Unterfranken:Tragische Rettungsaktion

Lesezeit: 2 min

Ort der Verhandlung: Landgericht in Schweinfurt. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Ein 19-Jähriger stellt sich nachts vor das Auto eines Bekannten, weil er ihn retten will - und stirbt dabei selbst. Nun muss sich der Fahrer wegen Totschlags verantworten.

Von Olaf Przybilla, Schweinfurt

Wegen Totschlags muss sich an diesem Donnerstag ein 24-Jähriger am Landgericht Schweinfurt verantworten. Laut Anklageschrift war er im August 2021 in suizidaler Absicht in sein Auto gestiegen und hatte beim Losfahren einen 19 Jahre alten Bekannten so schwer verletzt, dass dieser ums Leben kam. Der 19-Jährige hatte versucht, den jungen Mann an der von ihm geäußerten Selbsttötungsabsicht zu hindern. Am ersten Verhandlungstag vor zwei Wochen hat sich der 24-Jährige nicht zur Sache geäußert, das tragische Geschehen dem Grundsatz nach aber von seinem Verteidiger einräumen lassen.

Den Ermittlungen zufolge hatte der 24-Jährige mit drei lose befreundeten Bekannten in Bad Brückenau eine Shisha-Bar besucht und dabei Alkohol getrunken. Der später ums Leben gekommene 19-Jährige war bewusst nüchtern geblieben, um nach dem Barbesuch Autofahren zu können. Im Verlauf des Barbesuchs soll der 24-Jährige geäußert haben, er wolle sich das Leben nehmen, weil dieses für ihn "keinen Sinn mehr" mache. Eine junge Frau sollte demnach tags zuvor seinen lange gehegten Wunsch abgelehnt haben, eine feste Beziehung mit dem 24-Jährigen einzugehen.

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Die vier Bekannten brachen kurz nach Mitternacht in die fränkische Marktgemeinde Zeitlofs auf, wo der Wagen des 24-Jährigen geparkt war. Er wiederholte dort die Drohung, er wolle mit seinem Wagen auf die Autobahn fahren und seinem Leben ein Ende setzen. Danach war er in sein Auto gestiegen. Um eine Trunkenheitsfahrt und einen drohenden Suizid zu verhindern, soll sich der 19-Jährige dem anfahrenden Auto in den Weg gestellt, seine Hände auf die Motorhaube gelegt und gesagt haben: "Nee, mach' das nicht."

0,33 Promille

Trotzdem soll der 24-Jährige Gas gegeben haben. Der 19-Jährige geriet auf die Motorhaube und stürzte den Ermittlungen zufolge nach etwa 28 Metern in einer Kurve auf die Fahrbahn. Zweieinhalb Tage später erlag der 19-Jährige seinen schweren Verletzungen. Der 24-Jährige hatte sich zunächst vom Ort des Geschehens entfernt, kehrte aber wenige Minuten später zurück und bekundete, die Folgen seines Handelns nicht beabsichtigt zu haben. Einer Blutprobe zufolge hatte er 0,33 Promille Blutalkoholkonzentration.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 24-Jährigen Totschlag und vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr vor. In einer von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung hat er am ersten Verhandlungstag um Entschuldigung für sein Handeln gebeten. Er habe nicht damit gerechnet, dass dieses solche Folgen haben könnte. An diesem Donnerstag werden die Plädoyers erwartet, womöglich ergeht anschließend bereits ein Urteil.

Anmerkung der Redaktion: Wir berichten in der Regel nicht über Selbsttötungen. Grund dafür ist die hohe Nachahmerquote nach jeder Berichterstattung über Suizide. Da im vorliegenden Fall zugleich ein Tötungsdelikt vorliegt, überwiegt das öffentliche Informationsinteresse. Wenn Sie sich selbst betroffen fühlen von Suizidgedanken, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge ( www.telefonseelsorge.de ). Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die schon in vielen Fällen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen konnten.

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