Nürnberg:Historische Radrennbahn: Erste Kiefern sind gefallen

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Die Rennen auf der historischen Radrennbahn am Reichelsdorfer Keller in Nürnberg sind längst Geschichte. (Foto: Archiv Manfred Marr)

Zum "Abriss des Jahres" ist das Areal in Nürnberg-Reichelsdorf bereits gekürt worden. Nun entbrennt der Streit auch um erste Baumfällarbeiten.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Die Stadt Nürnberg hat die Genehmigung für die geplante Bebauung an der ehemaligen Radrennbahn im Stadtteil Reichelsdorf erteilt. Die Stadt mache damit den Weg frei für eine "zukunftsorientierte Quartiersentwicklung", teilt der Projektentwickler immosens GmbH mit. Am Donnerstagvormittag sei mit dem Fällen erster Bäume auf dem Areal begonnen worden, bestätigte Dorith Müller vom Bürger- und Geschichtsverein Reichelsdorfer Keller, "die ersten Kiefern sind leider gefallen".

Im Amtsblatt sei eine Baugenehmigung freilich nicht veröffentlicht worden, Anwohner seien über den Schritt nicht informiert gewesen, kritisierte Müller. Der zu der Zeit bereits bevorstehende Teilabbruch der historischen Rennbahn war vom Landesverein für Heimatpflege zum "Abriss des Jahres 2022" gekürt worden.

Nürnbergs Baureferent Daniel Ulrich bestätigt die erteilte Baugenehmigung. Auch sei diese im Amtsblatt tatsächlich bislang nicht veröffentlicht worden. Dort erscheine dergleichen stets "nach der formellen Zustellung an den jeweiligen Träger der Maßnahme". Das Prozedere sei folglich üblich, die Kritik insofern schwer nachvollziehbar.

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Rechtlich steht der bevorstehende Teilabriss unter verschiedenen Aspekten im Fokus. Denkmalrechtlich sind Gegner des Teilabrisses, hier das "Denkmalnetz Bayern", bereits gegen das Vorhaben der Stadt vorgegangen. Einem ersten Eilantrag auf Aufschub der Abrissarbeiten an der Bahn hatte das Verwaltungsgericht Ansbach stattgegeben, die Stadt hat die Abrissarbeiten daraufhin vorläufig eingestellt. Demnächst wird eine gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache erwartet.

Dass Gegner des Teilabrisses auch naturschutzrechtlich gegen die Stadt vorgehen, ist erwartet worden. Am Donnerstag bestätigte das Verwaltungsgericht Ansbach den Eingang eines entsprechenden Eilantrags. Die nun gestarteten Baumfällarbeiten müssten - sollte der Antrag erfolgreich sein - gegebenenfalls zumindest vorläufig wieder gestoppt werden. Sobald die eigentliche Baugenehmigung im Amtsblatt veröffentlicht ist, könnte auch gegen diese geklagt werden. Am Ende wäre noch eine Normenkontrollklage denkbar.

Nach Angaben der immosens GmbH seien vor Beginn der Fällarbeiten "alle natur- und artenschutzfachlichen Anforderungen an das Vorhaben eingehalten" worden. Man plane ein Quartier für etwa 250 Wohnungen. "Singles, Familien und Senioren" sollen demnach ein "lebenswertes und grünes Zuhause" finden. Zusätzlich entstehe eine Kindertagesstätte mit 99 Betreuungsplätzen. Auch das "Erbe der Radrennbahn" werde "über architektonisch ansprechend gestaltete Erinnerungsorte gewürdigt".

Denkmalschützern zufolge war die Bahn lange "die älteste in Deutschland und ganz Europa noch erhaltene 400m-Beton-Rennbahn" mit einer Kurvenhöhe von sechs Metern. Bereits 1905 fanden darauf erste Steherrennen statt. Sie gehörte zu den beliebtesten Pisten Deutschlands, bis zu 15 000 Zuschauer besuchten die Rennen. Das letzte fand 2017 statt. Der Bahn wird eine hohe industrie- und sporthistorische Bedeutung für die frühere Fahrradhochburg Nürnberg zugemessen.

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