Solidaritätszuschlag:CSU gegen CSU

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Finanzminister Albert Füracker (rechts) mit seinem Chef Markus Söder. (Foto: Robert Haas)
  • Die CSU wirbt vor der Landtagswahl damit, den Solidaritätszuschlag "schnellstmöglich" komplett abschaffen zu wollen.
  • Finanzminister Füracker hat dafür einen eigenen Plan vorgelegt. "Sprudelnde Steuereinnahmen" würden den Staat verpflichten, die Bürger "endlich bei der Steuer zu entlasten".
  • Der enge Vertraute von Ministerpräsident Söder hat damit seine Parteifreunde im Bundestag verärgert - und in eine unangenehme Lage gebracht.

Von Robert Roßmann, Berlin

Politik hat oft auch etwas Theaterhaftes, und daran ist gar nichts auszusetzen. Wer lediglich sein Parteiprogramm verteilen würde, käme nicht weit - die Botschaften müssen ja auch ankommen. Aber manchmal übertreiben es die Parteien mit ihren Inszenierungen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Art, wie sich die CSU den Unmut vieler Bürger über den Solidaritätszuschlag zu Nutze machen will. In ihrem eifrigen Bestreben, vor der bayerischen Landtagswahl als größter Gegner des ungeliebten Zuschlages wahrgenommen zu werden, hat die CSU sich jetzt selbst in die Bredouille gebracht.

Die CSU wirbt im Wahlkampf mit dem Satz für sich: "Es ist höchste Zeit, den Soli komplett, schnellstmöglich und für alle abzuschaffen." In ihrem noch immer ziemlich frischen Koalitionsvertrag hatten CSU, CDU und SPD lediglich vereinbart, 2021 mit einem Abbau zu beginnen. Ein Zeitpunkt, zu dem der Zuschlag vollständig entfällt, wird in dem Vertrag nicht genannt. Aber das ficht die CSU nicht an.

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Bayerns Finanzminister Albert Füracker - der engste Vertraute von Ministerpräsident Markus Söder - hat sogar einen eigenen Plan zum vollständigen Abbau des Solidaritätszuschlages vorgelegt. Mit großem Aplomb verkündete er, "sprudelnde Steuereinnahmen" würden den Staat verpflichten, die Bürger "endlich bei der Steuer zu entlasten". Die "Zeit zum Handeln" sei jetzt da. Die Bundesländer sind zwar gar nicht für den Zuschlag zuständig, der ist Sache des Bundes - aber auf derlei achtet halt nicht jeder, der im Wahlkampf glänzen möchte.

Die Christsozialen im Bundestag halten Fürackers Vorstoß für "nicht realistisch"

Die FDP, in ihrer Geschichte auch nicht immer um Inszenierungen verlegen, will das der CSU aber nicht durchgehen lassen. Die Liberalen haben einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, mit dem - wie von der CSU verlangt - der Soli schnell und vollständig abgeschafft werden soll. Über den Entwurf abgestimmt werden soll in der Woche vor der Landtagswahl.

Das Verhalten der CSU beim Solidaritätszuschlag sei "allzu durchsichtig", sagt der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Florian Toncar, der SZ. Das "Manöver" der CSU habe "einzig mit der bayerischen Landtagswahl zu tun". Man werde über den Gesetzentwurf deshalb namentlich abstimmen lassen, dann werde "sich zeigen, wo die CSU wirklich steht".

Das Vorgehen der FDP hat allerdings auch etwas Theaterhaftes. In Koalitionen gilt die Vereinbarung, nur gemeinsam abzustimmen. Die CSU-Bundestagsabgeordneten werden also nicht für den FDP-Entwurf votieren. Helfen wird den Christsozialen der Verweis auf die Usancen des politischen Betriebs aber nicht. Sie dürften in den letzten Wahlkampftagen nicht nur von FDP-Politikern ständig vorgehalten bekommen, dass sie im Bundestag nicht so abstimmen, wie sie im Wahlkampf reden. Das wird unangenehm genug. Noch schlimmer für die CSU ist allerdings, dass die FDP damit auch ein Schlaglicht auf einen Konflikt in der CSU wirft, der bisher weitgehend im Dunkeln geblieben ist.

Denn der Vorstoß Fürackers hat auch die CSU-Bundestagsabgeordneten verärgert. Füracker will, dass für 90 Prozent der Lohn- und Einkommensteuerzahler der Soli bereits zum 1. Januar 2019 entfällt - zum 1. Januar 2021 soll der Zuschlag komplett abgeschafft werden. Seinen "Soli-Abbau-Plan" präsentierte Füracker ausgerechnet an dem Tag, an dem die CSU-Bundestagsabgeordneten zu ihrer Sommerklausur in Neuhardenberg zusammenkamen, um dort selbst einen viel weniger weitgehenden Beschluss zum Soli zu fassen. Alexander Dobrindt, der Chef der CSU im Bundestag, soll auf der Autofahrt nach Neuhardenberg durch Medienberichte von Fürackers unabgestimmten Vorstoß erfahren haben.

Entsprechend groß war der Unmut bei den CSU-Abgeordneten. Sie halten eine Entlastung bereits zum 1. Januar 2019 für nicht machbar - denn es geht um viele Milliarden und der Etat für 2019 ist bereits in den Beratungen. Dobrindts parlamentarischer Geschäftsführer Stefan Müller sagte deshalb: "Der Füracker-Vorschlag ist nicht realistisch."

Übersetzt heißt das: Die CSU-Abgeordneten halten den Vorstoß des Söder-Vertrauten Füracker offen für Unsinn. Davon hat bisher allerdings kaum jemand etwas mitbekommen. Horst Seehofer hatte mit seiner Äußerung in Neuhardenberg, die Migration sei die Mutter aller Probleme, die Berichterstattung über die Klausur dominiert. Spätestens in der Bundestagsdebatte über den FDP-Gesetzentwurf werden die anderen Fraktionen der CSU ihr Glaubwürdigkeitsproblem aber öffentlichkeitswirksam vorhalten.

© SZ vom 21.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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