Eine 27-jährige Frau, die an einem kühlen Morgen im März ihr wenige Stunden altes Neugeborenes auf dem Hinterhof eines Rosenheimer Hotels ausgesetzt hat, muss deswegen für drei Jahre und fünf Monate in Haft. So lautet das Urteil, das die 7. Strafkammer des Landgerichts Traunstein am Montagnachmittag gesprochen hat. Der Staatsanwalt hatte fünf Jahre und drei Monate Gefängnis verlangt, während der Pflichtverteidiger maximal zwei Jahre auf Bewährung gefordert hatte. Er hat noch im Gerichtssaal angekündigt, gegen das Urteil Revision einzulegen.
Das Mädchen, das die Angeklagte in der Nacht davor ganz allein in ihrer kalten und völlig vermüllten Wohnung zur Welt gebracht hatte, war an jenem windigen Frühjahrsmorgen von einer Frau gefunden worden, die gerade das Hotel verlassen hatte und ihr Gepäck ins Auto bringen wollte. Sie hatte aus einer dunklen Stofftasche einen Laut gehört und darin das Neugeborene entdeckt, eingehüllt in ein weißes Taufkleid und einen hellen Schal. Wäre das Kind nur eine kleine Weile länger in der Tasche auf dem kalten Steinboden gelegen, so hätte es das nach Überzeugung eines Gutachters und auch des Staatsanwalts und der Richter wohl nicht überlebt.
Inzwischen lebt das Kind bei seinem Vater, dem damaligen Lebensgefährten der Angeklagten. Ihm und auch allen anderen Menschen hatte die Angeklagte ihre Schwangerschaft verschwiegen. Auch den Namen des Vaters hatte sie der Polizei lange nicht preisgeben wollen.
Die Beamten waren der Frau, die als Kind selbst unter außerordentlich schwierigen Bedingungen aufgewachsen war, einige Tage nach der Tat unter anderem durch Videoaufzeichnungen von Überwachungskameras auf die Spur gekommen. Per Erklärung ihres Verteidigers hat sie die Tat vor Gericht gestanden. Der Fall hatte die Menschen in der Region entsetzt - auch weil drei Monate zuvor auf einem Parkplatz bei Ruhpolding im Landkreis Traunstein ein offenbar vorher gewaltsam ums Leben gekommener Säugling gefunden worden war. In dem Fall blieben die Ermittlungen der Polizei bisher ergebnislos.
Als Reaktion auf beide Fälle gibt es an der Klinik in Traunstein inzwischen eine Babyklappe, in Rosenheim soll bald eine in Betrieb gehen. Nach einer solchen Babyklappe hatte die Angeklagte vergebens im Internet gesucht.