Nürnberg:Neue Hoffnung für die Radrennbahn Reichelsdorf

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Die historische Radrennbahn in Nürnberg am Reichelsdorfer Keller, erster trauriger Sieger des Abriss-Wettbewerbs. (Foto: Archiv Manfred Marr)

Eigentlich sollte die traditionsreiche Bahn im Schnellverfahren abgerissen werden, um neuen Wohnraum zu schaffen. Ein Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichtes könnte diese Pläne jetzt verzögern.

Von Max Weinhold, Nürnberg

Für Klaus-Peter Murawski ist die Sache klar: "Man kann da jetzt nicht einfach weitermachen", sagt der Nürnberger Vorsitzende des Bundes Naturschutz (BN). Was Murawski meint: Das beschleunigte Verfahren für den Bebauungsplan auf dem Gebiet der traditionsreichen Radrennbahn in Nürnberg-Reichelsdorf muss gestoppt werden. 2016 erwarb ein Investor die 1904 eröffnete Bahn. Sie soll abgerissen werden und ebenso wie rund 200 alte Bäume neuen Wohnungen weichen. Dies entschied der Nürnberger Stadtrat Ende vergangenen Jahres.

Murawski und der BN wollen dies verhindern. Und sehen sich von einem Richterspruch bestärkt. Im Juli urteilte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in einem Fall aus Baden-Württemberg, dass bei Freiflächen außerhalb des Siedlungsbereichs einer Gemeinde kein beschleunigtes Verfahren ohne Umweltprüfung stattfinden darf. Der entsprechende Paragraf 13b des Baugesetzbuches (BauGB), der die Außenentwicklung von Städten und Gemeinden reglementiert, verstoße gegen EU-Recht.

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Und hier wird der Fall Reichelsdorf zur Auslegungssache. Denn Nürnbergs Baureferent Daniel Ulrich (parteilos) argumentiert: Die Stadt wende diesen Paragrafen ja gar nicht an. Sondern Paragraf 13a BauGB. Dieser Paragraf schafft den rechtlichen Rahmen für Bebauungspläne in der Innenentwicklung von Städten und Gemeinden. "Daher würden auch die europarechtlichen Verwerfungsgründe des Gerichts für alle Fälle in Nürnberg ins Leere laufen", teilt Ulrich auf Anfrage schriftlich mit - weil das Gericht ja über die Außenentwicklung urteilte.

Nur, führen Murawski und der BN an: Die Stadt selbst lege in den Verfahrensunterlagen dar, dass es sich bei der ehemaligen Radrennbahn um Außenbereich handelt. Der frühere Nürnberger Bürgermeister verweist dabei auf einen Passus, in dem es heißt: "Das Gebiet befindet sich nicht im Geltungsbereich der Baumschutzverordnung." Dazu muss man wissen: Besagte städtische Baumschutzverordnung regelt den Schutz des Baumbestandes innerhalb der bebauten Gebiete. Und wenn die Verordnung keine Anwendung finde, folgert der BN, dann müsse die Rennbahn zwangsläufig im Außenbereich liegen. Und, wie Leipzig urteilte, eine gesetzliche Umweltprüfung stattfinden - auf die die Stadt zwecks Verfahrensbeschleunigung verzichten wollte.

Zwar weist Baureferent Ulrich darauf hin, dass es "selbstverständlich" einen Umweltbericht und eine zweistufige Artenschutzprüfung durch Gutachter gebe. Nürnberg lege großen Wert auf umweltfachliche Belange. Auf die zeit- und kostenaufwendigere gesetzliche Prüfung, wie sie der aus Sicht des BN zutreffende Paragraf vorsieht, verzichtet die Stadt aber.

Der BN hat seine Argumentation auch Oberbürgermeister Marcus König (CSU) vorgetragen und will zunächst dessen Rückmeldung abwarten. Murawski kündigt aber schon jetzt an: Sollte das Verfahren nicht eingestellt - und wenn überhaupt inklusive Umweltprüfung neu aufgelegt - werden, werde man Rechtsaufsichtsbeschwerde bei der Regierung von Mittelfranken einreichen.

Der BN hält die Umweltprüfung deswegen für unabdingbar, weil er in dem bereits vorliegenden Umweltbericht "groteske Widersprüche" und "schwere fachliche Fehler" erkennt. Die sogenannte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung erfasse viele Tierarten nicht. Auch der Plan, die gefällten alten Bäume durch dieselbe Zahl junger Bäume zu ersetzen, kritisiert der BN. Diese könnten nicht dieselbe Menge Kohlendioxid binden.

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