Premiere in Bayreuth:Eine Fürstin und ihre Hofmusik mit Köpfchen

Lesezeit: 2 min

Astronomie und Anatomie, Sternenhimmel und Gehirn: In Christoph Brechs Videoinstallation für die Oper "L'Huomo" begegnen sich die beiden Mysterien. Die Arbeit entstand mit Unterstützung von Jörg-Christian Tonn und der Firma Brainlab. (Foto: Christoph Brech)

Was macht eine talentierte Preußen-Prinzessin, wenn ihr fad wird in der Provinz? Wilhelmine von Bayreuth schrieb 1754 eine Oper im Sinne der Aufklärung. Jetzt ist "L'Huomo" wieder zu hören im Markgräflichen Opernhaus.

Von Jutta Czeguhn, Bayreuth

Eine "Barockoper mit fürstlicher Ironie" ist am Samstag, 6. Mai, im Markgräflichen Opernhaus von Bayreuth angekündigt. Der "Musica Bayreuth"-Abend verspricht in vielerlei Hinsicht ein ganz bemerkenswerter zu werden: Denn hinter dem Bühnenwerk mit dem Titel "L'Huomo" (Der Mensch) steckt niemand anderes als Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth (1709 - 1758), jene Preußen-Prinzessin, die es aufgrund der Heiratspolitik ihrer Eltern in die fränkische Provinz verschlagen hatte. Nur um dann die kleine Markgrafschaft heftig aufzumischen; mit ihren Plänen für das Neue Schloss, das Opernhaus und den Umbau der Eremitage.

Wilhelmine hatte nicht nur enormen Standesdünkel, sie stand auch Aufklärern wie Voltaire nahe und war darüber hinaus multitalentiert. Kultur war ihr Mittel der Wahl gegen die Bayreuther Langeweile. Sie etablierte am kleinen Hof eine Musik- und Opernkultur, die weithin Beachtung fand. Auch weil die Fürstin musizierte, komponierte, sich selbst Theaterstücke auf den Leib schrieb und obendrein Regie führte.

Dichtete das Opernlibretto: Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, hier in einer Pastell-Darstellung, zugeschrieben Jean-Étienne Liotard (1745). (Foto: Wikipedia)

So ist es auch kein Wunder, dass Wilhelmines eigene französischsprachige Operndichtung "L'Homme" als Textvorlage für "L' Huomo" diente; Andrea Bernasconi schrieb die Musik. Uraufführung war 1754, als Wilhelmines Bruder, Friedrich II., Bayreuth besuchte. Dem damals noch nicht so "Alten Fritz", der eigentlich ohne viel Brimborium in Franken vorbeischauen wollte, dürfte die Tragikomödie trotzdem gefallen haben, konfrontiert seine schlaue Schwester das höfische Publikum hier doch in unterhaltsamer Manier mit Ideen der Aufklärung.

Anlass für die Wiederaufführung der Hofoper sind die Bayreuther Residenztage und die Eröffnung des Opernhausmuseums. Das Projekt ist eine Koproduktion von Musica Bayreuth mit den Musikfestspielen Potsdam Sanssouci und dem Bayerischen Rundfunk, und zugleich ein Forschungsprojekt der Universität Bayreuth. In der Regie des auf historisch informierte Aufführungspraxis spezialisierten Nils Niemann spielt das "Ensemble 1700" unter Dorothee Oberlinger; von Niemann stammt die erste Audioaufnahme der Oper, entstanden bei einer konzertanten Aufführung für die Tage Alter Musik in Herne 2022.

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Dieser Mitschnitt wiederum war wichtig für die Arbeit des Münchner Künstlers Christoph Brech, der für die szenischen Aufführungen von "L'Huomo" im Markgräflichen Opernhaus eine Videoinstallation kreiert hat. Er fügte in den narrativen, barocken Erzählstrang eine weitere Ebene assoziativer Impulse hinzu. Vor allem aus der Bilderwelt von Anatomie und Astronomie - den beiden in der Aufklärung parallel erblühenden Wissenschaften. "Das Gehirn, Sitz unseres Verstandes, verlässt die Höhle des Schädels - emotionales und rationales Element des Gehirns werden erkennbar und ringen mit sich und miteinander", beschreibt das Christoph Brech.

Wer tiefer einsteigen will ins Thema: Die Bayerische Schlösserverwaltung hat einen neuen Bildband zur Geschichte der barocken Theater- und Opernkultur unter Markgräfin Wilhelmine herausgegeben. Das Bildheft mit dem Titel "Barocke Theaterwelten - Markgräfliches Opernhaus Bayreuth: Welterbe & Museum" ist ab sofort für 13,90 Euro in vielen Museumsshops der Bayerischen Schlösserverwaltung und über den Online-Shop erhältlich.

L' Huomo, Premiere, Sa., 6.5., 19.30 Uhr, im Markgräflichen Opernhaus Bayreuth, Karten und Infos unter www.musica-bayreuth.de

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