Naturschutz:Neuer Anlauf für einen Nationalpark im Steigerwald

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Bislang blockierten CSU und Freie Wähler das Vorhaben, doch der Wind scheint sich zu drehen: Sieben Umweltorganisationen starten nun eine groß angelegte Kampagne für ein Buchen-Schutzgebiet.

Von Christian Sebald, München

Der Steigerwald besteht wie hier bei Ebrach zu zwei Dritteln aus Buchen. (Foto: Sebastian Beck)

Uralte Buchen, die wie die mächtigen Säulen einer Kathedrale 40 Meter hoch in den Himmel ragen, stille Wiesentäler, durch die naturbelassene Bäche mäandern, und Schluchtwälder, deren Abhänge so steil abfallen, dass sich dort die Forstwirtschaft nicht lohnt. Dazu seltene Arten, wie den Schwarzspecht, die Wildkatze und die Bechsteinfledermaus. Das ist der Steigerwald, ein stilles Waldgebiet mit sanften Höhenzügen im Drei-Franken-Eck an der Strecke zwischen Nürnberg und Würzburg. Seit ziemlich genau 15 Jahren fordern Naturschützer und Waldexperten, dass in der Region Bayerns dritter Nationalpark eingerichtet wird. Bisher sind sie stets am Veto von CSU und FW gescheitert. Nun starten sieben Verbände und Initiativen eine neue Kampagne. Ihr Motto lautet: "Nationalpark Steigerwald - Bayerns Krone der Buchenwälder".

Natürlich gehören dem Zusammenschluss die beiden namhaftesten bayerischen Umweltverbände, der Bund Naturschutz (BN) und der Landesbund für Vogelschutz (LBV), an. Sie setzen sich seit Beginn der Debatte im Jahr 2007 für einen Nationalpark im Steigerwald ein. Aber auch lokale Organisationen wie der Verein Nationalpark Steigerwald sind dabei. Dazu Greenpeace und die Naturfreunde Deutschlands sowie die kleine, sehr agile Gregor-Louisoder-Umweltstiftung aus München. Und die renommierte, international tätige Zoologische Gesellschaft in Frankfurt (ZGF). Sie ist einst durch den langjährigen Direktor des Frankfurter Zoos und Tierfilmer Bernhard Grzimek bekannt geworden. "Ein Nationalpark im Steigerwald wäre ein starkes Signal an die Weltgemeinschaft und ein Gewinn für die Region, Bayern und Deutschland und für die Natur", sagt der ZGF-Geschäftsführer Christof Schenk.

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CSU und Freie Wähler blockieren

Tatsächlich zählen Experten den nördlichen Steigerwald mit seinen Biotopen und Naturschutzgebieten zu den wertvollsten Buchenwäldern Deutschlands. Ein Beispiel ist das Naturwaldreservat Waldhaus nahe dem alten Klosterort Ebrach. Fachleute nennen das knapp 100 Hektar große Gebiet in einem Atemzug mit den berühmten Buchenurwäldern in der Ukraine und der Slowakei, in Slowenien und in den rumänischen Karpaten. Sie alle gehören zum Weltnaturerbe der Unesco, der Kulturorganisation der Vereinten Nationen. Nach Überzeugung des Forstmanns Georg Sperber und des CSU-Lokalpolitikers Günther Denzler hätte denn auch ein Nationalpark Steigerwald alle Chancen, Teil des Weltnaturerbes zu werden. Sperber, der inzwischen 89 Jahre alt ist, und Denzler waren lange Zeit die beiden Motoren der örtlichen Nationalpark-Debatte.

CSU und Freie Wähler blockieren die Ausweisung des Schutzgebiets. Der wohl schärfste Nationalpark-Gegner ist der frühere Innenstaatssekretär und CSU-Vorsitzende in Unterfranken, Gerhard Eck. Der 62 Jahre alte Politiker aus Donnersdorf im Landkreis Schweinfurt ist seit vielen Jahren Vorsitzender des Anti-Nationalpark-Vereins "Unser Steigerwald". Eck und seine Anhänger beharren darauf, dass im Steigerwald alles bleibt, wie es ist. Denn aus ihrer Sicht würde ein Nationalpark der lokalen Bevölkerung nur Nachteile und Einschränkungen bringen.

Die Parolen der Nationalpark-Gegner lauten: Die Forstwirtschaft und die Bauern zum Beispiel dürften dann kein Holz mehr machen, den Sägewerken ginge der heimische Rohstoff aus, und Schwammerlsucher und Spaziergänger könnten dann nicht mehr frei in den Wäldern herumstreifen. Auch die Bayerischen Staatsforsten und ihr örtlicher Forstbetrieb, der einen großen Teil des Steigerwalds bewirtschaftet, lehnen einen Nationalpark entschieden ab. Es ist aber vor allem der lautstarke Widerstand von Eck und seinem Anti-Nationalpark-Verein, warum das Schutzgebiet bei CSU und FW bisher ohne jede Chance war.

Stimmung in der Region dreht sich

Die neue Initiative setzt nun darauf, dass sich das ändert. Nach ihrer Einschätzung hat sich die Stimmung in der Region gedreht. Der lokale Verein Nationalpark Steigerwald, der mit seinem Vorsitzenden Liebhard Löffler schier unermüdlich für das Schutzgebiet eintritt, habe deutlich an Gewicht gewonnen, sagt der LBV-Vorsitzende Norbert Schäffer. In Umfragen sei selbst in der unmittelbaren Nachbarschaft des geforderten Schutzgebiets die Zustimmung dazu groß. Und was die Bevölkerung bayernweit anbelangt, habe das überragende Ergebnis des "Volksbegehrens Artenvielfalt - Rettet die Bienen" 2019 klar gemacht, welch hohen Stellenwert der Naturschutz für sie habe.

Der BN-Chef Richard Mergner erinnert daran, dass sich sogar Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in den Anfangsjahren der Debatte als damaliger Umweltminister offen für einen Nationalpark Steigerwald gezeigt habe. Erst als der massive Widerstand kam, seien Söder und die Staatsregierung umgeschwenkt. "Die Buchenwälder im Steigerwald sind aber so einzigartig, dass sie unbedingt erhalten werden müssen", sagt Mergner. "Der Nationalpark ist überfällig."

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