat. (Foto: Mohamed Azakir/Reuters)

Krisen, Kriege und der Klimawandel begünstigen die Ausbreitung der Durchfallerkrankung. Besonders betroffen sind Syrien und Libanon. Und nun werden die Impfstoffe knapp.

Von Berit Uhlmann

So heftig die Cholera einen Menschen beuteln kann - so leicht ist sie prinzipiell vermeidbar. Längst könnte die Durchfallerkrankung der Vergangenheit angehören, und doch flammt sie derzeit in so vielen Weltregionen gleichzeitig auf wie nie zuvor. "Es gibt aktuell 29 Cholera-Ausbrüche weltweit - die höchste je registrierte Zahl", sagte Ahmed Al Mandhari, Leiter des WHO-Regionalbüros für den Nahen Osten am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Betroffen sind unter anderem Haiti, Nigeria, Somalia und acht Länder des Nahen Ostens. Besonders heftig aber wüten die Infektionen momentan in Syrien und Libanon.

Die kommaförmigen Cholera-Bakterien werden über verschmutztes Trinkwasser oder kontaminierte Nahrung übertragen. Überall dort, wo sauberes Wasser fehlt, kann die Erkrankung auftreten: in sehr armen Ländern, in Regionen, deren Wasserversorgung durch Krisen, Kriege und Katastrophen zusammengebrochen ist, in überfüllten Flüchtlingslagern ohne ausreichende Sanitäranlagen. Und neuerdings auch in Ländern, die stark von der Erderwärmung betroffen sind.

"Der Klimawandel hat zum Wiedererstarken der Cholera beigetragen", sagt Ahmed Al Mandhari: "Wir sehen den Beweis dafür in Ländern, die von Extremwetter-Ereignissen wie Stürmen, Überflutungen und Dürren getroffen wurden." Vor allem die im Nahen Osten immer häufiger werdenden Dürren erschwerten den Zugang zu sauberem Wasser und schafften so eine ideale Umgebung für die Ausbreitung von Vibrio cholerae.

So hat vermutlich auch der Ausbruch in Syrien einen Ursprung in der Wasserknappheit. Die Menschen haben sich in ihrer Not eigene Brunnen gegraben, ohne die nötige Kontrolle der Wasserqualität. Mittlerweile hat man in diesen inoffiziellen Wasserstellen Cholerabakterien nachgewiesen, sagt Iman Shankiti, die für die WHO in Syrien arbeitet. Seit Ende August wurden dort fast 25 000 Verdachtsfälle gemeldet, 81 Menschen starben.

Libanon hat fast 30 Jahre lang keinen Cholera-Ausbruch mehr erlebt

Vermutlich aus Syrien gelangten die Infektionen Anfang Oktober nach Libanon. Die ersten Fälle wurden bei syrischen Flüchtlingen in den Lagern im Norden des Landes registriert. Mittlerweile haben sie auf weitere Teile des Staates übergegriffen.

Es ist der erste Ausbruch seit fast 30 Jahren in dem Land, und er dehnt sich noch immer aus. Etwa 400 Cholerafälle wurden bislang bestätigt, hinzu kommen 1850 Verdachtsfälle. 18 Menschen starben. "Die Situation in Libanon ist fragil, das Land hat bereits Schwierigkeiten, andere Krisen zu bekämpfen - verschärft durch anhaltende politische und wirtschaftliche Probleme", kommentiert die WHO die Lage. Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen seien geschwächt, da Mitarbeiter in andere Länder abgewandert seien und es Probleme bei der Lieferung wichtiger medizinischer Güter gebe. Die Häuser hätten zunehmend Schwierigkeiten, die steigende Zahl von Patienten zu versorgen.

Abhängig vom allgemeinen Gesundheitszustand kann die Cholera asymptomatisch oder mild verlaufen, oder aber so heftige Durchfälle und Erbrechen auslösen, dass Menschen innerhalb von Stunden an Dehydrierung sterben. Die wichtigste Maßnahme ist daher die Verabreichung von Flüssigkeit, in schweren Fällen in Form von Infusionen.

Zur Vorbeugung weiterer Fälle gibt es Impfstoffe. Doch aktuell sind nach WHO-Angaben deren Bestände knapp. In den derzeit betroffenen Regionen wird daher zunächst nur eine von den eigentlich nötigen zwei Dosen verabreicht.

Reisende sind in der Regel nicht gefährdet, da sie sich gewöhnlich in Gebieten mit guter Wasserversorgung aufhalten. Dem Robert-Koch-Institut zufolge wurden in Deutschland seit 2001 nur 28 Cholerafälle registriert. Die Impfung wird daher Reisenden im Allgemeinen nicht empfohlen. Ausnahmen sind etwa Katastrophenhelfer oder Beschäftigte des Gesundheitssektors, die sich länger in Gebieten mit Cholera-Erkrankungen aufhalten werden.

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