Mitten in Bayern:Scholz und der arme Süden

Lesezeit: 1 min

Wiesen-erprobt: Kanzler Olaf Scholz auf Dienstreise beim G7-Gipfel in Garmisch. (Foto: Kerstin Joensson/AFP)

Bundeskanzler Olaf Scholz urlaubt diesen Sommer im Allgäu, schließlich kommt er ein kleines bisschen von dort, irgendwie. Eine perfide Antwort auf Söders Vorwürfe, der Ampel-Norden benachteilige den Süden?

Glosse von Florian Fuchs

Die Bild hat es wieder zuerst gewusst. "Wir machen zwei Wochen Urlaub im Allgäu", flüsterte Kanzlergattin Britta Ernst dem Blatt. Das bedeute, weiß die sehr norddeutsche Bild, nicht nur "Berge, Brezn und Berghütten". Nein, es ist quasi eine Sensation: "Nach 40 Jahren hat Deutschland wieder einen Kanzler, der die großen Ferien in der deutschen Heimat verbringt!"

Die aufmerksamen Beobachter der bundesrepublikanischen Politik erinnern sich, dass die Vorgänger im Amt treulos um die Welt jetteten: Merkel nach Südtirol, Schröder nach Italien, Kohl an den Wolfgangsee. Olaf Scholz bleibt nun im Land, auch wenn - das hat der G-7-Gipfel gerade wieder gezeigt - Berge, Brezn und Berghütten aus norddeutscher Sicht genauso wenig heimattauglich sind wie Trachtenjanker.

G-7-Gipfel
:Söder lässt Scholz weg

Bis auf einen heißt der bayerische Ministerpräsident alle Staatschefs willkommen, die zum G-7-Gipfel anreisen. Dafür erntet er prompt Kritik. Aber die CSU hat eine Erklärung parat.

Von Peter Fahrenholz

Für Ministerpräsident Markus Söder sind solche Diffamierungen natürlich ein Geschenk. Der PR-Stratege in ihm wird seit geraumer Zeit nicht müde, vom "Ampel-Norden" und der systematischen rot-grün-gelben Benachteiligung des "freien Südens" zu sprechen.

Da kommt es Scholz zupass, dass er quasi aus dem Allgäu stammt, so ein bisschen. Sein Vater hat zehn Jahre in Immenstadt gearbeitet, als Vertriebsdirektor einer Strumpfhosenfabrik - auch wenn der Sohn da schon erwachsen war. Der deutlich kleinere PR-Stratege in Scholz schlägt deshalb nun perfide zurück.

Der erste Kanzler, der in der Heimat Urlaub macht

Die Botschaft an Bayern ist klar: Wer nach 40 Jahren als erster Kanzler Heimaturlaub im Vaterland plant, und dafür ausgerechnet das Allgäu wählt, dem kann das Schicksal der Freistaat-Bewohner nicht komplett egal sein. Zumal der eigentlich doch sehr hanseatische Scholz bereits vergangenes Jahr als Vizekanzler im Allgäu entspannen wollte. Damals kam die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz dazwischen.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Im Allgäu rätseln sie nun, wohin es den Kanzler genau verschlägt. Nach Oberstaufen, wo im Winter bereits Außenministerin Annalena Baerbock den Freistaat erkundete? Oder doch wieder in Nesselwang, wie vergangenes Jahr.

Die Recherchen, wissen lokale Medien, sind steinig: Das Bundespresseamt antwortet nicht, die Marktgemeinde weiß von nichts. Die Polizeiinspektion in Füssen gibt keine Antwort. Die Bild zumindest schlägt einen Ausflug nach Neuschwanstein vor, das lohnt sich immer. Ein Hochglanzfoto vor Bayerns Top-Touristenadresse aber ist Scholz' Sache eher nicht. Das ist dann doch Söders Stil.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusKritik am Empfang zum G-7-Gipfel
:"So stellt man sich Deutschland bei den Simpsons vor"

Nach dem von Trachtlern und Gebirgsschützen gesäumten Empfang der Gäste des G-7-Gipfels hagelte es Kritik an der zur Schau gestellten Bayernfolklore. Die ist aber tief verwurzelt, und so mancher, der sie beseitigen wollte, hat sich daran schon die Zähne ausgebissen.

Von Hans Kratzer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: